Süddeutsche Zeitung

Deutsche Börse:Arbeit am neuen Dax

Nach dem Skandal um Wirecard sollen die Regeln für den Index überprüft werden.

Von Caspar Busse

Es gibt ihn seit Anfang 1988, und er galt bislang als das Maß für die Entwicklung der Börse in Deutschland, auch für private Anleger. Doch nun ist der Deutsche Aktienindex, kurz Dax, schwer in Verruf geraten. Der Grund: Der Skandal beim Zahlungsabwickler Wirecard. Die Firma aus Aschheim bei München ist seit September 2018 Dax-Mitglied und hatte damals die Commerzbank, immerhin Gründungsmitglied des Dax, ersetzt. Vielen Anlegern galt Wirecard schon deshalb und entgegen aller Spekulationen als seriös und vertrauenswürdig. Doch das erwies sich als Illusion, viele haben nun Geld verloren.

Jetzt will die Deutsche Börse, die für den Dax zuständig ist, das Regelwerk für den Index grundsätzlich überarbeiten. "Das Vertrauen in den Kapitalmarkt hat offensichtlich in den letzten Tagen gelitten. Als Marktplatzbetreiber ist es auch unsere Aufgabe, das Vertrauen in den Kapitalmarkt zu stärken", teilte die Deutsche Börse mit. "Deshalb haben wir uns entschlossen, die Regelwerke unter Einbindung der Regulatoren und die Regeln für die Zugehörigkeit zur Dax-Familie einer vertieften Prüfung zu unterziehen und zu überarbeiten." Die Vorschläge zur Veränderung des Regelwerks würden wie üblich mit den Marktteilnehmern besprochen, erklärte ein Börsen-Sprecher. Das kann allerdings einige Monate dauern.

Bei Wirecard fehlen in der Bilanz fast zwei Milliarden Euro, mittlerweile hat die Firma Insolvenz angemeldet, so etwas gab es im Dax bisher noch nicht. Ein Rauswurf aus dem Dax droht Wirecard dennoch vorerst nicht. Nur im Falle einer Abwicklung oder einer Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse muss ein Unternehmen nach den derzeitigen Regeln "umgehend" aus einem Auswahlindex herausgenommen werden. Nächster regulärer Überprüfungstermin der Zusammensetzung der Aktienindizes der Deutschen Börse ist der 3. September 2020.

Die Deutsche Börse überprüft regelmäßig die Indizes. Maßgeblich für die Zugehörigkeit zum Kreis der 30 wichtigsten Dax-Konzerne sind bislang der Börsenumsatz, also das Handelsvolumen, und der Börsenwert eines Unternehmens, hier wird aber nur der Anteil der frei handelbaren Aktien in Streubesitz gewertet. Die Frage ist nun, ob es weitere Kriterien geben sollte. Zuletzt wurde unter anderem die Zusammensetzung des Dax kritisiert, er bilde die deutsche Wirtschaft nicht wirklich ab. Zudem wurde bemängelt, dass 30 Aktien zu wenig seien, da die deutsche Wirtschaft viel breiter aufgestellt ist. In anderen Ländern sind die wichtigen Indizes meist größer gefasst. Zuletzt musste das Dax-Gründungsmitglied Lufthansa weichen, neu im Dax ist seitdem der Immobilienkonzern Deutsche Wohnen.

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Quelle:
SZ vom 30.06.2020
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