Süddeutsche Zeitung

Deutsche Börse:Ein bisschen Frieden

Der neue Börsenchef Theo Weimer stellt Konzernzahlen vor und tritt gegen seinen Vorgänger nach.

Von Jan Willmroth, Frankfurt

Theodor Weimer ist gekommen, um über ein unruhiges Jahr zu sprechen. Sieben Wochen steht der frühere Chef der Hypo-Vereinsbank jetzt an der Spitze der Deutschen Börse. Als er am Mittwochmorgen zur Bilanz-Pressekonferenz vorn Platz nimmt, übt er erst einmal den Bruch mit der ambitionierten Wachstums-Rhetorik seines Vorgängers Carsten Kengeter. Der wollte den Börsenbetreiber mit dem Londoner Konkurrenten LSE verschmelzen, was spektakulär misslang, und steht bis heute unter Insiderhandels-Verdacht. Weimer spricht nun auch von Wachstum, tut aber bescheiden: "Erwarten Sie nicht den großen Wurf", sagt er. "Hier geht es um solide Hausmannskost."

Die Deutsche Börse ist der viertgrößte Börsenbetreiber der Welt und der Konzern hinter dem Leitindex Dax, in dem sie als eine der 30 größten deutschen Aktiengesellschaften selbst Mitglied ist. Das Geschäft ist lukrativ: Von jedem Euro, den die Börse einnimmt, bleibt vor Zinsen und Steuern fast die Hälfte im Unternehmen. Das ist bei der internationalen Konkurrenz allerdings nicht anders; die größten Börsenbetreiber sind längst mehr als doppelt so groß.

Als Weimer über sein Gehalt spricht, wird das zum versteckten Nachtritt gegen seinen Vorgänger

Weimer spart mit Details zu seinen Plänen und gibt freimütig zu, noch keine großen Visionen zu haben. Voriges Jahr verfehlte die Börse ihre Ziele, konnte den Umsatz aber steigern und verzeichnete ein Gewinnplus von sechs Prozent. Damit es in diesem Jahr wieder zehn Prozent werden, will Weimer weiter sparen. Nach und nach baut er das Unternehmen um, er hat den Chefjuristen ausgetauscht und wird den erweiterten Vorstand wohl abschaffen. Auch kleinere Übernahmen hat er vor. In seine Einarbeitungsphase fällt auch die verstärkte Kontaktpflege in der Politik. Die hatten Kengeter und Aufsichtsratschef Joachim Faber vernachlässigt und am Ende zu viele Gegner für ihr London-Projekt.

Der gescheiterte Fusionsversuch war teuer, die Ära Kengeter wird nun noch weitere Millionen kosten. Kengeter hat Weimer ordnungsgemäß den Stab übergeben und konzentriert sich jetzt darauf, mit dem Aufsichtsrat um seinen Bonus zu streiten. Nach außen ist er vorerst nur noch ein Posten in der Bilanz. Kengeter hatte neben seinem jährlichen Bonus ein Vergütungsprogramm erhalten, das ihm Zusatz-Boni über einen zweistelligen Millionenbetrag hätte einbringen können. Von dem Geld will der Konzern nun maximal drei Fünftel auszahlen und veranschlagt dafür bereits Rückstellungen in Höhe von etwa 7,5 Millionen Euro, wie am Mittwoch aus Konzernkreisen zu erfahren war. Die Staatsanwaltschaft ermittelt weiter gegen Kengeter wegen des Verdachts auf Insiderhandel.

Weimer kokettiert damit, seine Gehaltsverhandlungen hätten "keine zehn Minuten" gedauert. Er bekommt 1,5 Millionen Euro plus Bonus und kauft zusätzlich selbst Börsen-Aktien. Ein Sonderprogramm habe er nie haben wollen, sagt er. Braucht er ja auch nicht: Das Niveau der Vorstandsgehälter bei der Börse ist auch so schon höher denn je.

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Quelle:
SZ vom 22.02.2018
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