Deutsche Bank:Zwei Chefs sind besser als einer

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Zwei Männer, eine Bank: Jürgen Fitschen (links) und Anshu Jain führen die Deutsche Bank auch künftig gemeinsam. Foto: dpa (Foto: dpa)

Anshu Jain schlug viel Skepsis entgegen, als er als Investmentbanker im vorigen Jahr die Führung der Deutschen Bank übernahm. Deshalb wird ihm auch künftig ein Ko-Chef zur Seite gestellt. Das ist gut so. Auch für Jain.

Ein Kommentar von Ulrich Schäfer

Anshu Jain, der neue starke Mann der Deutschen Bank, hat in den vergangenen 15 Monaten einiges dafür getan, um den Deutschen näher zu kommen. Er hat, immerhin, etwas Deutsch gelernt (auch wenn er meist Englisch redet). Er tritt wieder und wieder auf der politischen Bühne in Berlin auf, gemeinsam mit Ministern und Abgeordneten. Er erweckt, wenn er über die Finanzkrise redet, den Eindruck, als sei er nie der Investmentbanker in London gewesen - und als sei ein Teil jener Geschäfte, die auch er im Namen der Deutschen Bank jahrelang vorangetrieben haben, ein wilder Exzess gewesen, der nun einer ernsthaften Korrektur bedarf.

Es seien, hat Jain erst vor ein paar Tagen erklärt, von den Banken Produkte auf den Markt geworfen worden, deren Sinn man ernsthaft bezweifeln müsse. Wohl wahr.

Kann so einer wie Jain künftig allein die Deutsche Bank führen? Kann also jenes Kreditinstitut, das den Namen der Nation in seinem eigenen Firmennamen trägt, von einem ehemaligen Investmentbanker angelsächsischer Prägung geführt werden? Von jemanden, der die Sprache des Landes nur leidlich beherrscht?

Geldinstitut mit politischer Bedeutung

Sollte also Jain, um es auf den Punkt zu bringen, tatsächlich die alleinige Macht anstreben? Die klare Antwort lautet: Nein. Er sollte dies nicht tun. Und das hat mehr mit der Deutschen Bank zu tun als mit der Nationalität von Jain (er ist gebürtiger Inder, besitzt aber inzwischen die britische Staatsbürgerschaft). Es hat mehr mit der politischen Bedeutung dieses Instituts zu tun, das in Deutschland bedeutsamer ist als jedes andere Unternehmen, noch bedeutsamer als Siemens, Volkswagen oder Daimler.

Denn die Deutsche Bank ist und war die einzige Bank der Republik, die jemals globale Bedeutung erlangt hat. Ihre Chefs - von Hermann Josef Abs über Alfred Herrhausen bis hin zu Josef Ackermann - waren schon immer mehr als nur Bankiers. Sie waren Berater der Regierungen, von Kanzlern wie Adenauer, Kohl, Schröder und Merkel. Ja, sie waren bisweilen sogar heimliche Außenminister, deren Reisen und Treffen mit ausländischen Politikern immer wieder nicht nur eine geschäftliche, sondern auch eine politische Bedeutung hatten.

Als Jain sich im vorigen Jahr anschickte, die Führung der Deutschen Bank zu übernehmen, schlug ihm viel Skepsis entgegen. Der smarte, umgängliche Banker musste zu seinem Ärger erleben, dass er immer wieder als "der Inder" abgestempelt wurde; manch unangebrachtes Ressentiment bekam er zu spüren. Die Deutsche Bank war daher - um diese Debatte einzudämmen - klug beraten, ihm die Nachfolge von Josef Ackermann nicht allein zu übertragen, sondern ihm mit Jürgen Fitschen einen Ko-Vorstandsvorsitzenden zur Seite zu stellen.

Die beiden bilden seither ein gut funktionierendes Duo, in dem sie sich die Aufgaben teilen und wechselseitig überlassen. In diesem Duo ist der eine, nämlich Jain, ebenso wenig nur der schnöde Investmentbanker, wie der andere, nämlich Fitschen, nur der Mann für Deutschland und das klassische Privatkundengeschäft. Sie treten immer wieder gemeinsam auf (um zu demonstrieren, dass sie als Doppelspitze vereint agieren), reisen oft aber auch allein um die Welt (was den Vorteil bringt, dass sie sich dann um doppelt so viele Kunden und Projekte kümmern können wie ein alleiniger Vorstandschef).

Vor allem aber: Jain und Fitschen haben es als Duo geschafft, das Image, aber auch den Kurs der Deutschen Bank zu wandeln - ein wenig weg vom Investmentbanking, hin zum klassischen Geschäft. Jain alleine wäre dies nicht gelungen, selbst wenn er genau die gleichen Entscheidungen getroffen hätte wie die beiden zusammen - stets hätte er in den Medien, bei der Politik und bei den Gewerkschaften im Verdacht gestanden, dass er ja in Wahrheit vor allem die Interessen seiner früheren Kollegen in der City of London im Blick habe: den schnellen Handel mit Wertpapieren aller Art, mit riskanten Derivaten und Firmenanteilen, welches der Bank allerdings jahrelang hohe Gewinne eingebracht habe.

All diese Debatten würden wieder aufbrechen, sollte Jain - bei allem verständlichen Ehrgeiz - von 2015 an die Bank alleine führen wollen. Das wäre nicht gut für ihn, und es wäre auch nicht gut für die Deutsche Bank. Die Aufsichtsräte der Bank haben deshalb zu Recht entschieden, den Vertrag von Jürgen Fitschen nochmals verlängern - auch wenn er in zwei Jahren bereits seinen 67. Geburtstag feiert und mithin, wenn sein Vertrag nun bis 2017 verlängert wird, mindestens bis kurz vor seinem 69. Geburtstag im Amt bleibt.

Bei anderen Dax-Konzernen gibt es ausländische Chefs

All das mag, zumal in Zeiten der Globalisierung, ein wenig rückwärtsgewandt klingen. Zurecht kann man fragen: Warum soll bei der Deutschen Bank nicht - wie bei anderen deutschen Dax-Konzernen - ein ausländischer Chef allein an der Spitze stehen? Der Energieriese RWE zum Beispiel wird von einem Niederländer gut geführt, der Henkel-Konzern von einem Dänen und das Medizintechnik-Unternehmen Fresenius Medical Care von einem Amerikaner.

Die Deutsche Bank aber ist und bleibt, zumal im Gefolge der Finanzkrise, ein besonderes Unternehmen. Und deshalb ist eine besondere Lösung, nämlich eine Doppelspitze, derzeit die beste Lösung.

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