Süddeutsche Zeitung

Deutsche Post:Bald 85 Cent je Brief

Der Konzern darf seine Preise im kommenden Jahr um fast fünf Prozent erhöhen, schlägt die Bundesnetzagentur vor. Der Paket-Boom während der Pandemie verhindert wohl ein noch höheres Porto.

Von Benedikt Müller-Arnold, Düsseldorf

Nicht nur Erdgas und Benzin, auch der gute, alte Brief wird im kommenden Jahr teurer werden. Dann will die Deutsche Post das Porto für einen Standardbrief, das verbreitetste Postprodukt hierzulande, voraussichtlich von 80 auf 85 Cent anheben. Das hat der Konzern nun angekündigt. Eine Postkarte solle demnach um zehn Cent teurer werden, das ohnehin teurere Einschreiben um 15 Cent. Der Trost für Kunden: Die Preise sollen dann drei Jahre lang stabil bleiben. Zuletzt war das Porto im Sommer 2019 gestiegen.

Hintergrund der Ankündigung: Die Post darf nicht frei wählen, wie teuer Briefe sind. Dazu ist der frühere Staatsmonopolist auf dem Briefmarkt nach wie vor zu mächtig, mit einem Anteil von etwa 85 Prozent. Stattdessen gibt die Bundesnetzagentur alle paar Jahre vor, wie stark die Preise steigen dürfen. Dabei berücksichtigt sie Kosten, etwa für Zusteller oder Fahrzeuge - aber auch Fortschritte bei der Produktivität, wenn die Post beispielsweise effizientere Maschinen einsetzt. Die Behörde zieht zudem Gewinnmargen anderer Postfirmen in Europa heran.

Man gestehe der Post nun "Raum für moderate Preiserhöhungen" zu, sagt Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur. Demnach dürfen Briefe zum Jahreswechsel im Schnitt um 4,6 Prozent teurer werden. Die Post entscheidet selbst, wie sie diesen Spielraum auf einzelne Produkte aufteilt. Wettbewerber und Verbraucherschützer haben nun drei Wochen Zeit, den Vorschlag der Behörde zu kommentieren. Danach muss sich die Post die finalen Preise noch genehmigen lassen.

Völlig zufrieden gibt sich die Post mit dem Erhöhungsspielraum nicht

Der Konzern betont, dass ein Standardbrief in Deutschland auch nach der absehbaren Erhöhung günstiger wäre als im europäischen Durchschnitt, den die Post mit 1,17 Euro beziffert. Völlig zufrieden scheint der Konzern freilich nicht mit der Vorgabe seiner Aufsichtsbehörde: Er kritisiert, dass seine Personalkosten in den vergangenen Jahren prozentual stärker gestiegen seien, als die Portoeinnahmen nun voraussichtlich steigen dürfen. Zudem transportiere man von Jahr zu Jahr etwas weniger Post, müsse aber dennoch beispielsweise Briefzentren in Schuss halten oder Fahrzeuge kaufen. "Auch der Spielraum für Tariferhöhungen bei den Beschäftigten der Deutschen Post innerhalb der kommenden drei Jahre wird deutlich eingeschränkt", warnt der Konzern schon mal vorsorglich.

Dass die Post bereits jetzt konkrete Preise ankündigt, werten manche Beobachter aber auch als Zeichen, dass sie im Großen und Ganzen mit dem Erhöhungsspielraum leben kann. Vor drei Jahren war das ganz anders: Damals wollte die Bundesnetzagentur zunächst eine Erhöhung um 4,8 Prozent erlauben. Doch der Konzern bezeichnete dies als viel zu wenig und drohte öffentlich mit Sparprogrammen beim Personal. Kurz darauf reformierte die Bundesregierung die Regeln für Portoerhöhungen; in der Folge durften die Preise letztlich um mehr als acht Prozent steigen - so stark wie nie zuvor.

Wettbewerber der Post kritisierten diesen Eingriff scharf. Sie fürchten, dass der DHL-Konzern einen Vorteil auf dem umkämpften Paketmarkt hätte, wenn er übermäßig viel Geld mit Briefen verdienen würde. Tatsächlich sind das Brief- und Paketgeschäft der Post recht eng miteinander verwoben: Auf dem Land trägt ein und derselbe Zusteller Briefe und Pakete aus; auch in Städten bringen Briefträger mehr und mehr kleine Warensendungen. Die Bundesnetzagentur weist explizit darauf hin, dass der Paket-Boom während der Corona-Krise dem Brief- und Paketgeschäft der Post insgesamt zugutekomme.

Ohnehin werden für den Konzern Pakete sowie das internationale Fracht- und Expressgeschäft immer wichtiger. Briefe machten zuletzt nur noch zwölf Prozent des Umsatzes der Post aus. Von Anfang Dezember an will der Konzern denn seine neuen, teureren Briefmarken in den Filialen verkaufen. Und natürlich auch sogenannte Ergänzungsmarken, damit man alte Wertzeichen mit geringerem Porto nicht wegwerfen muss. Am häufigsten werden diesmal wohl Fünf-Cent-Ergänzungsmarken benötigt werden.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5432179
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.