Deutsche Post:Elf Millionen Pakete täglich

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An Weihnachten verschicken die Menschen doppelt so viele Pakete wie sonst. Doch die Deutsche Post verdient daran in diesem Jahr weniger. Weil die Löhne steigen, will der Konzern die Preise für Händler erhöhen.

Von Benedikt Müller, Bonn

Als es um das Weihnachtsgeschäft geht, unterläuft Frank Appel ein amüsanter Versprecher. Man erwarte in der Spitze bis zu elf Milliarden Pakete pro Tag, sagt der Chef der Deutschen Post - merkt aber schnell, dass diese Zahl dann doch nicht stimmen kann. Tatsächlich wird der Bonner Konzern elf Millionen Pakete täglich transportieren, wenn im Advent viele Menschen Weihnachtsgeschenke im Internet bestellen und nach Hause liefern lassen. "Elf Milliarden, das kommt dann nächstes Jahr", scherzt Appel über seinen eigenen Fauxpas, "da arbeiten wir noch dran."

Der wachsende Onlinehandel beschert der Post und ihren Konkurrenten seit Jahren steigende Umsätze. Im vergangenen Quartal hat der Bonner Konzern noch mal 7,4 Prozent mehr Pakete transportiert als im Vorjahreszeitraum. Zwar schafft der Boom viele neue Arbeitsplätze; die Boten haben aber nicht nur schwer zu schleppen, viele sind nur bei Subunternehmen beschäftigt und werden schlecht bezahlt.

Die Deutsche Post stellt ihre Kunden nun darauf ein, dass Pakete in nächster Zeit teurer werden. Zwar wolle der Konzern zunächst nicht jene Preise erhöhen, die Privatleute in den Filialen zahlen. Vielmehr will die Post mit Händlern und anderen Großversendern höhere Preise aushandeln. Diesen Kunden, allen voran dem Onlinehändler Amazon, gewährt der Konzern Mengenrabatte. So kommt es auch, dass der Paketumsatz der Post in Deutschland binnen Jahresfrist nur um 6,7 Prozent gestiegen ist - also langsamer als die Zahl der Sendungen: Die Post verdient mithin weniger Geld pro einzelnem Paket.

Das muss sich ändern, wenn es nach Vorstandschef Appel geht, da die Transportkosten der Paketdienste steigen: "Wir haben nahezu Vollbeschäftigung, die Löhne steigen auch für unsere Wettbewerber." In Städten wie München etwa gilt es mittlerweile als unmöglich, einen Paketboten für einen Stundenlohn unter zwölf Euro einzustellen. Die Post verhandle daher mit allen Kunden: "Wir nehmen natürlich aus der Preisdiskussion nie ein Unternehmen aus", sagt Appel, ohne Amazon beim Namen zu nennen.

Amazon entscheidet je nach Lage und Region, wer ausliefern darf

Der US-Konzern spielt die Paketdienste gegeneinander aus. Amazon entscheidet je nach Lage und Region, welches Unternehmen nun welche seiner Millionen Sendungen austragen soll. Damit nicht genug: In etwa 20 Städten hierzulande probiert der Onlinehändler sich an einem eigenen Zustelldienst namens Amazon Logistics; dann stellen statt DPD oder UPS kleine und mittelständische Unternehmen die Pakete zu. Auch hat der Konzern eigene Verteilzentren eröffnet, um unabhängiger von den großen Paketdiensten zu werden.

Diese sind mit ihren Geschäftszahlen offensichtlich nicht zufrieden. Hermes etwa fuhr im vergangenen Jahr Millionenverluste ein und wechselte kürzlich den Deutschlandchef aus. Auch die Post entließ im Sommer ihren langjährigen Brief- und Paketvorstand Jürgen Gerdes. Er hatte nach Ansicht von Konzernchef Appel zu sehr auf Menge gesetzt und zu wenig auf Kosten und Gewinne geachtet.

Der Vorstandschef leitet das Brief- und Paketgeschäft nun übergangsweise selbst - und hat bereits im Sommer Einsparungen in der Stammsparte angekündigt: Die Post will einen Teil ihrer etwa 30 000 Beamten in den Ruhestand versetzen. Für entsprechende Abfindungen hat der Konzern alleine im vergangenen Quartal 392 Millionen Euro zurückgestellt. Zudem will die Post fortan mehr Geld in neue Techniken in der Brief- und Paketzustellung investieren. "Wir drehen an allen Hebeln, die wir haben", sagt Appel.

Doch selbst wenn man die Abfindungen herausrechnet, hat der Konzern im vergangenen Quartal einen um sieben Prozent niedrigeren Betriebsgewinn erwirtschaftet als im Vorjahreszeitraum. Für den Rückgang zeichnet ausschließlich die Brief- und Paketsparte verantwortlich; das weltweite Fracht- und Kuriergeschäft der Marke DHL steigerte den Betriebsgewinn binnen Jahresfrist um fast 14 Prozent.

Damit die Post ihr ehrgeiziges Gewinnziel für die nächsten Jahre erreichen kann, hofft der Konzern auch, dass er das Briefporto im nächsten Jahr anheben darf. Anders als ursprünglich geplant will die Bundesnetzagentur zwar keine Anhebung zum Jahreswechsel genehmigen. Denn die Behörde hat noch Fragen zum neuen Sparprogramm. Nichtsdestotrotz verweist die Post darauf, dass die Kosten für ihre Briefzentren und Zusteller steigen, obwohl die Kunden von Jahr zu Jahr weniger Briefe verschicken. Deshalb will der Konzern das Porto erhöhen, wie zuletzt Anfang 2016 geschehen. "Wir sind weiterhin zuversichtlich, dass wir hier eine deutliche Steigerung sehen werden", sagt Appel.

Um den Paketwahnsinn zu Weihnachten zu bewältigen, heuern die Post und ihre Konkurrenten indes Tausende Aushilfen für die Sortierzentren und die Zustellung an. Alleine der Bonner Konzern will mehr als 12 000 zusätzliche Fahrzeuge einsetzen, etwa von Mietwagenverleihern. Auch wenn es "nur" elf Millionen und keine elf Milliarden Pakete pro Tag werden.

© SZ vom 07.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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