Süddeutsche Zeitung

Deutsche Wirtschaft:Absturz der Konjunktur vorerst gestoppt

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Hat das Schrumpfen ein Ende? Nach einer Schnellschätzung könnte das Bruttoinlands- produkt zuletzt die "schwarze Null" erreicht haben.

Th. Öchsner

Die Signale für ein Ende des Wirtschaftsabschwungs in Deutschland mehren sich. Konjunkturexperten des Bundeswirtschaftsministeriums glauben, dass die Wirtschaft im zweiten Quartal 2009 nicht weiter geschrumpft ist. Sie hoffen, dass die gesamtwirtschaftliche Leistung, das Bruttoinlandsprodukt (BIP), von März bis Juni im Vergleich zum ersten Quartal des Jahres stagniert. Mit einer solchen "schwarzen Null" wäre die bislang schwerste Rezession in der Geschichte der Bundesrepublik zumindest vorläufig gestoppt. Die Angaben aus dem Ministerium sind jedoch mit einigen Unwägbarkeiten behaftet.

So handelt es sich nach Informationen der Süddeutschen Zeitung um eine "interne Schnellschätzung". Grundlage dafür sind die Daten vom April und Mai. Die Zahlen für den Juni, die noch gar nicht endgültig vorliegen, wurden hochgerechnet. Die offiziellen Wachstumszahlen für das zweite Quartal wird das Statistische Bundesamt erst im August veröffentlichen. Von einer Rezession sprechen Fachleute, wenn in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen das um die Inflation bereinigte BIP im Vergleich zum Vorquartal zurückgeht.

Das Wirtschaftsministerium wollte sich zu der "Schnellschätzung" nicht äußern. Der Minister des Hauses, Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), hatte vor wenigen Tagen nach Bekanntwerden erster positiver Wirtschaftsdaten gesagt: "Wir starten auf sehr, sehr niedrigem Niveau." Sein Ministerium hatte Konjunkturzahlen verkündet, die eine langsame Erholung der Wirtschaft signalisieren. So verzeichnete die deutsche Industrie im Mai mit einem Plus von 4,4 Prozent im Vergleich zum Vormonat das größte Auftragsplus seit fast zwei Jahren. Die Industrieproduktion legte im gleichen Zeitraum sogar um 5,1 Prozent zu.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) rechnet inzwischen damit, dass der Einbruch des Welthandels seinen Tiefpunkt erreicht hat und sich der deutsche Außenhandel in den kommenden Monaten leicht erholen wird. "Die jüngsten Zahlen deuten auf eine Stabilisierung der Exporte auf niedrigem Niveau hin", sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Werner Schnappauf der Welt am Sonntag.

Positive Nachrichten kommen auch aus der Metall- und Elektroindustrie. Obwohl die Kapazitäten der Betriebe so wenig ausgelastet seien wie noch nie, hätten die Unternehmen die Zahl ihrer Mitarbeiter im Vergleich zum Vorjahr nur um 2,5 Prozent reduziert, sagte der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Martin Kannegiesser.

Auch in der Zeitarbeitsbranche zeichnet sich schneller als erwartet ein Ende des Stellenkahlschlags ab. Nach Angaben des Chefs des Arbeitgeberverbandes Mittelständischer Personaldienstleister (AMP), Peter Mumme, ist die Nachfrage nach Arbeitskräften in den vergangenen eineinhalb Monaten wieder um zehn Prozent gestiegen. Seit Juli 2008 hatten mehr als 300000 Leiharbeiter ihren Job verloren.

Wie dramatisch die Folgen der Wirtschaftskrise immer noch sind, zeigt ein Jahresvergleich: Gegenüber dem Vormonat stiegen etwa die Umsätze der deutschen Industrie im Mai um 4,6 Prozent, so stark wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Im Vergleich zum Mai 2008 lagen sie aber fast 20 Prozent unter dem damaligen Niveau.

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Quelle:
SZ vom 13.07.2009
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