Deutsche Umwelthilfe:Wie sich der größte Schreck der deutschen Autoindustrie finanziert

Diesel-Gipfel

Aktivisten der Deutschen Umwelthilfe demonstrieren in Berlin gegen die Emissionen von Diesel-Fahrzeugen. Was sich viele fragen: Wie finanziert der kleine Öko-Verband mit nur 273 Mitgliedern seine teils teuren Aktionen?

(Foto: dpa)
  • Der kleine Öko-Verband mit lediglich 273 Mitgliedern klagt quer durch die Republik gegen Städte und Konzerne, um Fahrverbote für Dieselautos durchzusetzen.
  • Einer der Finanziers der Umwelthilfe ist ein Unternehmen, das Geschäfte mit den Autoherstellern macht: die Deutsche Telekom.
  • Auch Bundesstiftungen unterstützen die Umwelthilfe, was Geschäftsführer Resch nicht davon abhält, insbesondere in der Abgasaffäre der Bundesregierung Vorwürfe zu machen.

Von Max Hägler, Berlin, und Klaus Ott, München

Der größte Schreck der deutschen Autoindustrie lief vergangene Woche, während des Dieselgipfels, zu Hochform auf. Neben dem Bundesverkehrsministerium in Berlin hatten Jürgen Resch und seine Kollegen von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) ein überdimensionales Auto aus Plastikfolie aufgepumpt. Ein Monsterfahrzeug mit der Aufschrift "Diesel-Abgase töten!". Davor stand DUH-Geschäftsführer Resch und gab Interviews, in denen er BMW, Daimler und Volkswagen wieder einmal der Täuschung bezichtigte.

Der kleine Öko-Verband mit lediglich 273 Mitgliedern klagt quer durch die Republik gegen Städte und Konzerne, um Fahrverbote für Dieselautos durchzusetzen. Der Autogipfel von Industrie und Politik war letztlich vor allem das Ergebnis seiner anhaltenden Kampagne - auch wenn er draußen bleiben musste.

Fast jeder Sportverein ist größer

Woher aber kommt das Geld für diese Dauer-Attacken und vor allem für die Prozesse, die teuer und riskant sind? Immer wieder gibt es argwöhnisches Raunen, wenn Resch auftritt, gerade aus Kreisen der deutschen Autoindustrie: geht es dem nur um die Umwelt, oder ist er auch Lobbyist in einem für die Öffentlichkeit unbekanntem Auftrag? Von den wenigen Mitgliedern kommt das Geld jedenfalls nicht.

Fast jeder Sportverein ist größer. Einer der Finanziers ist ein Unternehmen, das Geschäfte mit den Autoherstellern macht: die Deutsche Telekom. Der Konzern überwies 2015 nach Angaben des als gemeinnützig anerkannten Öko-Verbands immerhin 200 000 Euro. Aus diesem Jahr stammt der aktuellste bislang vorliegende Geschäftsbericht der Deutschen Umwelthilfe, der Einnahmen in Höhe von etwas mehr als acht Millionen Euro ausweist.

Von wem genau wie viel Geld kommt, lässt der Bericht offen. Solche Details nennt die DUH erst jetzt, auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung. Demnach zahlten damals 39 Firmen als Spender oder Sponsoren insgesamt knapp 1,2 Millionen Euro. Größter Unterstützer war die Telekom, gefolgt von Rapunzel Naturkost mit 120 000 Euro. Danach folgten Gelsenwasser, die Krombacher Brauerei, die japanischen Konzerne Kyocera (Drucker, Kopierer) und Toyota, das Recycling-Unternehmen Tomra aus Norwegen und die Gartenfirma Garpa.

Eine bunte Mischung, die eines gemein hat: Alle machen den Umweltschutz mehr oder weniger zum Geschäftsprinzip, beziehungsweise sind auch sonst als Öko-Spender bekannt, zum Beispiel Krombacher.

Wer Mitglied bei der Umwelthilfe werden will, wird eingehend geprüft

Das Engagement der Telekom fällt auf. Der Konzern ist eng verbunden mit der Autoindustrie, zeigte etwa mit VW wie sich Haus und Auto vernetzen lassen. Im Aufsichtsrat von Bayern München sitzt Telekom-Chef Timotheus Höttges zusammen mit dem Audi-Vorstandschef Rupert Stadler. Es ist aber nicht so, dass Höttges der DUH Geld gibt für deren Attacken auf die Autoindustrie. Verein und Telekom sammeln gemeinsam alte Handys ein, damit diese nicht im Müll landen, sondern die darin enthaltenen Rohstoffe wiederverwendet werden. Einen Teil der Recycling-Erlöse spendet die Telekom dem Öko-Verband. Da kommt einiges zusammen.

Solche Partnerschaften pflegen Resch und seine Mitstreiter auch mit anderen Firmen. Die DUH ist keine klassische Umweltorganisation mit Ortsgruppen, wie etwa der Bund für Umwelt- und Naturschutz. Sondern eher eine Art Öko-Firma, die Kampagnen, Klagen und Projekte initiiert, für Rußfilter in Autos, gegen Plastiktüten, oder eben gegen schmutzige Diesel. Und zur Finanzierung auch Umweltsünder per Abmahnung zur Kasse bittet. Letzteres brachte 2015 immerhin fast 2,5 Millionen Euro; führt aber dazu, dass der DUH auch der Ruf eines Abmahn-Vereins anhaftet. Zu Unrecht, wie Resch findet, der lieber von Verbraucherschutz redet. Firmen, die mit Falschaussagen über angeblich ökologisch unbedenkliche Produkte ihre Kunden in die Irre führten, müssten haften.

Seit fast drei Jahrzehnten leitet der vom Bodensee stammende Resch als hauptamtlicher Geschäftsführer die Deutsche Umwelthilfe, und eine seiner größten Sorgen ist, dass sein Verein Sponsoren und damit an Schlagkraft verliert oder von unerwünschten Mitgliedern blockiert werden könnte. Deshalb nenne die DUH im Geschäftsbericht nur grobe Zahlen, und deshalb habe sie auch so wenig Mitglieder. Resch erzählt, seinem Verband verbundene Unternehmen bekämen aus der Industrie immer wieder mal Druck, sie sollten sich doch bei der DUH zurückziehen. Deshalb scheue man sich, Namen zu nennen.

Daimler wehrt sich mit Anwälten gegen die andauernde DUH-Kritik

Andererseits gilt: Wer wie die Umwelthilfe ständig Transparenz fordert, der sollte selbst seine Finanzierung offenlegen. Was die DUH mit den jetzt auf Anfrage genannten Sponsoren und Geldgebern auch teilweise macht. Die Firmen, die den Öko-Verband unterstützen, kommen oft aus Branchen wie erneuerbare Energien oder Recyclingwirtschaft. Aber eben nicht nur, wie das Beispiel Telekom zeigt. Und aus der Autobranche ist neben Toyota - die Japaner verkaufen übrigens kaum Dieselautos - auch eine Zulieferfirma dabei. Deren Namen hält der Öko-Verband weiter geheim.

Zulieferer sind abhängig von ihren Auftraggebern, den großen Autoherstellern. Vor Jahren zahlte übrigens auch Daimler der DUH mehrere Hunderttausend Euro, unter anderem für die Unterstützung beim Nachhaltigkeitsbericht. Heute wehrt sich der Autokonzern mit Anwälten gegen die andauernde DUH-Kritik, die Stuttgarter würden bei Abgaswerten schummeln.

Den größten Teil der DUH-Finanzierung machen Projektzuschüsse aus, mit 3,1 Millionen Euro. Die stammen überwiegend von Stiftungen wie der European Climate Foundation oder der C&A-Foundation des gleichnamigen Modehändlers. Hinzu kommen öffentliche Mittel von Bundesministerien, Behörden und der Europäischen Union. Auch Bundesstiftungen unterstützen den Verein. Was DUH-Geschäftsführer Resch nicht davon abhält, insbesondere in der Abgasaffäre ständig der Bundesregierung vorzuwerfen, die Interessen der Autoindustrie seien Kanzlerin Angela Merkel wichtiger als saubere Luft.

Wer die Deutsche Umwelthilfe als Mitglied unterstützen will, wird übrigens eingehend überprüft. So jemand brauche, wie Resch erzählt, entweder "so eine Art Bürgen" dafür, dass er es ernst meint mit dem Umweltschutz. Oder er wird zum Gespräch eingeladen. "Die DUH könnte ansonsten leicht unterlaufen und lahmgelegt werden", fürchtet Resch. Er will sich von niemandem bremsen lassen.

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