Deutsche Bank in der Krise:Spekulanten jagen die Deutsche Bank

Deutsche Bank Shares Plummet

Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt am Main.

(Foto: Getty Images)

Gerüchte werden gestreut, Geschichten lanciert. Die Deutsche Bank gerät immer heftiger unter Druck - vor allem, weil das Vertrauen weg ist.

Analyse von Stephan Radomsky

Die Deutsche Bank ist am Freitag erneut in heftige Turbulenzen geraten. Am Morgen stürzten die Papiere des größten Geldhauses im Land zeitweise um fast neun Prozent ab und sackten zeitweise auf einen Kurs von 9,90 Euro. Auslöser für den Kurssturz waren Berichte, wonach sich etwa zehn Hedgefonds aus Geschäften mit der Deutschen Bank zurückgezogen hätten. Gemeldet hatte das die Finanz-Nachrichtenagentur Bloomberg. Auch das Wall Street Journal (WSJ) berichtete darüber.

Die Hedgefonds hätten Milliarden Dollar von der Bank abgezogen, aus Sorge um deren Stabilität, heißt es in dem WSJ-Bericht. Der Kurs der Deutsche-Bank-Aktie war daraufhin bereits im New Yorker Handel drastisch eingebrochen. Pikant daran: Einer der genannten Fonds, AQR Capital, hatte erst am Mittwoch eine Leerverkaufsposition über ein halbes Prozent der Aktien des Instituts aufgebaut, wie Daten aus dem Bundesanzeiger belegen. Das heißt: AQR Capital ging damit eine Wette auf weiter fallende Kurse der Bank ein, kurz bevor die Geschichte veröffentlicht wurde. Damit verdiente der Hedgefonds also am Absturz der Bankaktie mit.

Zugleich stiegen am Morgen die Kosten für Kreditausfallversicherungen auf Anleihen der Deutschen Bank deutlich an und auch die Renditen der Anleihen selbst hatten in den vergangenen Tagen stark angezogen. Im Gegenzug sank die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe am Vormittag auf den niedrigsten Stand seit Juli. Das Papier gilt als besonders sichere Anlage in turbulenten Zeiten.

Dass die Deutsche Bank kurzfristig in finanzielle Engpässe geraten könnte, bezweifeln Beobachter allerdings. Das Institut habe "viele Probleme, aber Liquidität gehört nicht dazu", schrieb etwa der bekannte Analyst und Deutsche-Bank-Kritiker Stuart Graham. Es könne "kein Zweifel bestehen, dass die Deutsche Bank umfangreiche zusätzliche Liquidität von der Europäischen Zentralbank erhalten könnte, sollte sie diese je brauchen".

Auch Deutsche-Bank-Chef John Cryan reagierte am Freitagmorgen auf die Turbulenzen an den Börsen. Die Bank sei "Gegenstand heftiger Spekulationen geworden", schrieb er in einem Brief an die rund 100 000 Beschäftigten seiner Bank. Am Markt seien Kräfte unterwegs, die das Vertrauen durch eine "verzerrte Außenwahrnehmung" schwächen wollten.

Hedgefonds gelten als die "Bluthunde" an den Finanzmärkten

Trotz aller Bemühungen Cryans und der Bank - der Brief vom Freitag ist nicht die erste Nachricht dieser Art - nehmen die Spekulationen über die Zukunft der Deutschen Bank seit Tagen kein Ende. Zuletzt machte am Mittwoch ein heikles Gerücht die Runde: "Die Bundesregierung und zuständige Finanzbehörden bereiten einen Rettungsplan für eine Schieflage der Deutschen Bank vor", meldete die Zeit, allerdings ohne Quellen dafür zu nennen. Hochrangige Beamte in Berlin, Brüssel und Frankfurt arbeiteten demnach an einem Konzept. Es solle in Kraft treten, falls die Bank zusätzliches Kapital benötige, um ihre zahlreichen Rechtsstreitigkeiten beizulegen und sich diese Mittel nicht selbst am Markt besorgen könne.

Alle Beteiligten wiesen dies umgehend zurück. "Diese Meldung ist falsch", sagte etwa der Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Die Bundesregierung bereite keine Rettungspläne vor. Anlass für derartige "Spekulationen" gebe es nicht. Das habe die Bank auch selbst klargestellt. Dennoch: Auch diese Geschichte war damit in der Welt.

In derart unsicheren Zeiten werden die Bewegungen der Hedgefonds besonders genau von anderen Marktteilnehmern beobachtet. Die kleinen, aggressiven Anlagehäuser gelten als die "Bluthunde" der Börse, die schwache oder gefährdete Unternehmen oft zuerst erkennen und dann besonders schnell und radikal handeln. Was allerdings keineswegs bedeutet, dass sie immer richtig liegen.

Ausgelöst worden waren die jüngsten Schwierigkeiten der Deutschen Bank vor zwei Wochen durch eine Indiskretion: Das Wall Street Journal berichtete, dass das US-Justizministerium 14 Milliarden Dollar, umgerechnet knapp 12,5 Milliarden Euro, von der Deutschen Bank fordert - als Geldbuße für windige Hypotheken-Geschäfte vor der Finanzkrise. Die Deutsche Bank sah sich daraufhin gezwungen, dies per Börsen-Pflichtmitteilung zu bestätigen. Es war zwar nur eine erste Forderung in den Verhandlungen um einen Vergleich, doch damit stand eine Summe im Raum. Und sie überstieg alles, womit Beobachter gerechnet hatten.

Auffällig war aber auch hier weniger der Inhalt, sondern dass überhaupt etwas nach außen drang. Noch nie zuvor war eine Auftaktforderung des US-Justizministeriums in solchen Vergleichsverhandlungen mit einer Bank publik geworden. Dass sie nun schon in so einem frühen Stadium an die Öffentlichkeit gelangte, deutete auf eine Quelle im US-Justizministerium hin - und damit auf eine politische Verquickung, möglicherweise auch im Zusammenhang mit dem US-Präsidentschaftswahlkampf.

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