Deutsche Post:Wie die Post das Internet erobern will

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Das Internetzeitalter bedroht auch das Geschäft der Deutschen Post. Deshalb möchte der weltweit größte Logistikkonzern unbedingt die digitale Welt erobern - auch mit ungewöhnlichen Projekten. Wie die Post ihre lukrativen Geschäfte ins Internet retten will.

Caspar Busse und Hans-Jürgen Jakobs

Das Internet ausdrucken, samt Fotos und Grafiken, und anschließend das Ganze als Buch binden lassen - das klingt für die Generation Web wie eine ziemlich abwegige Idee. Und doch ist die Deutsche Post mit einem solchen Angebot erfolgreich. "Social Memories" heißt die entsprechende App für Facebook-Nutzer weltweit.

Deutsche Post transportiert Briefe langsamer als versprochen

Ein Briefzusteller fährt an einem Post-Briefkasten vorbei.

(Foto: ddp)

Bis zu 28 Seiten kann das Hardcover-Buch haben, die Deutsche Post verschickt es überall hin - für einen Preis von 19 Euro plus Versandkosten. Mitte Mai wurde das Angebot bei Facebook gestartet - mit erstaunlichem Erfolg: Nach Angaben der Post wurden bisher bereits 80.000 virtuelle Bücher erstellt. Mehr als 10.000 Facebook-Nutzer finden die App gut.

Die ungewöhnliche Offerte ist nur ein Baustein der Internetstrategie des weltweit größten Logistikkonzers. Die "Digitalisierung aller Bereiche" hat sich Post-Chef Frank Appel zur Aufgabe gemacht, so sollen neue Felder eröffnet und alte Kunden begleitet werden. Der einstige McKinsey-Berater weiß: Er muss sich auf die neuen Geschäfte einstellen, Gedrucktes ist längst nicht mehr alles.

Besonders weit ist Appel aber noch nicht. 2010 startete der E-Post-Brief, eine sichere und dafür kostenpflichtige E-Mail im Internet. Über den Erfolg schweigen sich die Bonner aus. Mehr als eine Million Kunden haben sich registrieren lassen, bis 2015 soll eine halbe Milliarde Euro in das Produkt investiert werden. "Der Erfolg kommt nicht über Nacht", räumte Appel zuletzt ein, "aber der elektronische Brief wird als Teil unseres digitalen Geschäftes künftig ein Eckpfeiler des Brief-Bereichs sein."

Auch im Geschäft mit Verlagen will der ehemalige Staatskonzern jetzt digital punkten. "Wir müssen in die digitale Welt gehen", sagt Lutz Glandt, Vorstandsmitglied des Postbereichs Brief und unter anderem für die Verlage zuständig. Glandt war vor seinem Wechsel zur Post im Jahr 2005 Geschäftsführer der Essener WAZ-Gruppe. Kein Wunder, dass er sich in der Branche bestens auskennt. Die Zeitungs- und Zeitschriftenverleger sind einer der wichtigsten Kunden der Post. Doch wie lange noch?

Groß ist die Gefahr, dass die Post durch die Digitalisierung massiv Geschäft verliert. Werden Zeitschriften zunehmend elektronisch verschickt, könnte das Volumen der Post drastisch zurückgehen.

Die Bonner liefern heute für Zeitschriftenverlage etwa 6,7 Millionen Hefte aus - täglich. 90 Prozent der deutschen Aboauflage von Zeitschriften wird mit der Post zugestellt. Heute setzt die Post mit der Zustellung der bunten Blätter rund 800 Millionen Euro im Jahr um. Wenn man alle Exemplare, die die Post in den vergangenen 60 Jahren ausgeliefert hat, übereinander stapeln würde, ergebe sich eine Brücke von der Erde zum Mond und wieder zurück, hat mal Post-Vorstand Jürgen Gerdes ausgerechnet.

Dieses Geschäft will die Post ins Internet retten - irgendwie. Ein Projekt trägt den neuen Namen Content-Converter: Es richtet sich an mittelständische Verlagsfirmen, will ihnen bei der Digitalisierung ihrer Inhalte helfen und die neuen Endgeräte, besonders Tablet-PC wie das iPad, erschließen. Kern ist eine spezielle Software, an der mit Hochdruck gearbeitet wird und die von Herbst an verfügbar sein soll. Aus den Redaktionssystemen werden die Inhalte zugeliefert, diese sollen dann automatisch in ein Format laufen, das auf unterschiedlichsten Plattformen abzurufen ist.

Es gibt auch Ängste vor einer Einflussnahme durch den ehemaligen Staatskonzern, aber die Post will nach eigenen Angaben nur das "logistische Equipment" liefern und "neutraler Vermittler" sein, sagt Glandt. Komplizierte Abläufe sollen so einfacher und billiger werden. Auch ein digitaler Kiosk ist denkbar, die Deutsche Telekom hat so etwas bereits gestartet.

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