Süddeutsche Zeitung

Deutsche Manager:Transparenz erhöht - Gehälter auch

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Ungleiche Schere: Während die Vorstandsbezüge in die Höhe gehen, sinkt die Ausschüttungsquote. Von der Offenlegung der Bezüge profitieren vor allem die schlechter bezahlten Manager.

Harald Schwarz

Die Veröffentlichung einzelner Gehälter hat nach Ansicht der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) vor allem den Vorständen genutzt: ihre Bezüge steigen.

Zwar legen immer mehr Firmen die Vergütung ihrer Vorstände und Aufsichtsräte offen. Zu unterschiedlich seien die Angaben in den Geschäftsberichten der 30 Unternehmen aus dem Deutschen Aktienindex (Dax) über die einzelnen Bestandteile der Vergütungen, monierte SdK-Vorstandsmitglied Reinhild Keitel am Dienstag in Frankfurt.

Appell an Aufsichtsräte

Das Ergebnis der Untersuchung: Die Vorstände der Dax-Konzerne haben für 2005 zusammen fast eine halbe Milliarde Euro eingestrichen. Seit 2003 ist damit die Vergütungssumme um 21 Prozent auf 486 Millionen Euro gestiegen. Noch nicht enthalten seien in diesem Betrag die Zuführungen zu Pensionsrückstellungen sowie Sachbezüge. Mit Blick auf die deutlichen Zuwächse binnen drei Jahren appelliert Keitel an die Aufsichtsräte der Unternehmen, diese müssten mehr Einfluss nehmen und die Vergütungen der Vorstände "individueller festlegen".

Laut SdK war 2005 Deutsche-Bank Chef Josef Ackermann mit 11,9 Millionen Euro der Spitzenreiter vor dem ehemaligen DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp mit 7,6 Millionen Euro. Den stärksten Anstieg gab es bei der Commerzbank, wo der Vorsitzende Klaus-Peter Müller mit 3,2 Millionen Euro fast drei Mal soviel wie im Vorjahr erhielt.

Auch die Kontrolleure verdienen deutlich mehr. Ihre Bezüge kletterten von 2003 bis 2005 um fast 31 Prozent auf 51 Millionen Euro. Spitzenreiter bei der Vergütung des Aufsichtsratsvorsitzenden (ohne Pensionsbezüge) sind nach Angaben der Aktionärsschützer der Eon-Konzern mit 383.000 Euro vor BASF mit 357.000 Euro und der Deutschen Bank mit 327.000 Euro. Begründet werden die Zuwächse mit gestiegenen Anforderungen an die Räte. Keitel sagt dazu: "Dies ist von außen schwer zu kontrollieren."

Ausschüttungsquote sinkt

Während die Manager mehr Geld erhalten, sinkt die Ausschüttungsquote, also jener Gewinnanteil, der an die Aktionäre verteilt wird. Er beträgt für 2005 im Schnitt lediglich 37 Prozent. Zum Vergleich: 2002 belief sich die Quote noch auf 60 Prozent, allerdings bei seinerzeit erheblich niedrigeren Gewinnen.

Die vermehrte Offenlegung der Managerbezüge, deren Höhe seit Jahren öffentlich kritisiert wird, hat eine Eigendynamik mit steigender Tendenz entwickelt. "Es findet eine Angleichung nach oben statt", sagt Reinhild Keitel. Diese Entwicklung gebe "Anlass zur Sorge und kann nicht so weitergehen". Ihr SdK-Vorstandskollege Harald Petersen pflichtet bei: Wenn die Angleichung nach oben bei den Bezügen der Vorstandsmitglieder eine Auswirkung der Offenlegung sei, dann laufe etwas falsch.

Gigantische Stundensätze

Wenn ein Manager eines im Deutschen Aktienindex aufgeführten Konzerns im Durchschnitt pro Jahr drei Millionen Euro kassiere, führe dies zu Stunden- und Tagessätzen, die "schon gigantisch" seien, sagt Petersen. Er gibt zu bedenken, dass das durchschnittliche jährliche Arbeitnehmereinkommen in Deutschland bei etwa 40.000 Euro liege und schon seit Jahren stagniere.

Und wenn einer wie Josef Ackermann 11,9 Millionen Euro erhalte, müsse man schon fragen, ob dies angemessen sei. "Ist das einer wert? Da habe ich so meine Zweifel", äußert Petersen. Und seine Kollegin Keitel verweist darauf, dass "selbst der Dauerverluste" schreibende Infineon-Konzern Vorstandschef Wolfgang Ziebart für das vergangene Geschäftsjahr 2,5 Millionen Euro überwiesen habe.

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SZ vom 2.8.2006
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