Süddeutsche Zeitung

Deutsche Bank:Jains Pleite bei der Vorstandskür

Er gilt als Vertrauter des neuen Deutsche-Bank-Chefs Anshu Jain: William Broeksmit war sein Wunschkandidat für den Posten des Risikovorstands. Doch der Jain-Intimus kassiert offenbar eine Absage aus der Finanzaufsicht. Für Jain ist das ein Desaster - und die Aufsichtsbehörde kann einmal Härte demonstrieren.

Was denke sie, Deutschlands höchste Aufseherin über die Finanzindustrie, denn eigentlich über die neuen Chefs an der Spitze der Deutschen Bank? Auf diese Frage antwortet Elke König von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung seltsam zweideutig, dass sie ja vom Aufsichtsratschef Börsig viel halte. Der wollte, nebenbei, den noch amtierenden Vorstandsvorsitzenden Ackermann dem Vernehmen nach ursprünglich gerne selbst ablösen.

Über die neuen Chefs dagegen, Anshu Jain und Jürgen Fitschen, sagt sie so freundliche Wort nicht. Stattdessen erklärt sie: "Ich habe sie schon kennengelernt. Sie haben große Aufgaben vor sich."

König trägt jetzt mit ihrer Behörde selbst dazu bei, dass die Aufgaben der beiden noch etwas anspruchsvoller werden: Der designierte Risikochef der Deutschen Bank, William Broeksmit, soll bei den Aufsehern durchgefallen sein, berichtet der Spiegel. Die Aufseher hielten den Jain-Vertrauten dem Vernehmen nach unter anderem deswegen für ungeeignet, weil er bislang kein größeres Team geleitet hat. Aus dem gleichen Grund soll es auch im Umfeld der Bank in den vergangenen Tagen bereits Kritik gegeben haben.

Für Anshu Jain ist das mehr als ärgerlich. Nicht nur, weil damit eine seiner ersten Personalentscheidungen völlig missglückt ist, sondern weil er mit Broeksmit einen seiner wohl engsten Vertrauten im Vorstand platzieren wollte. Mitte der neunziger Jahre wechselte Broeksmit von Merrill Lynch zur Deutschen Bank. Gemeinsam mit Jain arbeitete er dort als Investmentbanker unter Edson Mitchell, der 2000 als einer der ersten Ausländer in den Vorstand der Deutschen Bank aufrückte und es schaffte, wichtige Leute zu dem Frankfurter Institut zu holen. Später verabschiedete sich Broeksmit von der Deutschen Bank. Mehrere Jahre arbeitete er selbständig, kehrte dann aber 2008 wieder zu dem Finanzinstitut zurück.

Schon Noch-Bankchef Josef Ackermann hatte mit Hugo Bänziger einen engen Vertrauten als Mann für die Risikokontrolle: Er kannte ihn noch aus gemeinsamen Tagen bei der Schweizer Armee.

Die Bankenaufseher der Bafin müssen nach dem Kreditwesengesetz die Eignung und Zuverlässigkeit der Kandidaten für Vorstände von Banken und Versicherungen prüfen. Die Führungserfahrung eines Vorstandsmitglieds gilt als ein wichtiger Punkt. Denkbar ist aber auch, dass sich die Bafin daran störte, dass Broeksmit mit dem außerbörslichen Derivategeschäft gerade jenen Teil aufbaute, dem später eine Mitschuld an der Finanzkrise gegeben wurde. Auch mag sich die Bafin an der großen Nähe Broeksmits zu Jain gestört haben. Jain gilt als Mann des Investmentgeschäfts, der womöglich von seinem Risikochef ab und an mal ausgebremst werden sollte.

In der Regel gilt die Bestätigung eines Vorstands durch die Bafin als Formsache, weil auch die Banken wissen, welche Maßstäbe die Bafin anlegt. Allerdings wurde vor zwei Jahren schon einmal dem Vernehmen nach ein Kandidat zurückgewiesen: Der zeitweilige Chef der Hypo Real Estate, Axel Wieandt, sollte zum Vorstandssprecher der Deutschen-Bank-Tochter BHF gemacht werden. Eine Aufseherin der Bafin soll ihm aber die Befähigung dafür abgesprochen haben, was ein schweres Manko für jeden Banker wäre. Der Vorgang wurde nicht offiziell bestätigt, Wieandt wechselte zu einem anderen Institut.

Dass die Bafin nun wieder durchgreift, mag als Signal dafür gelten, dass die Aufsichtsbehörden ernster genommen werden wollen. Während der Finanzkrise war in der Öffentlichkeit wiederholt Kritik laut geworden, die Behörden hätten zu wenig getan.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble stellte sich hinter die Entscheidung der Bafin. "Die Bankenaufsicht mischt sich nicht massiv in die Personalpläne von Finanzinstituten ein, sondern macht, was ihre gesetzliche Verpflichtung ist", sagte er. Einen Einfluss des Ministeriums, dem die Bafin untersteht, wies Schäuble zurück.

Den Posten des Risikoschefs soll nun statt Broeksmit der bisherige stellvertretende Risikovorstand Stuart Lewis übernehmen. Er bringt zumindest mehr Erfahrung in der Personalführung mit: Insgesamt 4000 Mitarbeiter sind ihm bislang unterstellt, Broeksmit leitete bislang eine Abteilung mit 200 Personen.

Seinen neuen Chef Anshu Jain zu zügeln, dürfte auch für Lewis eine große Aufgabe werden.

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