Süddeutsche Zeitung

Unternehmensführung:Frank Appel und die vielen Ämter

Der Chef der Deutschen Post soll bald Aufsichtsratsvorsitzender der Telekom werden. Doch beides zusammen wäre zu viel für eine Person, meinen einflussreiche Aktionäre beider Konzerne.

Von Benedikt Müller-Arnold, Köln

Frank Appel ist ein gefragter Mann, das muss man ihm lassen. Doch wann ist eine Person zu gefragt, da jeder Tag auch für sie nur 24 Stunden hat? Diese Frage bekommt vor den anstehenden Aufsichtsratssitzungen der Deutschen Post und der Deutschen Telekom neue Bedeutung. Denn an diesem Mittwoch will das Kontrollgremium der Post entscheiden, ob Appel über Oktober 2022 hinaus Vorstandschef des Logistikkonzerns bleiben soll. Die Arbeit mache ihm Spaß, sagte der 60-Jährige stets. Doch bereits im April könnte Appel Vorsitzender des Aufsichtsrats der Telekom werden. Der Post-Chef gilt als heißester Kandidat für die Nachfolge des 75-jährigen Ulrich Lehner, dessen Amtszeit enden wird.

Doch diese potenzielle Fülle an Aufgaben stößt bereits jetzt auf Kritik. "Eine Ämterdopplung sehen wir kritisch", sagt Ingo Speich, Experte für gute Unternehmensführung von Deka Investment. "Ein Vorstandsvorsitzender sollte nicht gleichzeitig den Aufsichtsratsvorsitz eines anderen Konzerns übernehmen." Deka zählt jeweils zu den zehn größten Aktionären der Post und der Telekom. Die Fondsgesellschaft der Sparkassen hält an beiden Dax-Konzernen Anteile im Wert von Hunderten Millionen Euro.

Auch Vanda Rothacker, Expertin für gute Unternehmensführung von Union Investment, zählt die Mandate: Appel ist Chef der Post sowie Aufsichtsratsmitglied des Medizintechnik-Konzerns Fresenius, nun könnte der Telekom-Aufsichtsratsvorsitz hinzukommen. "Das wäre ein klarer Fall von Ämterhäufung", sagt Rothacker. Union Investment zählt jeweils zu den 20 größten Aktionären von Post und Telekom. Die Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken zählt Chefposten in Vorständen und Aufsichtsräten doppelt, demnach käme Appel mit der Telekom auf fünf Mandate. Damit Union Investment derlei Personalien zustimmt, dürfe ein amtierender Dax-Chef aber höchstens drei Mandate haben.

Aufsichtsratsmitglieder sollen genug Zeit für ihre Arbeit haben

Hintergrund der Kritik: Fachleute für Unternehmensführung bestehen darauf, dass Aufsichtsratsmitglieder genug Zeit haben, damit sie den Vorstand eines Konzerns wirklich kontrollieren können. Das gilt erst recht für den Chefaufseher eines international aufgestellten Konzerns wie der Telekom. Aktionärsvertreter kritisierten in den vergangenen Jahren in mehr und mehr Hauptversammlungen großer Unternehmen, dass einzelne Aufsichtsratsmitglieder zu viele Ämter hätten.

Weder Post noch Telekom wollten die Mahnungen der Investoren am Dienstag kommentieren. Appel wurde noch nicht offiziell als künftiger Chefkontrolleur der Telekom nominiert, heißt es in Bonn. Der Aufsichtsrat des Konzerns will am nächsten Mittwoch tagen.

Für eine Kandidatur Appels spricht indes, dass er Erfahrung mit Staatsbeteiligungen hat: Der Bund ist größter Aktionär sowohl der Post als auch der Telekom. Zudem sind beide Konzerne zum Teil auf regulierten Märkten unterwegs, beispielsweise dem Briefmarkt. Auch Appels Vorgänger Klaus Zumwinkel war zeitgleich Postchef und Telekom-Chefaufseher; das ist freilich 13 Jahre her. Immerhin hat sich in all den Jahren nichts an der räumlichen Nähe geändert: Die Zentralen von Post und Telekom in Bonn sind nur einen Kilometer voneinander entfernt.

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