Deutsche Börse:Halbherzige Rückendeckung

Aufsichtsrat und Vorstand haben einem Millionen-Bußgeld zugestimmt, aber Börsen-Chef Carsten Kengeter hat kaum noch Rückhalt.

Von Meike Schreiber und Markus Zydra, Frankfurt

Deutsche Börse - Kengeter

Carsten Kengeter, Chef der Deutschen Börse, hatte kaum noch Rückhalt in seinem Unternehmen

(Foto: Boris Roessler/dpa)

Man sehnt sich nach Ruhe bei der Deutschen Börse und möchte endlich raus aus den Negativschlagzeilen. Deshalb haben sich Aufsichtsrat und Vorstand am späten Mittwochabend dazu durchgerungen, ein Bußgeld in Höhe von 10,5 Millionen Euro zu bezahlen. Die Gremien betonten, dass dies kein Schuldeingeständnis sei. Mit der Überweisung, so hofft man, würde die Staatsanwaltschaft Frankfurt auch die strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Deutsche-Börse-Vorstandschef Carsten Kengeter einstellen.

Im Dezember 2015 hatte Kengeter für 4,5 Millionen Euro Aktien des Börsenbetreibers gekauft, um spezielle Aktien zum gleichen Wert als Bonus zu erhalten. Er machte das Geschäft zwei Monate bevor die später gescheiterten Fusionspläne mit der Londoner Börse LSE bekannt wurden. Da daraufhin der Aktienkurs stark gestiegen war, witterten die Behörden ein strafbares Insidergeschäft. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft gab es zum Zeitpunkt des Kaufs bereits fortgeschrittene Gespräche mit der LSE, was den Verdacht auf Insiderhandel erhärtet hätte. Die Deutsche Börse hat das stets zurückgewiesen. Der zweite Vorwurf: Die Börse habe die Pläne zu spät öffentlich gemacht und damit den Markt manipuliert.

Dass die Deutsche Börse nun 10,5 Millionen Bußgeld bezahlt, war im Aufsichtsrat jedoch höchst umstritten. Es seien Bedingungen gestellt worden: Zustimmung zum Bußgeld nur dann, wenn Kengeters Vertrag nicht verlängert werde. Arbeitnehmervertreter und auch einige Aufsichtsräte der Kapitalseite hätten sich bei der Abstimmung enthalten, heißt es in Finanzkreisen. Aufsichtsratschef Joachim Faber stimmte dem Bußgeld zu. Das ist pikant, weil Faber das umstrittene Aktienoptionsprogramm für den ehemaligen Investmentbanker eingefädelt und ihm angeboten hatte.

Der Vertrag von Kengeter läuft im März 2018 aus. Vor allem Faber hat sich immer dafür eingesetzt, dass Kengeter länger bleibt. Doch der Widerstand wächst. "Wir gehen nicht davon aus, dass Kengeter noch lange im Amt bleibt", sagt ein Großaktionär der Deutschen Börse. Faber bliebe nichts anderes übrig, als Kengeter zu opfern, weil der Vorstandschef kaum noch Rückendeckung im Unternehmen habe. "Es ist zudem inakzeptabel, dass die Deutsche Börse und damit die Aktionäre das Bußgeld bezahlen müssen", so der Miteigentümer. "Wenn man sagt, man ist unschuldig, dann sollte man auch kein Bußgeld bezahlen. Faber und Kengeter haben der Börse Schaden zugefügt."

Die Deutsche Börse geht davon aus, dass das Ermittlungsverfahren gegen Kengeter nun eingestellt wird. Einen Entscheidungstermin gibt es laut Staatsanwaltschaft noch nicht. Gleichzeitig überprüfen die Finanzaufsichtsbehörde Bafin und das hessische Wirtschaftsministerium, ob Kengeter für seinen Posten überhaupt noch zuverlässig genug ist. Der Aufsichtsrat der Deutschen Börse teilte mit, man werde sich erst nach dieser Entscheidung mit der Vertragsverlängerung von Kengeter befassen. Jetzt wird gemunkelt, die Aufsicht und das Ministerium könnten auf Zeit spielen und die Zuverlässigkeitsprüfung erst im nächsten Jahr abschließen. Dann müsste Faber zwangsläufig einen neuen Chef suchen.

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