Deutsche Bank:Spitzeln mit weiblichen Lockvögeln?

Die Deutsche Bank hat einen Gewerkschafter im Aufsichtsrat bespitzeln lassen. Offenbar war das von Josef Ackermann geleitete Institut auch in anderen Fällen nicht zimperlich.

Als mutmaßlicher deutscher Meister in Sachen Bespitzelung galt bislang die Deutsche Telekom. Der Staatsanwalt geht Hinweisen und Indizien nach, wonach das Unternehmen systematisch eigene Mitarbeiter ausgeforscht hat, darunter auch Aufsichtsräte. Auch bei der Deutschen Bahn gibt es Belege für ähnliche Praktiken.

Deutsche Bank: Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann: Die Gewerkschaft fordert eine persönliche Entschuldigung von ihm.

Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann: Die Gewerkschaft fordert eine persönliche Entschuldigung von ihm.

(Foto: Foto: Reuters)

Diese beiden Firmen gehören zur Einflußsphäre des Staates. Nun aber macht ein Unternehmen von sich reden, dass auch den Zusatz "Deutsche..." führt, gleichwohl aber private Aktionäre hat: die Deutsche Bank.

Das größte Geldinstitut des Landes hat einen ehemaligen Gewerkschaftsvertreter in ihrem Aufsichtsrat von Detektiven bespitzeln lassen. Gerald Herrmann von der Gewerkschaft Verdi erklärt, die Bank habe ihn vor einigen Tagen darüber informiert - leider erst Jahre nach dem Vorfall. Laut Spiegel ließ die Deutsche Bank auch Vorstände und einen kritischen Aktionär von einer Detektei durchleuchten.

Kritik an Renditezielen

Die Deutsche Bank habe sich bei ihm "formell und förmlich" für die Bespitzelung im Jahr 2001 entschuldigt, sagt Herrmann. Der damalige Verdacht, er habe Geschäftszahlen weitergegeben, habe sich nicht erhärtet, seine Bespitzelung sei nach kurzer Zeit beendet worden. "Damals hätte man mich informieren müssen, doch das hat niemand getan", so der Gewerkschafter. "Das stößt schon bitter auf."

Er sei bespitzelt worden, weil er damals die Renditeziele der Bank kritisiert hatte, die gleichzeitig Stellen strich, sagte Herrmann, der bis 2003 im Aufsichtsrat der Bank saß. "Ich bin empört und halte das in jeder Hinsicht für unangemessen." Er forderte eine persönliche Entschuldigung von Bank-Chef Josef Ackermann.

Die Deutsche Bank hatte Ende Mai mögliche Datenschutzverstöße in früheren Jahren eingeräumt. Sie informierte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), die eine Sonderprüfung anordnete. Die Ergebnisse dieser Prüfung liegen noch nicht vor.

Weibliche Lockvögel

Der Spiegel berichtete unter Berufung auf einen internen Prüfbericht einer mit den Untersuchungen betrauten Anwaltskanzlei, 2006 seien auch Vorstände wegen des Verdachts bespitzelt worden, sie hätten Kontakte zu dem ehemaligen Medienunternehmer Leo Kirch. Kirch macht die Deutsche Bank für den Zusammenbruch seiner Firmengruppe verantwortlich und überzieht das Institut daher mit Klagen.

Auch der kritische Aktionär Michael Bohndorf sei im Auftrag der Bank beschattet worden, so der Spiegel. Die Detektive hätten Bewegungsprofile erstellt und untersucht, wann er sich mit wem traf. Sie hätten auch nach persönlichen Schwächen gesucht und weibliche Lockvögel eingesetzt.

Die Deutsche Bank wollte den Spiegel-Bericht nicht kommentieren. Sie wolle den Ergebnissen der BaFin-Prüfung nicht vorgreifen, sagte ein Sprecher.

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