Süddeutsche Zeitung

Finanzindustrie:Deutsche Bank will Boni für Investmentbanker erhöhen

Kaum schafft die Bank mal einen Quartalsgewinn, verspricht sie ihren Top-Managern höhere Bonuszahlungen. Aber ob die Bankenaufseher da mitmachen?

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Vermutlich war es anders gemeint, aber trotzdem traf Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing ins Schwarze, als er das Quartalsergebnis des Konzerns am Mittwoch wie folgt zusammenfasste: Das "fokussierte" Geschäftsmodell zahle sich aus und man erwarte, dass sich ein erheblicher Teil der Ertragssteigerungen als nachhaltig erweisen werde. Zur Erinnerung: Der Plan war eigentlich, die Deutsche Bank auf solidere Füße zu stellen, was in erster Linie heißen sollte: deutlich weniger abhängig zu sein vom Investmentbanking. Jetzt, nach acht Monaten Ausnahmezustand wegen Corona zeigt sich, dass die Deutsche Bank im Kern nach wie vor und in erster Linie das ist, was sie seit dreißig Jahren ist: eine internationale Investmentbank, deren Schicksal vor allem von den Schwankungen an den Märkten abhängt und die damit seit Jahren fast durchgängig Verluste machte.

Weil nun aber während Corona die Kurse an den Anleihemärkten stark schwankten und sich zudem viele Unternehmen frische Liquidität besorgen oder sich gegen Preissteigerungen absichern mussten, lief das Kapitalmarktgeschäft zur Abwechslung halbwegs rund und verhalf der Deutschen Bank im dritten Quartal zu einem Gewinn: Unter dem Strich, also nach Abzug von Zinsen für Nachranganleihen, stand ein Gewinn von 182 Millionen Euro, mehr als Analysten erwartet hatten. In der "Unternehmensbank" hingegen, die Sewing im Sommer 2019 als das neue Herzstück der Bank präsentiert hatte, weil dort vor allem heimische Mittelständler bedient werden, gingen die Erträge zurück; auch im Privatkundengeschäft wuchs die Bank nicht. Noch immer ist das Investmentbanking also der größte Ertragsbringer.

Ganz offensichtlich funktionieren aber die üblichen Reflexe, wonach die Investmentbanker nun sogleich belohnt werden wollen. Man plane Bonuserhöhungen für Investmentbanker mit Top-Performance, nachdem die Erträge aus dem Anleihehandel um 47 Prozent gestiegen sind, sagte Finanzchef James von Moltke der Nachrichtenagentur Bloomberg. "Ein Unternehmen wie unseres muss in der Lage sein, konkurrenzfähige Performance zu honorieren", sagte er. Auch 2019 hatten noch 583 Mitarbeiter mehr als eine Million Euro verdient, der Großteil im Investmentbanking.

Eigentlich empfiehlt die EZB, mit Bonuszahlungen "extrem moderat" umzugehen

Die Aussagen von Moltke sind auch deshalb erstaunlich, weil die Bankenaufseher der Europäischen Zentralbank (EZB) die Institute mehrfach aufgefordert hatten, angesichts der Corona-Krise "extrem moderat" mit Bonuszahlungen umzugehen, um die Reserven für die volkswirtschaftlich wichtige Kreditvergabe zu schonen. Schließlich müssen auf Geheiß der EZB auch die Aktionäre auf Dividenden verzichten. Zudem weiß niemand, wie lange die Krise anhält. In vielen Ländern steht ein zweiter Lockdown bevor, zugleich laufen viele Hilfsprogramme für Unternehmen aus, Kreditausfälle werden zunehmen. Dem Vernehmen nach wird die EZB die von ihr beaufsichtigten Banken daher nun erneut auffordern, bei den Boni maßzuhalten.

Fraglich ist auch, ob die Leistung der Investmentbanking-Sparte wirklich so herausragend war. Dazu muss man wissen, dass das Geldhaus im Sommer 2019 viele Milliarden verlustreicher Geschäfte aus der Abteilung in eine interne "Bad Bank" ausgelagert hat. Die Verluste dieser Bad-Bank-Einheit (rund 427 Millionen im Quartal) muss man also streng genommen vom Gewinn der Investmentbank (fast 957 Millionen Euro) abziehen. Aber auch ohne diesen Abzug erreichte die Sparte nur eine Eigenkapitalrendite von 11,6 Prozent, deutlich weniger als viele Konkurrenten - und unter dem Strich schaffte der Konzern in den ersten neun Monaten gerade mal 0,2 Prozent Eigenkapitalrendite. Auch nachhaltig dürfte das Ergebnis kaum sein. Finanzchef Moltke räumte jedenfalls ein, im kommenden Jahr werde sich das Anleihegeschäft wohl wieder "normalisieren". Noch etwas deutlicher formulierte es die Bank im ausführlichen Zwischenbericht: Das Marktumfeld im Investmentbanking bleibe dieses Jahr "höchst unsicher", hieß es dort.

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