Deutsche Bank:Wie die Deutsche Bank um Vertrauen kämpft

Deutsche Bank Announces 2012 Financial Results

Die Deutsche Bank will nun vor allem Vertrauen zurückgewinnen.

(Foto: Getty Images)
  • "Nein, ich mache mir keine Sorgen um die Deutsche Bank." Der Satz von Finanzminister Schäuble sorgte nicht für Vertrauen, sondern für neue Zweifel.
  • Die Bank versucht dem Markt nun zu signalisieren, dass die Nervosität übertrieben ist. Heute stiegen die Kurse deutlich.

Von Cerstin Gammelin, Stephan Radomsky und Meike Schreiber, Frankfurt/Berlin/München

Es ist nur ein einziger Satz, den Wolfgang Schäuble am Dienstag in Paris gesagt hat, doch auch am Tag danach sorgt er in den Türmen der Deutschen Bank bei Mitarbeitern für Irritationen: Warum, um Himmels willen, hat der Bundesfinanzminister diesen Satz gesagt? Ist es in Wahrheit nicht ein schlechtes Zeichen, wenn ausgerechnet er der Bank sein Vertrauen aussprechen muss?

Der Satz, der nicht nur bei Deutschen Bank, sondern auch an den Finanzmärkten viele nervös macht, fällt am Rande des Deutsch-Französischen Wirtschafts- und Finanzministerrats, Schäuble sagt ihn zuerst auf Deutsch und später, als ihn eine Videoreporterin von Bloomberg TV an einem Aufzug abfängt, noch einmal auf Englisch: "Nein, ich mache mir keine Sorgen um die Deutsche Bank." Danach verschwindet er ohne weitere Details im Aufzug.

Bei der Deutschen Bank wird über Schäuble gemurrt

Der Satz, den die Nachrichtenagentur Bloomberg sofort sendet, soll Vertrauen schaffen, aber er bewirkt das glatte Gegenteil: Die Anleger an den Finanzmärkten stoßen noch mehr Aktien der Deutschen Bank ab. Die Preise für Credit Default Swaps, kurz: CDS, für jene komplizierten Wertpapiere also, mit denen man sich gegen eine Pleite der Deutschen Bank versichern kann, schnellen weiter nach oben - ein klares Signal, dass die Anleger an der Solidität der Deutschen Bank zweifeln. Es sollen, so ist am Mittwoch in Finanzmarktkreisen zu hören, auch zahlreiche Hedgefonds unterwegs seien, die auf fallende Kurse bei der Deutschen Bank wetten - und die Aktie "nach unten prügeln", wie es unter Händlern heißt.

Die Anleger irritiert, dass Schäuble sich überhaupt äußert. Ihre Schlussfolgerung: Wenn der Finanzminister eigens vor die Kamera geht, um zu sagen, dass er sich keine Sorgen macht, dann macht er sich welche. Auch bei der Deutschen Bank murren wichtige Menschen, dass der Minister der Bank einen Tort angetan habe. Denn die Lage an den Finanzmärkten ist schon nervös genug, die Sorge über Europas Banken ist in den vergangenen Wochen massiv gewachsen - und sie konzentriert sich seit einigen Tagen eben nicht nur, wie bisher, auf portugiesische, griechische oder italienische Banken, sondern nun auch auf das größte deutsche Geldhaus.

Die Gründe dafür sind vielfältig: Die Deutsche Bank hat vor wenigen Wochen den höchsten Verlust ihrer Geschichte verkündet, die teuren Rechtsstreitigkeiten nehmen kein Ende, die Aufräumarbeiten bei den Affären kommen nicht schnell genug voran. Und am Montag verbreitet dann noch eine Analystenfirma, dass die Deutsche Bank Mühe haben könnte, im nächsten Jahr die Zinsen auf ihre hochverzinslichen Anleihen zu bedienen. Dabei handelt es sich um sogenannte Coco-Bonds, ein neuartiges Finanzinstrument, das im Gefolge der Finanzkrise entwickelt wurde - und die Banken eigentlich stabiler machen soll (siehe Text unten)

Von "hypernervösen" Investoren ist die Rede

. In Berlin mag sich, in solchen Fällen nicht unüblich, am Tag nach Schäubles Bemerkung kaum jemand öffentlich äußern. Die Märkte hätten sich auf die Bank "eingeschossen", heißt es nur hinter vorgehaltener Hand. Von "hypernervösen" Investoren ist die Rede.

Auch über die Rolle von Aufsichtsratschef Paul Achleitner wird gerätselt. Dem sei es, so die Kritik, seit Jahren nicht gelungen, das Geldhaus in ruhiges Fahrwasser zu bringen. Deutlicher wird Martin Wansleben, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), "Uns macht natürlich Sorgen, was da geschieht", sagt er. Die deutsche Wirtschaft mit ihren vielen mittelständischen Firmen brauche starke Banken auf dem Heimatmarkt: "Keine Volkswirtschaft ist so sehr darauf angewiesen, dass Banken ausreichend Darlehen geben." Carsten Schneider, SPD-Vizefraktionschef, appelliert derweil an die Investoren, sie sollten geduldig sein mit der Bank. Vorstandschef Cryan richte das Geschäftsmodell neu aus, damit die Bank ein globaler Player bleiben könne. "Dieser neue Kurs hat begonnen, braucht aber schon aufgrund der Größe der Bank auch Zeit."

Und in Frankfurt? Da lässt man sich keine Zeit, sondern versucht, schnell zu handeln. Zweimal, am Montag und Dienstag, versichert Cryan, dass die Bank ihre hochverzinslichen Anleihen bedienen könne. Die Deutsche Bank sei "grundsolide". Am Dienstagabend legt die Bank dann nochmals nach: Über die Financial Times, das Zentralorgan der Finanzmärkte, lässt sie durchblicken, dass sie einen Teil ihrer Anleihen, die im Kurs stark gefallen sind, zurückkaufen wolle. Die Bank will dem Markt ein deutliches Zeichen geben, und will mit dieser "Notfall"-Aktion (Financial Times) zeigen, dass die Nervosität übertrieben ist - ein Manöver, das am nächsten Tag die Aktie um zeitweise 16 Prozent steigen lässt.

Wieder reagieren die Investoren extrem

Kommentieren will die Bank den Plan am Mittwoch nicht, nach SZ-Informationen geht es aber um Anleihen im Wert von rund vier Milliarden Euro - und zwar ganz normale Anleihen, nicht hochverzinsliche Coco-Bonds. An der Börse verfängt die Nachricht: Wie in den Tagen zuvor reagieren die Investoren extrem, nun aber im positiven Sinne. Auch die Kurse der Coco-Bonds der Bank erholen sich wieder.

Die Turbulenzen rund um die Deutsche Bank sind am Mittwoch sogar im Münchner Landgericht zu spüren, wo eigentlich der Deutsche-Bank-Prozess fortgesetzt werden soll, in dem es um die Pleite des Medienunternehmers Leo Kirch geht. Doch die Verhandlung fällt kurzfristig aus, einer der Richter ist krank. Für Jürgen Fitschen, der die Deutsche Bank gemeinsam mit Cryan führt, ist es ein vertaner halber Tag, mitten in einer Krise, die bei der Deutschen Bank fatal an die schlimmsten Tage 2008 erinnert, musste er die Zentrale verlassen, um nach München zu kommen. Umsonst.

Zumindest vor dem Saal trägt er es mit Fassung. Er berät sich kurz mit seinen Anwälten und geht. Seine Mitangeklagten, alles ehemalige Vorstandskollegen, nehmen es lockerer. Im Treppenhaus stehen sie beisammen, Josef Ackermann etwa, zehn Jahre lang selbst Chef der Deutschen Bank, und Clemens Börsig, der seinerzeit den Aufsichtsrat leitete. Die Kurse der CDS, der Kreditausfallversicherungen, seien auf Finanzkrisen-Niveau, sagt Ackermann. Börsig nickt. Sie schauen ernst, aber nicht sorgenvoll. Es ist nicht mehr ihr Problem, wohl aber das der Bank.

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