Süddeutsche Zeitung

Deutsche Bank:Unmöglicher Job zu vergeben

Das bedeutendste deutsche Geldhaus sucht mal wieder einen neuen Chef. Die Ansprüche sind ähnlich hoch wie beim FC Bayern, das Problem ist nur: Die Bank spielt nicht mehr in der Champions League.

Kommentar von Ulrich Schäfer

Manchmal kann der Name eines Arbeitgebers zur Last werden. Manchmal tut sich ein Unternehmen auch deshalb schwer, einen passenden Chef zu finden, weil der Name für eine gewisse Geschichte steht, für Tradition, Verpflichtung und Anspruch. Bei der Deutschen Bank ist dies nicht sehr viel anders als beim FC Bayern München.

Beim FC Bayern sollte ein Trainer eine komplizierte Mannschaft führen können; er sollte selbstbewusst sein und sich zugleich der Klubführung unterordnen können; er sollte über einen großen Namen verfügen und noch größere Erfolge; und er sollte, weil es sich eben auch um einen sehr bayerischen Verein handelt, bereit sein, sich auf die ganz besondere Folklore des FC Bayern einzulassen, und darüber hinaus die deutsche Sprache zumindest leidlich beherrschen ("Flasche leer!"). Mit anderen Worten: Der bedeutsamste Fußballverein der Republik sucht gerade einen Trainer, den es so nicht gibt - weil ein Heynckes sich nicht unterordnen will, ein Tuchel nicht zur Klub-Folklore passt, ein Hasenhüttl nicht erfolgreich genug ist und die ausländischen Kandidaten zwar oft große Erfolge vorweisen können, aber meist keine Deutsch-Kenntnisse.

Auch die Deutsche Bank, das bedeutendste Geldhaus der Republik, hat einen nahezu unmöglichen Job zu vergeben. Sie sucht einen Chef, der von den Feinheiten des mühseligen Privatkundengeschäfts ebenso viel versteht wie vom gewinnträchtigen Investmentbanking und in der Lage ist, dem Geldhaus wieder eine tragfähige Strategie zu verpassen; und der zudem auch dem ersten Teil des Unternehmensnamens gerecht werden kann.

Denn die Deutsche Bank ist eben auch ein nationales Symbol und eine hochpolitische Bank. Auf Dauer hätte sie keine Zukunft, wenn sie sich allein auf das Business konzentrieren würde und nicht auch enge Kontakte zur Politik pflegen würde. Das war schon zu Zeiten von Hermann Josef Abs der Fall, dem Chef in den 1950er- und 1960er-Jahren, der sogar einmal als Außenminister gehandelt wurde. Es war unter Alfred Herrhausen in den 1980er-Jahren der Fall, der dafür warb, den Entwicklungsländern die Schulden zu erlassen. Und es war selbst unter Josef Ackermann der Fall, der zwar hoch umstritten war, aber der Bundesregierung entscheidend dabei half, in den Jahren 2007 und 2008 die Finanzkrise einzudämmen.

Nach der Finanzkrise bekam die Deutsche Bank dann gleich zwei Chefs, weil einer allein nicht ausreichte, alle Kriterien zu erfüllen: Anshu Jain, des Deutschen nicht wirklich mächtig, stand für das Investmentbanking, Jürgen Fitschen für den Heimatmarkt. Das Experiment scheiterte, weil es an einer klaren Strategie fehlte, mit der auch der starke Mann im Hintergrund zufrieden war: Aufsichtsratschef Paul Achleitner. Er ersetzte die schillernde Doppelspitze 2015 durch John Cryan, einen nüchternen Briten, der gut Deutsch spricht und weniger nach außen, mehr nach innen wirken sollte. Trotz aller Fachkompetenz von Cryan blieben die erhofften Erfolge aus, in seinem Job kam er deshalb nie richtig an - so wie der ruhige Carlo Ancelotti beim FC Bayern.

Anders als der FC Bayern spielt die Deutsche Bank nicht mehr in der Champions League

Wie also geht es nun weiter? Natürlich könnte die Bank jemanden aus dem jetzigen Vorstand berufen. Kandidaten gibt es, aber sie zählten schon in den vergangenen, nicht sonderlich erfolgreichen Jahren zum Teil der Mannschaft. Stattdessen ein großer Name von außen? Das wird schwierig, denn anders als der FC Bayern spielt die Deutsche Bank nicht mehr in der Champions League. So verwundert es kaum, dass der Vize-Chef von Goldman Sachs, ein Brite, abgesagt haben soll. Eine gute Alternative wäre sicher der Chef von Unicredit, der Franzose Jean Pierre Mustier, zumal er mit der Hypovereinsbank, die zu Unicredit gehört, bereits ein deutsches Institut führt. Das Problem bei allen Kandidaten von außen ist, dass die Deutsche Bank - auch aufgrund der öffentlichen Debatte hierzulande - ihrem Chef inzwischen deutlich weniger Geld zahlt als die internationale Konkurrenz.

Bliebe noch ein Kandidat, der öffentlich noch nicht genannt wurde, vor Jahren aber schon mal im Gespräch war: Axel Weber, der ehemalige Bundesbank-Chef. Er ist hoch angesehen, bestens vernetzt und erfolgreich. Josef Ackermann hätte ihn gern schon 2012 zu seinem Nachfolger gemacht, scheiterte damit aber. Als Verwaltungsratschef hat Weber stattdessen die Schweizer Großbank UBS aus der Krise geführt. Mit dieser Erfahrung wäre er heute ein noch besserer Mann für den fast unmöglichen Job bei der Deutschen Bank.

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SZ vom 28.03.2018/vit
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