Die deutsche Industrie spricht sich für einen härteren Kurs der Europäischen Union gegenüber China aus. Investitionen aus der Volksrepublik seien zwar grundsätzlich willkommen, heißt es in einem Grundsatzpapier des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI). China verzerre jedoch durch staatliche Eingriffe Märkte und Preise. Die Folge seien weltweite Überkapazitäten etwa bei Stahl. Künftig sei damit auch zum Beispiel bei Robotik oder Batteriezellen zu rechnen, so BDI-Chef Dieter Kempf. Das müsse die EU dringend berücksichtigen.
Der BDI sieht einen "Systemwettbewerb" zwischen dem Modell einer liberalen, offenen und sozialen Marktwirtschaft sowie Chinas staatlich geprägter Wirtschaft. Die Europäische Union müsse aufpassen, bei wichtigen Zukunftstechnologien wie der Künstlichen Intelligenz nicht den Anschluss zu verlieren. Deswegen müsse sie China mehr entgegensetzen.
Insgesamt legt der BDI in seinem Papier 54 Forderungen vor, mit denen Europa und Deutschland wettbewerbsfähiger gegenüber China werden könnten. So sollen etwa bei der öffentlichen Auftragsvergabe die Qualitätsstandards erhöht werden, Dumpingpreise ausländischer Anbieter müssten zudem auf staatliche Subventionen durchleuchtet werden können.
Zudem fordert der Verband die Einführung einer neuartigen europaweiten Subventionskontrolle. Diese hätte die Aufgabe, staatlich finanzierte Übernahmen europäischer Technologieunternehmen zu untersuchen und notfalls zu verhindern. Auch die EU-Fusionskontrolle solle überprüft werden. In China würden durch Eingriffe der Regierung im weltweiten Maßstab Großkonzerne entstehen. Die EU-Wettbewerbshüter dagegen berücksichtigten als relevanten Markt bei europäischen Fusionen allein Europas Binnenmarkt. "Hier sollte gegengesteuert und das vom Markt getriebene Bilden europäischer Champions zugelassen werden", heißt es in dem BDI-Papier.
Der BDI fordert, EU-Forschungsausgaben zu verdoppeln
Die EU-Kommission prüft derzeit die Zusammenlegung der Zugsparten von Siemens und Alstom. Hintergrund ist unter anderem die Konkurrenz durch den weltgrößten Bahnkonzern CRRC aus China. Medienberichten könnte die Fusion aber wegen Bedenken der EU-Wettbewerbshüter scheitern. "Der Systemwettbewerb mit China zwingt uns dazu, strategischer und langfristiger zu denken", schreibt der BDI. Die deutsche Industrie wolle auch weiterhin die Chancen des wirtschaftlichen Austausches mit China nutzen, betont Kempf. Direkte Markteingriffe sollten in Europa die Ausnahme bleiben.
Um langfristig mit China mithalten zu können, brauche die EU außerdem ein höheres Budget. Der BDI fordert, die Forschungsausgaben auf 160 Milliarden Euro für den nächsten 7-Jahres-Budgetzeitraum zu erhöhen. Das wäre doppelt so viel wie bisher. "Ohne in unsere Infrastruktur zu investieren, unsere Bildungssysteme zu verbessern und die Forschung und Entwicklung in Zukunftsbranchen zu fördern, haben wir wenig Chancen, mit einem China zu konkurrieren, das genau diese Dinge tut", heißt es in dem Papier.
China ist der wichtigste Handelspartner Deutschlands außerhalb der EU. Das Land versucht seit Jahren, einerseits über zunehmende Firmenkäufe ausländische Spitzentechnologie zu übernehmen, und andererseits über Investitionen in die europäische Infrastruktur politischen Einfluss zu gewinnen. Bis 2049, zum 100. Geburtstag der Volksrepublik, will China technologisch Weltspitze sein. Die Bundesregierung hatte zuletzt vor allem mit Blick auf China zum Schutz vor Spionage und des geistigen Eigentums die Regeln für ausländische Investoren verschärft. Das Kabinett senkte für sensible Bereiche die Schwelle, ab der es einen Anteilserwerb prüfen kann.