Deutsche Bank:Kein Bonus für die Chefs

Die Vorstände des größten deutschen Finanzinstituts verzichten für das vergangene Geschäftsjahr auf Zulagen. Eine richtige Entscheidung, kommentiert die Gewerkschaft. Dafür kassiert die Belegschaft allerdings deutlich mehr als erwartet.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Die Einsicht kam spät, aber sie kam: Nach mehreren Wochen Zögern und massiver öffentlicher Kritik verzichtet der Vorstand der Deutschen Bank auch in diesem Jahr auf seinen Bonus. Schließlich gibt es weder viel zu verteilen, noch groß etwas zu belohnen: Der Konzern hat 2017 das dritte Jahr in Folge Verlust gemacht. Die variable Vergütung für die Mitarbeiter hingegen werde wie geplant gezahlt, sagte Konzernchef John Cryan am Wochenende auf einer Veranstaltung in Austin Texas.

Während der Vorstand also leer ausgeht, kann sich die Belegschaft auf höhere Zulagen einstellen, als erwartet. Dem Vernehmen nach geht es um einen Betrag von etwas mehr als zwei Milliarden Euro. Es sei nicht ganz so viel wie 2015, als die Bank 2,4 Milliarden ausgezahlt hatte, aber mehr als 2016. Die genaue Zahl wird die Bank am 16. März in ihrem Geschäftsbericht veröffentlichen. Bankkreisen zufolge fließt rund die Hälfte davon an die mehr als 10 000 Investmentbanker, die andere Hälfte geht unter anderem an Mitarbeiter im Privat- und Firmenkundengeschäft. Bisher war der gesamte "Bonus-Pool" für die 100 000 Konzernmitarbeiter auf gut eine Milliarde Euro taxiert worden.

Deutschlands größte Bank hatte 2017 knapp eine halbe Milliarde Euro Verlust (minus 497 Millionen Euro) gemacht. Schuld waren Abschreibungen infolge der US-Steuerreform (wofür die Bank nichts konnte), aber es lag auch generell an schlechteren Geschäften im Investmentbanking. Zudem bekam Cryan, der 2015 eigentlich als Sanierer angetreten war, die Kosten des Konzerns nicht in den Griff.

Verlust und trotzdem Bonus? Das hatte zuletzt für Kritik von Politik und Aktionären gesorgt

Dass die Bank in dieser Situation überhaupt Boni ausschütten will, hatte vor wenigen Wochen für Kritik von Politik und Aktionären gesorgt. Cryan verteidigte die Maßnahme nun erneut als "Investition". Gerade jetzt, da die Bank um Marktanteile kämpfe, müsse man in Talente investieren um wettbewerbsfähig zu bleiben. Er machte aber auch klar, dass sich so etwas nicht wiederholen könne, wenn es bei den Geschäften keine Wende zum Besseren gebe. Das steht weiterhin aus: Auch in den ersten beiden Monaten des Jahres hat die Bank laut des Datendienstleisters Dealogic Marktanteile in wichtigen Bereichen des Investmentbankings verloren.

Die Geduld der Aktionäre wurde in den vergangenen Jahren ohnehin auf die Probe gestellt. Seit der Finanzkrise zahlte das Geldhaus nur rund vier Milliarden Euro Dividende an die Aktionäre, schüttete den Investmentbankern aber Erfolgsprämien von knapp 24 Milliarden Euro aus. Die vielen Milliarden, die das Institut in den vergangenen Jahren über Kapitalerhöhungen bei den Anteilseignern eingesammelt hatte, flossen damit quasi direkt in die Taschen der Banker, ohne dass dabei viel herauskam: 2016 fiel der Aktienkurs auf ein Rekordtief, man war fast ein Fall für Staatshilfe. So mancher Aktionär wird sich fragen, ob die Bank nach jahrelangem Niedergang weiter in eine wenig erfolgreiche Investmentbank investieren sollte.

Anteilseigner begrüßten daher, dass zumindest der Vorstand auf Boni verzichtet. "Auch wenn das in der Summe nicht so viel ausmacht: Es ist trotzdem die richtige Entscheidung", sagte der Vertreter eines Großaktionärs, der nicht genannt werden wollte. Das Management habe schlichtweg nicht die Leistung gezeigt, die einen Bonus gerechtfertigt hätte. Auch von Gewerkschaftsseite kam Zustimmung zum Verzicht. "Das ist mit Blick auf die öffentliche Diskussion der letzten Wochen eine angemessene Entscheidung", sagte Jan Duscheck, Bankenexperte von Verdi.

Dem Vernehmen nach hätten die zwölf Vorstände rein formal Anspruch auf eine Extrazahlung gehabt, weil sie bestimmte Ziele erfüllt hätten, sich aber nach längerer Diskussion entschieden, zu verzichten. Ohnehin kassieren die Spitzenmanager der Bank ein hohes Fixgehalt, zumindest verglichen mit anderen Dax-Managern. Bankchef Cryan bekam zuletzt 3,4 Millionen Euro, seine Stellvertreter Marcus Schenck und Christian Sewing jeweils drei Millionen Euro. Hinzu kommen üppige Pensionsleistungen. Weil die Vorstände bereits seit drei Jahren auf die Boni verzichten, hatten einige von ihnen nun aber auf ein Ende der Nullrunde gehofft. Es müsse auch "für die nächsten Generationen immer noch einen Anreiz geben, in den Vorstand aufzusteigen - auch finanziell", hatte zum Beispiel Nicolas Moreau, Vorstand der Vermögensverwaltung, kürzlich im Interview mit der Süddeutschen Zeitung gesagt.

Auch mit Blick auf den geplanten Stellenabbau sind die Boni kritisiert worden. Weil die Deutsche Bank die Postbank in den Konzern integriert, werden noch einmal Tausende Stellen wegfallen. Laut Welt am Sonntag soll die Zahl der Beschäftigten im Privat- und Firmenkundengeschäft beider Häuser von etwa 30 000 um 6000, also um rund ein Fünftel verringert werden. Diese Zahl kursiert seit Monaten in der Bank. Dem Vernehmen nach gibt es aber erst im Spätsommer eine Entscheidung. Man kommentiere keine Zahlen, "bevor wir nicht ein mit den Sozialpartnern besprochenes und beschlossenes Konzept habe", sagte ein Sprecherin.

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