Deutsche Rüstungskonzerne:Festnahme in Athen wegen Bestechungs-Affäre

Er soll für einen deutschen Rüstungskonzern geschmiert haben: Die griechische Justiz hat einen Geschäftsmann festgenommen. Er soll einen 150 Millionen Euro teuren Deal für ein Artilleriesystem aus Deutschland eingefädelt haben.

Von Klaus Ott und Tasos Telloglou

Mutmaßliche Schmiergeldzahlungen von Rüstungsfirmen aus Deutschland und anderen Staaten für Aufträge aus Griechenland haben dort am Montag zu einer weiteren Festnahme geführt. Abgeführt wurde der 78-jährige Dimitris P., ein früherer Geschäftsmann. Er soll nach Angaben aus Athener Justizkreisen Ende der Neunzigerjahre dem Unternehmen Wegmann aus Kassel einen Großauftrag über 150 Millionen Euro für die Lieferung des Artilleriesystems PzH 2000 vermittelt haben. Gegen zwei weitere Beschuldigte liegen nun ebenfalls Haftbefehle vor.

Dimitris P. wird verdächtigt, einen damaligen Rüstungseinkäufer im griechischen Verteidigungsministerium, Antonios Kantas, mit 750.000 Euro bestochen zu haben. Auf diese Weise habe Wegmann den Auftrag bekommen. Der 72-jährige Kantas sitzt seit Mitte Dezember in Untersuchungshaft und hat ein umfassendes Geständnis abgelegt. Er gab zu, für zwölf Rüstungsprogramme von 17 Firmen-Vertretern insgesamt 8,7 Millionen Euro Schmiergeld kassiert zu haben. Kantas nannte Unternehmen aus Deutschland, Frankreich, Russland und anderen Staaten.

Wegmann war bis 1999 eigenständig, dann folgte die Fusion mit der Rüstungssparte von Krauss-Maffei zu Krauss-Maffei Wegmann (KMW). Kantas sagte aus, Dimitris P. habe ihm einen Anteil von 0,5 Prozent an dem Artillerie-Auftrag für Wegmann geboten. 650.000 Euro seien über Banken in Zypern und in der Schweiz gezahlt worden, die restlichen 100.000 Euro in bar. Der Staatsanwaltschaft in Athen liegen offenbar Bankunterlagen vor, die das belegen. Von der Bestechung beim Artillerie-Deal soll laut Kantas eine "hochrangige" Führungskraft bei Wegmann gewusst haben. Das habe ihm Dimitri P. erklärt.

Ob das auch ein Fall für deutsche Staatsanwälte werden könnte, hängt davon ab, seit wann das Artillerie-Geschäft abgeschlossen ist. Die Verjährungsfristen bei Korruption sind in Deutschland kürzer als in Griechenland, von Ausnahmen abgesehen. Kantas hat ausgesagt, er sei bei fünf Aufträgen an deutsche Firmen bestochen worden; darunter auch beim Kauf von 170 Leopard-2-Panzern für 1,7 Milliarden Euro von Krauss-Maffei Wegmann.

KMW hatte vergangene Woche erklärt, man habe weder an Kantas noch an sonst jemanden Schmiergeld gezahlt oder zahlen lassen. Der KMW-Sprecher, den die SZ nach der Festnahme von Dimitris P. auch zu den Vorwürfen gegen Wegmann befragen wollte, war am Montag nicht erreichbar. Der Athener Anwalt von Dimitris P. kritisierte das Vorgehen der Justiz. Sein Mandant habe zuvor angeboten, mit den Ermittlern zu kooperieren. Der Anwalt sagte, nun müsse der Fall für alle Beteiligten "bis zum bitteren Ende" aufgerollt werden.

Die Athener Justiz will in dieser Woche auch einen 85-jährigen Verdächtigen befragen, der Schmiergeld für die deutschen Firmen Atlas und Rheinmetall gezahlt haben soll. Das hohe Alter der Beschuldigten und die Aussicht, den Rest des Lebens im Gefängnis verbringen zu müssen, fördert offenbar die Aussagebereitschaft.

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