In Sachen Chuzpe macht der Deutschen Bank niemand etwas vor. Neulich erst erteilte ihr die Finanzaufsicht Bafin einen Rüffel, weil das Geldhaus die Bekämpfung der Geldwäsche immer noch nicht im Griff hat und die Aufsicht daher das Mandat eines Sonderaufpassers verlängern musste. Nun aber verkauft Konzernchef Christian Sewing genau diese Maßnahme fast schon wieder als große Leistung. Einer der vielen "Erfolgsfaktoren" des Geldhauses, so steht es in seiner vorab verschickten Rede zur Hauptversammlung kommende Woche, sei die "Haltung", selbstkritisch und ehrlich zu sich selbst zu sein. "So sind wir uns auch jener Stellen bewusst, an denen wir noch nachbessern müssen. Dazu gehört der Kampf gegen die Finanzkriminalität". Man werde dem Anspruch unserer Aufseher "noch nicht voll gerecht und auch nicht unserem eigenen". Will heißen: Die Deutsche Bank hat sich derart hohe Ziele gesetzt, dass diese eben nur schwer zu erreichen sind. Was will man machen.
Dass der Rüffel der Bafin in Wirklichkeit eine Blamage für die Bank war, verschweigt Sewing dann wohl lieber, schließlich verspricht das Institut bereits seit 2012 in regelmäßigen Abständen, die Geldwäschebekämpfung in den Griff zu bekommen. Ebenfalls unerwähnt bleibt, dass es womöglich eine Fehlentscheidung von Sewing war, 2018 seinen Vertrauten Stephan Wilken zum obersten Kämpfer gegen Finanzkriminalität zu ernennen - ein immens wichtiger Posten für eine Bank, die immer wieder hohe Strafen wegen Geldwäsche-Verstößen gezahlt hat. Wilken, der wie Sewing viele Jahre im Konzern ist und von Haus Experte im Risikomanagement, war dem Vernehmen nach dann doch nicht ganz so vertraut mit Geldwäsche-Themen: Und so hinkte die Bank vor allem bei der Überprüfung von Kundenakten und beim Überwachen von Transaktionen mächtig hinterher. Vergangenen Sommer warfen gleich mehrere Führungskräfte in der Abteilung hin. Zuletzt verlor auch noch die Bafin die Geduld. Nun gibt Wilken seinen Posten ab, wie das Institut am Mittwoch mitteilte. Er bleibt jedoch in der Bank.
Der neue Anti-Geldwäsche-Chef kommt aus den USA
Nachfolger als weltweiter Leiter der Einheit "Kampf gegen Finanzkriminalität" - es ist der fünfte Wechsel in dieser Position in acht Jahren - wird Joe Salama, zuletzt Chef der US-Rechtsabteilung. Salama habe in den vergangenen Jahren "federführend dazu beigetragen habe", dass die Bank die meisten ihrer Rechtsstreitigkeiten beilegen konnte, hieß es in einem Memo von Rechtsvorstand Stefan Simon, der die Verantwortung für den Bereich von Risikovorstand Stuart Lewis übernommen hat. Salama, seit elf Jahren für das Geldhaus tätig, werde seinen Dienstsitz nach Frankfurt verlegen, aber auch in New York arbeiten und zentraler Ansprechpartner für die Behörden sein. Seine Kompetenz stehe außer Frage, hieß es in der Bank. Sollte der Amerikaner noch nicht mit allen Feinheiten des Geldwäsche- und Kreditwesengesetzes vertraut sein, könne dies durch Simon aufgefangen werden, der als Jurist bestens damit vertraut sei.
Ansonsten bemühten sich Sewing und sein Aufsichtsratschef Paul Achleitner, der sich kommendes Jahr nicht zur Wiederwahl stellen wird, die Strategie der Bank zu verteidigen. Sie sollte ursprünglich darin bestehen, die stabilen Geschäftsbereiche zu stärken, hängt aber inzwischen wieder sehr am Investmentbanking. Die erste Phase der Transformation habe 2018 begonnen, sagte Sewing, "als wir zunächst die Grundlage für diese Transformation legten, indem wir unsere Bank stabilisierten - mit einer sehr guten Kapitalausstattung". Achleitner indes ist bereits seit 2012 im Amt.