Der Aufsichtsrat der Deutschen Bank hat den Vertrag von Vorstandschef Christian Sewing überraschend frühzeitig ein zweites Mal verlängert. Sewing, der seit 2018 an der Spitze von Deutschlands größter Bank steht, soll das Geldhaus nun bis 2029 führen. Damit verlängert sich sein Vertrag um weitere drei Jahre, nachdem die bisherige Laufzeit 2026 geendet hätte.
„Christian hat die erfolgreiche Transformation der Deutschen Bank seit 2018 vorangetrieben und die Profitabilität und die Ausschüttungen an unsere Aktionäre deutlich gesteigert“, sagte Aufsichtsratschef Alexander Wynaendts. „Wir im Aufsichtsrat sind überzeugt, dass Christian der Richtige ist, um die Bank durch die nächste Phase ihrer Strategie zu führen.“ Sewing hatte jüngst weitere Sparmaßnahmen angekündigt und will „den ein oder anderen Bereich aufgeben“. Auch Künstliche Intelligenz und Big Data sollen Einsparpotenziale erschließen. Es gebe keine Denkverbote.
Sewings Bilanz fällt bislang allerdings gemischt aus. Es gelang ihm noch nicht, die Bank nachhaltig effizient aufzustellen. Zudem gab es zuletzt immer wieder Strafen für fragwürdige Geschäfte oder technische Probleme, insbesondere bei der IT-Integration der Postbank. Auch ein teurer Rechtsstreit mit ehemaligen Postbank-Aktionären wurde von der Bankführung falsch eingeschätzt. Gleichzeitig bleibt die Deutsche Bank weiterhin stark abhängig vom schwankungsanfälligen Investmentbanking. Auf der anderen Seite hat sich der Aktienkurs – im allgemein positiven Marktumfeld – zuletzt deutlich erholt. Das dürfte Sewing die nötige Rückendeckung für die Vertragsverlängerung verschafft haben.
Auch der Vertrag von Fabrizio Campelli, Chef der Unternehmens- und Investmentbank, wurde um drei Jahre bis Oktober 2028 verlängert. Zudem erhält die Deutsche Bank im kommenden Jahr einen neuen Finanzvorstand: Der langjährige Amtsinhaber James von Moltke, zuletzt auch Vizevorstandschef, habe angekündigt, seinen im Juni 2026 auslaufenden Vertrag nicht zu verlängern. Sein Nachfolger wird Raja Akram, der zum 1. Oktober von Morgan Stanley zur Deutschen Bank wechselt. Akram, derzeit stellvertretender Finanzchef der US-Investmentbank, soll im Januar 2026 in den Vorstand aufrücken und im ersten Halbjahr 2026 von Moltke ablösen. Zuvor war er für die Citigroup tätig. Nach seinem Wechsel zur Deutschen Bank werde er seinen Sitz in Frankfurt haben und will dem Vernehmen nach auch Deutsch lernen.
Darüber hinaus verlässt Rechtsvorstand Stefan Simon die Bank zum 30. April, wie es in einem Nebensatz der Pressemitteilung hieß – offiziell „aus persönlichen Gründen“. Ob er seinen bis Sommer 2026 laufenden Vertrag ausbezahlt bekommt, dazu gab es keine Angaben. Unternehmensinsider machen Simon mitverantwortlich für den verlorenen Rechtsstreit mit ehemaligen Postbank-Minderheitsaktionären. Die Bank hatte sich jahrelang gegen Forderungen gewehrt und letztlich 900 Millionen Euro zahlen müssen. Bis ins Frühjahr 2023 hatte die Führung der Deutschen Bank noch behauptet, in diesem Verfahren über eine starke Position zu verfügen und daher keine Rückstellungen zu benötigen. Als ein unerwartetes Gerichtsurteil die Bank eines Besseren belehrte, brach der Aktienkurs an einem einzigen Tag um rund neun Prozent ein. Schließlich musste die Bank einen teuren Vergleich schließen, der das Jahresergebnis 2024 erheblich belastete.
Da Simon auch für das Amerika-Geschäft zuständig war, übernimmt Investmentbankvorstand Campelli nun zusätzlich dessen Aufgabe dort und gewinnt damit weiter Einfluss. In Kürze soll zudem ein neuer lokaler Vorstandschef für die Region Amerika ernannt werden, der direkt an Campelli berichten wird. Sewings Zuständigkeit erweitert sich ebenfalls: Er übernimmt zusätzlich die Verantwortung für den Rechtsbereich, obwohl er kein Jurist ist. Bereits vor zehn Jahren hatte Sewing kurzfristig die Rolle des Rechtsvorstands inne. Jetzt scheint er diese Aufgabe dauerhaft übernehmen zu wollen, was angesichts der zahlreichen rechtlichen Herausforderungen der Deutschen Bank eher überraschend ist.
Auch im Aufsichtsrat stehen Wechsel an: So werden Theodor Weimer, der frühere Chef der Deutschen Börse, und die Finanzexpertin Dagmar Valcárcel, dem Vernehmen nach auf der Hauptversammlung im Mai nicht erneut zur Wahl antreten und die Bank verlassen. Zuerst hatte darüber das Handelsblatt berichtet.