Deutsche Bank:Stolz war gestern

Die Mitarbeiter der Deutschen Bank sind stark verunsichert. Nur noch die Hälfte ist stolz, bei dem größten deutschen Geldhaus zu arbeiten.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Fallender Aktienkurs, Pleitegerüchte, neue Skandale: Was viele in der Finanzbranche bereits in der Krise vor zehn Jahren durchgemacht haben, erlebten die Angestellten der Deutschen Bank vergangenes Jahr mit voller Wucht. Kein Wunder, dass immer mehr Mitarbeiter des Geldhauses ihren Arbeitsplatz als unsicher empfinden. Das jedenfalls ergab nach SZ-Informationen die jüngste Mitarbeiterumfrage, deren Ergebnisse die Bank am Montag in ihrem Intranet veröffentlichte.

Demnach halten drei Viertel der Befragten ihren Arbeitsplatz nicht mehr für sicher. Im Vorjahr war dieser Wert noch etwas besser ausgefallen. Außerdem ist gerade einmal die Hälfte der Mitarbeiter stolz darauf, bei Deutschlands größter Bank zu arbeiten, was nur wenig mehr ist als im Vorjahr. Rund 40 Prozent sehen zudem ihre Leistung nicht angemessen honoriert. Der Hintergrund: Nach hohen Verlusten im Jahr 2016 zahlte das Geldhaus für das vergangene Jahr deutlich weniger Boni aus. Außerdem fallen nicht nur Tausende Stellen weg, die Bank überarbeitet derzeit auch erneut die Strategie und integriert zum Beispiel die Postbank. Auch das wird zahlreiche Arbeitsplätze kosten.

Für Vorstandschef John Cryan, der vor genau zwei Jahren die Führung des Geldkonzerns übernahm, sind das ernüchternde Ergebnisse. In der internen Mitteilung schrieb der Brite: "Leider sind immer mehr von Ihnen unsicher, ob Sie Ihre berufliche Zukunft in der Bank sehen, und Sie beklagen, dass in Ihren Augen Leistung nicht angemessen anerkannt und honoriert wird". Auch wenn dies sicherlich "im Kontext der Vergütungsentscheidung zum Jahreswechsel" zu sehen sei, bereitet das der Bankführung große Sorgen. "Denn Wertschätzung und Anerkennung sind für jeden von uns eine Grundvoraussetzung dafür, zufrieden zu sein".

Immerhin: Auf schlechte Leistung und Fehlverhalten wird offenbar konsequenter reagiert

Die jährliche Mitarbeiterumfrage gehört - wie bei anderen Konzernen auch - zu den wichtigen Ritualen des Geldhauses. Auch in den Vorjahren hatte sich die Stimmung bei der einst so stolzen Bank von Jahr zu Jahr deutlich verschlechtert. Viele langjährige Mitarbeiter kündigten. Dieses Jahr nahmen etwa 37 000 der gut 99 000 Beschäftigten an der Umfrage teil. Die etwa 18 000 Postbanker wurden noch nicht einbezogen. Die Tochter organisiert ihre eigene Umfrage.

Bemerkenswert ist auch, dass die Mitarbeiter die komplizierten und langwierigen Entscheidungswege sowie die mangelnde Zusammenarbeit weiter als Belastung empfinden. Cryan hatte zum Amtsantritt versprochen, den Arbeitsalltag in der Bank deutlich zu vereinfachen. Zu spüren ist davon offenbar noch nicht so viel. Tatsächlich erschwert auch die strenge Regulierung viele alltägliche Abläufe, die als vermeintlich gefährlich identifiziert wurden. So dürfen die Mitarbeiter seit einigen Monaten keine Kurznachrichten mehr verschicken, weil diese Art der Kommunikation nicht gespeichert werden kann. Das soll verbotene Absprachen verhindern, erschwert jedoch den Austausch.

Aber es gab auch Lichtblicke: So fühlen sich die meisten Mitarbeiter respektiert. Sie sehen sich nach eigener Aussage auch besser als noch vor einem Jahr in der Lage, Risiken angemessen zu handhaben. Deutlich mehr sind zudem der Meinung, dass auf schlechte Leistung und Fehlverhalten konsequenter reagiert wird als in der Vergangenheit. Auch das ist von enormer Bedeutung für die Bank: So herrschte bei dem Konzern lange Zeit eine Art "organisierte Verantwortungslosigkeit". Im Streben nach Rendite schaute die Führungsriege selten genau hin, auf welchen Wegen die Mitarbeiter die hohen Vorgaben zu erreichen versuchten.

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