Deutsche Wirtschaft:Konjunkturerholung nur ein Strohfeuer

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Die Überhitzung der Weltkonjunktur, so der DIHK, bedrohe den deutschen Exportboom. Damit könnte dem Aufschwung in Deutschland die Puste ausgehen, bevor er richtig in Fahrt kommt.

"Noch vor Jahresende könnte die wirtschaftliche Erholung in Deutschland schon wieder an Tempo verlieren", sagte Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), bei der Vorstellung der Frühsommer-umfrage des Verbandes unter 22.000 Firmen.

Dennoch hielt der DIHK an seiner Prognose fest, wonach die deutsche Wirtschaft 2004 um zwei Prozent wachsen wird.

Allein die Exportwirtschaft habe bisher von der boomenden Weltkonjunktur profitiert, während die Inlandsnachfrage "in Lethargie" verharre, erklärten Wansleben und DIHK-Chefvolkswirt Axel Nitschke.

Mehr Pessimismus unter den Befragten

Mit den hohen Rohstoffpreisen und ersten Inflationszeichen zögen nun wieder "Wolken am konjunkturellen Horizont" auf: "Die deutschen Unternehmen befürchten, dass sich die überhitzte Weltwirtschaft angesichts der drastisch gestiegenen Rohstoffpreise abkühlen wird."

Dies werde voraussichtlich passieren, noch bevor die Binnenachfrage in Deutschland Tritt fassen und einen Aufschwung aus eigener Kraft anstoßen könne.

Entsprechend zeigten sich die Unternehmen in der Umfrage der Kammern deutlich pessimistischer als noch vor wenigen Monaten: Nur 28 Prozent der Befragten erwarteten für die kommenden Monate noch eine Verbesserung ihrer Geschäfte; im Februar hatten dies noch 32 Prozent angegeben.

Mit einer Verschlechterung ihrer Geschäfte hatten im Februar demnach nur 22 Prozent gerechnet, nun stieg der Anteil der Pessimisten auf 26 Prozent. Der Anteil jener Unternehmen, die von einer unveränderten Geschäftslage ausgingen, sei mit 46 Prozent konstant geblieben.

Enttäuschende Investitionspläne

Das vorausgesagte Wirtschaftswachstum von zwei Prozent sei zu einem Viertel den zusätzlichen Arbeitstagen in diesem Jahr geschuldet, hieß es weiter.

Die Investitionen der Unternehmen würden zwar leicht ansteigen, doch seien die Investitionspläne gemessen am Exportboom "enttäuschend", erklärten die DIHK-Experten.

Für die kommenden Jahre bleibe das Wachstumspotenzial der deutschen Wirtschaft damit auf ein bis 1,5 Prozent beschränkt — "was für mehr Beschäftigung deutlich zu niedrig wäre".

Arbeitsmarkt bleibt Konsumblocker

Der Arbeitsmarkt wird nach den Worten von Wansleben und Nitschke auch in diesem Jahr "seine Rolle als Konsumblocker nicht ablegen": Die Zahl der Beschäftigten werde im Jahresdurchschnitt gegenüber 2003 nochmals um rund 100.000 sinken.

30 Prozent der Unternehmen wollen laut Umfrage die Zahl ihrer Mitarbeiter reduzieren; nur neun Prozent planen Neueinstellungen, darunter vor allem Großunternehmen.

Dennoch sieht der DIHK auf Seiten der Politik keinen Anlass für ein "Eingreifen à la Keynes" und damit keine konjunkturpolitische Rechtfertigung für eine weitere Staatsverschuldung.

Große Unternehmen bevorteilt

Notwendig sei vor allem ein Ende des "wirtschaftspolitischen Zickzack-Kurses" bei konsequenter Umsetzung der Reformen, forderten Wansleben und Nitschke.

Michael Müller, Wirtschaftssenator im Bundesverband mittelständische Wirtschaft, kritisierte mit Blick auf die Umfrageergebnisse, die deutsche Wirtschafts- und Steuerpolitik sei zu "einseitig auf große Unternehmen ausgerichtet".

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