Deutsche Bank:Ohne Bonus macht kein Investmentbanker die Finger krumm

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Deutsche Bank in Frankfurt am Main (Archivbild) (Foto: REUTERS)

Deutsche-Bank-Chef John Cryan sind die hohen Einkommen seiner Manager ein Ärgernis. Die aber leben nach dem Motto: Boni her - oder ich bin weg.

Kommentar von Meike Schreiber, Frankfurt

Wenn John Cryan spricht, muss man genau hinhören. Das liegt nicht nur an der leisen Stimme des neuen Co-Chefs der Deutschen Bank, sondern auch an dem, was er sagt. Jeder Satz ein Peitschenhieb: Knöpfte er sich bei der ersten Pressekonferenz die "lausige" IT der Bank vor, war es am Montag die "zu hohe Bezahlung" der Banker.

Um die Dimension dieser Aussage zu verstehen, muss man wissen, wie Banker ticken. Während Arbeitnehmer in anderen Branchen auch ohne Bonus ihre Arbeit abliefern, einfach weil sie einen guten Job machen wollen, halten sich Banker auch im Jahr sieben nach der Finanzkrise für Unternehmer in der eigenen Firma. Entsprechend dieser Logik fordern sie einen Teil des vermeintlich selbst erwirtschafteten Gewinns für sich, während für die Verluste die Aktionäre oder im schlimmsten Fall die Steuerzahler haften müssen.

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Von Meike Schreiber, Frankfurt

Vor allem im Investmentbanking lassen sich die Bankchefs seit Langem auf dieses Spiel der Mitarbeiter ein. Wer nicht mitspielt, wird erpresst: Denn wenn der Bonus einmal schmaler ausfällt, ziehen die Banker-Söldner einfach ein Haus weiter. Ohne die Aussicht auf die Bonus-Karotte macht man in diesen Kreisen keinen Finger krumm.

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Es handelt sich um ein Marktversagen, das die Politik zu Recht versucht hat einzudämmen, allerdings, indem sie Obergrenzen für Boni einzog. Das aber hatte lediglich zur Folge, das die Banken die Fixgehälter kräftig anhoben. Als Antwort auf den Bonusdeckel erhöhte zum Beispiel die Deutsche Bank im vergangenen Jahr bei 1100 Mitarbeitern die Fixgehälter, Kostenpunkt: 300 Millionen Euro. Für jeden Einzelnen war das ein Plus von 270 000 Euro. Samt Boni verdienten 2014 mehr als 800 Angestellte des Instituts pro Person mehr als eine Million Euro, davon mehr als 250 zwischen zwei und neun Millionen Euro.

Das ist ein Missverhältnis, das sich erstaunlicherweise noch viele Aktionäre bieten lassen und das mit dem von den Banken vielfach gepredigten Shareholder Value nichts mehr zu tun hat: Denn bevor die Aktionäre ihren Anteil des Gewinns abschöpfen, stecken ihn sich die Banker in die eigene Tasche. Zwei bis drei Milliarden Euro waren zuletzt Jahr für Jahr für Boni der Investmentbanker reserviert, während sich die Aktionäre der Deutschen Bank mit nur einem Bruchteil für die Dividende zufriedengaben. Für die wichtige Verbesserung der Kapitalausstattung des Instituts blieb am Ende sowieso nichts Wesentliches mehr übrig.

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Wie der dümpelnde Aktienkurs zeigt, haben zwar viele Aktionäre inzwischen mit den Füßen abgestimmt, den verbleibenden aber ist kein großer Widerstand mehr zuzutrauen. Es gibt den klugen Vorschlag, die Aktionäre auf der Hauptversammlung konkret über den Bonuspool abstimmen zu lassen. Dafür müsste man die Boni - der Logik der Banker folgend - einfach der Gewinnverwendung zurechnen und nicht den Betriebskosten. Doch auch dann käme es kaum zu einer Revolte. Als die Deutsche Bank jüngst ihre Aktionäre (wie vorgeschrieben) über den neuen Bonusdeckel abstimmen ließ, winkten die Investoren den vorgeschlagenen hohen Deckel glatt durch.

Die anhaltende Lethargie der Eigentümer hat mehrere Gründe. Einer ist, dass die meisten Fondsmanager aus dem gleichen System stammen, auch in ihrer Vorstellungswelt gibt es keine Anstrengung ohne hohe pekuniäre Anreize. Und: Weil die Söldner-Mentalität tief verankert ist im Denken vieler Protagonisten, werden sie jede Möglichkeit wahrnehmen, in eine Schattenbank zu wechseln, zu einem Hedgefonds oder in die Private-Equity-Branche. Dort wird weniger reguliert und mehr verdient. Und tatsächlich werden auch viele Mitarbeiter der Deutschen Bank dieses Erpressungspotenzial nutzen. Denn wenn die Bank wirklich die europäische Antwort zu den Wall-Street-Banken sein will, die erste Anlaufadresse also für Europas Konzerne, dann wird sie die Profis an sich binden wollen. Gerade erst wurden Banker von Goldman Sachs und JP Morgan abgeworben, die sich wohl die Augen gerieben haben, als sie Cryans Worte hörten.

Das bittere Fazit: In der Branche wird einer wie John Cryan wohl vorerst ein Außenseiter bleiben. Schließlich hat er nicht nur gesagt, dass Banker zu viel verdienten, er betont auch, selbst keinen Bonus zu brauchen. Ob aber der Chef das auch auf seine Mannschaft übertragen kann, wird sich im März zeigen, wenn die Bank über die Bonus-Höhe entscheidet. Für das Verlustjahr 2015 wird er eine Kürzung wohl noch durchsetzen können, aber was ist, wenn die Bank wieder Gewinne macht?

© SZ vom 25.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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