Deutsche-Bank-Prozess:Wie Fitschen seinen Ruf retten will

  • Der scheidende Co-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, sagt im Deutsche-Bank-Prozess im Fall Kirch aus.
  • Fitschen und den mitangeklagten Top-Managern wird versuchter Prozessbetrug vorgeworfen. Sie sollen in einem ersten Prozess im Fall Kirch falsche Angaben gemacht haben.
  • Im ersten, bereits abgeschlossenen Verfahren war es um die Frage gegangen, ob der damalige Deutsche-Bank-Chef Breuer den Medienmagnaten Kirch 2002 mit einem TV-Interview unter Druck setzen wollte. Der Verdacht: Die Bank soll Kirchs Kreditwürdigkeit angezweifelt haben, um an der Zerschlagung des Medienimperiums zu verdienen.

Aus dem Gericht von Stephan Radomsky

Chef der Deutschen Bank spricht vor Gericht

Jürgen Fitschen erscheint als erster der fünf Angeklagten im Münchner Verhandlungssaal. Er wirkt konzentriert, aber nicht angespannt. Am sechsten Verhandlungstag soll der Noch-Co-Chef der Deutschen Bank dem Gericht seine Sicht der Dinge schildern. Es soll der Auftakt zur Rettung seines Rufs sein.

Zunächst ist aber ein anderer dran: Clemens Börsig, ehemals Finanzvorstand und später Aufsichtsratschef der Bank, stellt sich den Fragen der Staatsanwaltschaft. Den Anklägern geht es um die Frage, ob die Bank von Kirch einen Auftrag haben wollte, dessen Konzern zu "restrukturieren" - ihn also zu zerschlagen und gewinnbringend zu veräußern.

Anschließend ist Fitschen an der Reihe. Er rekapituliert die entscheidende Vorstandssitzung vom 29. Januar 2002. Seine Erinnerung an die Sitzung unterscheidet sich von der seiner vier Mitangeklagten. Fitschen hat bereits in einem anderen Verfahren ausgesagt, dass er es so verstanden habe, dass der damalige Bankchef Ernst Breuer sehr wohl an Kirch herantreten wollte um zu erfahren, ob Kirch - der auch ein großer Schuldner der Deutschen Bank war - an solch einem Auftrag interessiert sei.

"Ich bleibe bei meiner ersten Aussage", sagt Fitschen. "Ich kann nichts anderes aussagen als das, woran ich mich erinnert habe. Und das gilt bis heute." Jetzt ist die Entspannung verflogen: Der Noch-Co-Chef des größten deutschen Kreditinstituts sitzt aufrecht in der letzten Reihe der Anklagebank. Er ist völlig aufmerksam, spricht leise, seine Antworten sind knapp. Es wirkt, als wolle er sich abheben von den anderen Angeklagten. Börsig und Ex-Vorstand Tessen von Heydebreck hatten zuvor teilweise bei ihren Antworten weit ausgeholt. Die beiden Ex-Bankchefs Breuer und Josef Ackermann wollten dagegen keine Fragen beantworten.

Hintergrund des Prozesses

Anfang 2002 hatte der damalige Bankchef Rolf-Ernst Breuer mit einem TV-Interview über die finanzielle Lage des Medienmagnaten und Kreditkunden Leo Kirch den Schlamassel um die Kirch-Gruppe ausgelöst. Später kam der Verdacht auf, Breuer habe den Medienunternehmer Kirch mit dem Interview unter Druck setzen wollen, um dessen Konzern anschließend gewinnbringend zerschlagen zu können.

Im ersten Prozess in der Causa Kirch wurde die Bank zu Schadenersatz verurteilt und zahlte schließlich in einem Vergleich 925 Millionen Euro an die Erben Kirchs und dessen Gläubiger. Weil das Oberlandesgericht den Angaben der Bank und der Banker im Schadenersatzprozess nicht glaubte, lautet der Vorwurf im aktuellen Verfahren nun auf versuchten Prozessbetrug. Ingesamt stehen fünf ranghohe Deutsche-Bank-Manager vor Gericht, unter ihnen zwei ehemalige und ein aktueller Chef der Deutschen Bank.

Bankenchef in Frankurt, Angeklagter in München

Fitschen ist der vergleichsweise am schwächsten Beschuldigte. Die Anklage wirft ihm vor allem vor, dass er später, nach Amtsantritt als Chef der Deutschen Bank, die falschen Aussagen nicht korrigiert habe. "Mein Grundverständnis ist, dass das Gericht von mir erwartet, dass ich wiedergebe was ich in Erinnerung habe - und nichts weiter", sagt Fitschen. Deshalb habe er vor seiner ersten Aussage auch nichts weiter getan, als sich das Protokoll der umstrittenen Sitzung anzusehen. Keine Absprache mit den Kollegen, kein Briefing durch die Juristen des Hauses.

Wie es zu den Unterschieden in seiner Aussage im Vergleich zu den anderen komme, könne er nicht erklären. "Ich kann doch nicht behaupten, dass ich die Wahrheit für mich gepachtet habe - und meine Kollegen etwas Falsches ausgesagt haben." Und überhaupt: Es ging doch - zumindest aus damaliger Sicht - nur um Details.

Chef auf Zeit

Seit Anfang Juni ist Fitschen nur mehr Vorstandschef auf Zeit. Nach monatelanger Kritik von Investoren und Öffentlichkeit haben die beiden Co-Vorstandschefs Fitschen und Anshu Jain ihren Rückzug von der Konzernspitze bekanntgegeben. Jain geht zum 1. Juli, Fitschen im Mai kommenden Jahres. Solange wird er sich die Chefposition mit dem Briten Jon Cryan teilen, danach übernimmt dieser alleine. Bis ins Frühjahr 2016 wird Fitschen eine Doppelrolle ausfüllen müssen: Bankenchef in Frankurt, Angeklagter in München.

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