Deutsche Bank:Tag der langen Gesichter

Deutsche Bank AG Headquarters As Beleaguered Bank Faces More Legal Hurdles

Die Türme der Deutschen Bank in Frankfurt

(Foto: Alex Kraus/Bloomberg)

Viele Jahre lang wurde die Deutsche Bank von ihrer Belegschaft regelrecht ausgeplündert. Nun kappt Bankchef Cryan erstmals die Führungskräfte-Boni. Auch der Vorstand verzichtet auf eine Sonderzahlung.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Day of long faces, kurz "Dolf" oder auf Deutsch: "Tag der langen Gesichter" nennen es die Investmentbanker, wenn sie erfahren, dass ihr Bonus geringer ausfällt als erwartet. Das kam - trotz Finanzkrise und Ertragsschwäche - in den vergangenen Jahren zwar nur gelegentlich vor, musste für erfolgsverwöhnte Banker aber stets ein Schock sein.

Auch bei der Deutschen Bank war am Mittwoch ein "Tag der langen Gesichter" - und zwar der erste seit vielen Jahren. Für 2016 werde die variable Vergütung "deutlich reduziert", teilte Deutschlands größtes Geldhaus mit. 2015 war der Bonustopf - trotz Milliardenverlust - mit 2,4 Milliarden Euro noch gut gefüllt gewesen. Für das Jahr 2016 dürfte er nun um mindestens die Hälfte schrumpfen. "Nun, da wir unser Jahresergebnis und die Belastungen aus dem Vergleich mit dem US-Justizministerium besser absehen können, halten wir harte Maßnahmen für unumgänglich", schrieb Vorstandschef John Cryan an die Mitarbeiter. Außerdem verwies er auf den Abbau Tausender Stellen und auf die Aktionäre, die keine Dividende erhielten.

Überschaubarer Verzicht: Für 2017 will die Bank wieder Boni bezahlen

Nur wenige Stunden zuvor hatte die Bank die offizielle Einigung mit den USA im Hypothekenstreit verkündet. Diesen großen Rechtsfall konnte Cryan nach monatelangen Verhandlungen zwar beilegen. Die Bank muss für die krummen Geschäfte aus der Zeit vor der Finanzkrise jedoch enorme 7,2 Milliarden Dollar Strafe zahlen, was für 2016 wohl erneut Verlust bedeutet.

An hohe Boni ist da nicht zu denken: Außertarifliche Mitarbeiter ab der mittleren Führungsebene bekommen demnach für 2016 keinen individuellen Bonus, auch der gesamte Vorstand verzichtet auf eine variable Vergütung. Betroffen sind rund 25 Prozent der Mitarbeiter des Konzerns. Sie erhalten zwar noch einen Gruppenbonus, der sich am Konzernerfolg bemisst, dessen Höhe aber nicht exorbitant ausfallen dürfte. Darüber hinaus sollen einzelne, für die Deutsche Bank besonders wichtige Mitarbeiter, finanzielle Anreize erhalten, etwa in Form von Aktien, die aber erst nach mehreren Jahren tatsächlich verteilt werden.

Zugleich lobte Cryan die Mitarbeiter: "Wir wissen, wie sehr Sie sich in den herausfordernden Tagen im Herbst - und nicht nur dann - für unser Haus eingesetzt haben." Er plane daher fest damit, für 2017 wieder zur "individuellen erfolgsabhängigen Vergütung" zurückzukehren.

Dafür jedoch muss Cryan die Deutsche Bank erst wieder zum Erfolg führen. Dass das Geldhaus heute in einer so tiefen Krise steckt und im vergangenen Herbst sogar eine staatliche Rettung nötig schien, ist vor allem einem Umstand geschuldet: Die Bank wurde jahrelang von Teilen der Belegschaft regelrecht ausgeplündert. Seit der Finanzkrise zahlte das Geldhaus nur rund vier Milliarden Euro Dividende, schüttete den Investmentbankern aber Erfolgsprämien von insgesamt rund 24 Milliarden Euro aus. Legendär ist der Bonus für einen Derivate-Händler namens Christian Bittar, der alleine 2008 ein Gehaltsextra von rund 50 Millionen Dollar erhielt. Ausgerechnet die Geschäfte der Investmentbanker jedoch zogen wenig später enorme Strafzahlungen nach sich. Mehr als zwölf Milliarden Euro hat die Bank für die Manipulation von Zinsen, Währungen oder Derivaten bezahlt. Nicht von ungefähr prüft der Aufsichtsrat seit Jahren, ob Ex-Manager wie Josef Ackermann oder Anshu Jain im Zusammenhang mit zahlreichen Skandalen ihre Pflichten verletzt haben und deshalb auf Bonusansprüche verzichten müssten.

Kein Wunder also, dass die Entscheidung von den Aktionären begrüßt wurde. "Die Kürzung ist ein notwendiger Schritt zur langfristigen Gesundung der Deutschen Bank, genau wie die Streichung der Dividende", sagte Ingo Speich, Fondsmanager von Union Investment. Nur so könne die Bank die strengen regulatorischen Auflagen erfüllen. Gerade im Vergleich zu ihren großen US-Konkurrenten gilt die Eigenkapitalreserve der Deutschen Bank als dünn. Das macht sie anfälliger für Krisen.

Zupass dürfte dem Geldhaus nun kommen, dass auch andere große Investmentbanken weniger Bonus auszahlen wollen. Morgan Stanley zum Beispiel will die Boni der Investmentbanker um 15 Prozent kürzen; andere Häuser werden folgen. "Dass nun die Boni gekürzt werden, ist ein gutes Zeichen", sagte der Chef eines britischen Aktienfonds, der nicht genannt werden wollte. Wenn daraufhin einige Investmentbanker die Bank verlassen würden, wäre das zudem ein eleganter Weg, die Kosten noch weiter zu drücken.

Wie stark die Banker die Bonus-Entscheidung wirklich trifft, wird jedoch erst bei der Bekanntgabe der Jahreszahlen Anfang Februar klar werden. Im vergangenen Jahr hatte die Bank, als Antwort auf einen gesetzlich vorgeschriebenen Bonusdeckel, bei rund 1100 Mitarbeitern schlankweg die Fixgehälter deutlich erhöht, Kostenpunkt: 300 Millionen Euro. Für jeden einzelnen war das ein Plus von 270 000 Euro.

Vorstandschef John Cryan übrigens muss sich nun mit seinem Grundgehalt von 3,8 Millionen Euro begnügen. Die übrigen zehn Vorstände erhalten jeweils 2,4 Millionen Euro garantiert.

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