Süddeutsche Zeitung

Deutsche Bank:Seminar in der Schweiz

Mitarbeiter des Instituts haben immer wieder versucht, Kunden mit Gefälligkeiten zu locken.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Wenn der frühere SPD-Chef Sigmar Gabriel im Mai in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank gewählt wird, dann muss er sich erst einmal einen Überblick verschaffen: Die Deutsche Bank ist wahrscheinlich deutlich schwerer zu kontrollieren als die bundeseigenen Förderbank KfW, der er als Verwaltungsratschef vorstand. Es ist ungefähr so, als würde man vom einfachen Streifenpolizist plötzlich zum Kriminalhauptkommissar befördert.

Wie schwer das ist, das zeigt - einmal mehr - ein Fall, der zwar einige Jahre zurückliegt, der aber in einer internationalen Bank mit Vermögensverwaltung und Investmentbanking immer wieder vorkommen kann - vor allem dann, wenn Ertragsdruck auf schwache Kontrollsysteme trifft. Die Sache spielte 2011 und 2012, beschäftigt aber bis heute die Frankfurter Staatsanwaltschaft, die deswegen seit 2016 wegen Bestechung und Untreue gegen zwei Ex-Mitarbeiter der Bank ermittelt. Wie die Financial Times (FT) berichtet, geht es erneut darum, wie das Geldhaus versucht hat, mit Sonderzahlungen, Vermittlung von Praktika und Geschenken, Geschäfte an Land zu ziehen. Erst im Herbst 2019 zahlte die Bank im Rahmen eines Vergleiches 16 Millionen Dollar an die US-Börsenaufsicht SEC, weil das Institut in China und Russland jahrelang Kinder ("Prinzlinge") von Politikern und Unternehmenschefs eingestellt hatte, um an Aufträge heranzukommen. Der nun bekannt gewordenen Fall - den die Bank ausnahmsweise selbst aufgeklärt hat - rankt sich um die Umstände des Vermögensverwaltungsmandat eines Mitglieds der saudischen Königsfamilie. Nach SZ-Informationen handelt es sich bei dem Kunden um Mohammad Bin Naif Bin Abdulaziz Al Saud, früher Innenminister und Kronprinz von Saudi-Arabien. Laut FT verfügte der Kunde über ein Vermögen von bis zu 500 Millionen Dollar, war also entsprechend interessant für die Deutsche Bank. Im April 2011 hieß es indes, für die kurz zuvor erfolgte Vermittlung dieses Mandats müsse das Institut eine Gebühr an eine Frau namens Sara A. entrichten, die sich später auf 1,1 Millionen Dollar summierten. Die Ehefrau des Vermögensverwalters des Scheichs, "unterhalte über ihren Vater Kontakt zur saudischen Königsfamilie", heißt es in internen Unterlagen, die der SZ vorliegen. Solche Vermittlerprämien sind üblich, allerdings nicht im Nachhinein und schon gar nicht ohne Gegenleistung. Obwohl diese Prämie also gegen die internen Vorgaben der Bank verstießen, genehmigten Mitarbeiter die Zahlung. Wie aus den Unterlagen hervorgeht, zahlte die Bank nicht etwa an ein normales Konto der Frau, sondern an eine Gesellschaft namens "Sara Consult International Limited" im Steuerparadies BVI. Aufgesetzt wurde die Gesellschaft von Regula, die als frühere Tochterfirma der Bank bei etlichen Briefkastenfirmen des Instituts zeichnungsberechtigt war. Die Prämie war nicht die einzige Gefälligkeit: Die Deutsche Bank lud laut FT außerdem die Tochter des Vermögensverwalters zu einem Seminar für Kinder von Superreichen im Schweizer Skigebiet St. Moritz ein und verschaffte seiner Nichte ein Praktikum in der Rechtsabteilung der Bank in London, nachdem der Verwalter mit dem Ende der Geschäftsbeziehung gedroht hatte.

Der Fall kam heraus, als die Bank 2014 die "Prinzlinge-Affäre" untersuchen ließ. Nach Abschluss der Untersuchung mussten sechs Mitarbeiter die Bank verlassen. Zwei deutsche Mitarbeiter zeigte die Bank bei der Frankfurter Staatsanwaltschaft wegen Bestechung an. Das Institut teilte mit, es handele sich um das "Fehlverhalten einzelner Personen, die damit gegen die Richtlinien verstoßen haben". Man habe den Fall den Aufsichtsbehörden und den Kunden gemeldet, die entsprechenden Konsequenzen für die Mitarbeiter gezogen und sichergestellt, dass sich Ähnliches nicht wiederholt.

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SZ vom 28.01.2020
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