Süddeutsche Zeitung

Vor der Hauptversammlung:Warnschuss für die Topmanager der Deutschen Bank

  • Nach dem US-Stimmrechtsberater Glass Lewis haben nun auch die mächtigen Institutional Shareholder Services (ISS) den Anlegern davon abgeraten, die Topmanager der Deutschen Bank bei der Hauptversammlung am 23. Mai zu entlasten.
  • Viele Fonds und Großanleger richten sich nach den Empfehlungen von Stimmrechtsberatern.
  • Grund für die ISS-Empfehlung sind mangelnde interne Kontrollen zur Verhinderung von Geldwäsche. Das Institut habe bereits vor Jahren versprochen, diese zu verbessern, so ein interner Report.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Nach dem Scheitern der Gespräche mit der Commerzbank steht den Topmanagern der Deutschen Bank eine turbulente Hauptversammlung bevor. Erstmals rät nun auch der einflussreiche Stimmrechtsberater Institutional Shareholder Services (ISS) den Anlegern davon ab, Vorstand und Aufsichtsrat zu entlasten. Zuvor hatte sich bereits der US-Stimmrechtsberater Glass Lewis gegen eine Entlastung auf der Hauptversammlung am 23. Mai ausgesprochen. Nach den Empfehlungen dieser Firmen richten sich viele Fonds und Großanleger, insbesondere aus den USA und Großbritannien.

Nicht nur bei der Deutschen Bank spielen die Stimmrechtsberater eine immer wichtigere Rolle: Beim Chemiekonzern Bayer und der Schweizer Großbank UBS waren sie gerade sogar mitverantwortlich für ein veritables Abstimmungsdebakel. Dort verweigerten die Aktionäre den Managern erstmals mehrheitlich die Entlastung. Im Kern ist das Geschäftsmodell der Stimmrechtsberater vergleichbar mit dem von Ratingagenturen: Firmen wie ISS und Glass Lewis bewerten die Unternehmen in der Regel nach einem Katalog von Kriterien und erstellen auf dieser Basis umfangreiche Studien, die sie an Profiinvestoren verkaufen. Zuvorderst geht es dabei um die Frage, ob die Manager die Regeln zur guten Unternehmensführung einhalten und die Vergütung angemessen ist, aber auch die Entwicklung des Aktienkurses und der Dividende spielt eine Rolle. Zunehmend wichtig ist es auch, ob sich Unternehmen an Umweltstandards halten. Während sich ISS und Glass Lewis in den vergangenen Jahren eher wohlwollend geäußert haben, schlagen sie nun aber einen kritischeren Ton an. Damit kommen sie wohl auch den Wünschen vieler Profianleger entgegen, die immer weniger bereit sind, Missmanagement klaglos hinzunehmen.

ISS schreibt nun in dem Report, die Deutsche Bank habe den Anlegern schon vor Jahren versprochen, die internen Kontrollen zu verbessern. Aber allein 2018 habe es eine Menge neuer Untersuchungen bei der Bank gegeben, etwa wegen unzureichender Abwehr gegen Geldwäsche. So hatten die Finanzaufseher das Geldhaus im vergangenen Jahr wegen unzureichender Kontrollsysteme gerügt. Die deutsche Finanzaufsicht Bafin sah sich sogar dazu gezwungen, einen Sonderbeauftragten in die Bank zu schicken, weil bestimmte Mängel immer noch nicht abgestellt waren. Außerdem kam heraus, dass die Bank bis 2015 eine wesentliche Rolle im Geldwäscheskandal der Danske-Bank gespielt hatte. Es sei Zeit für die Aktionäre, Vorstand und Aufsichtsrat für den Kapital- und Reputationsverlust "verantwortlich zu machen", schreiben die Stimmrechtsberater. Die abgesagte Fusion mit der Commerzbank wird in dem Bericht indes nur am Rande erwähnt.

Ob es bei der Deutschen Bank Ende Mai zu einem ähnlichen Abstimmungsdebakel kommt wie bei Bayer oder der UBS, ist offen. Das Institut kann womöglich auf den guten Willen der Großaktionäre setzen, die zusammen etwa 20 Prozent der Aktien kontrollieren. Da die Hauptversammlungen des Geldhauses in der Regel schlecht besucht sind - dort erscheinen normalerweise nur rund 40 Prozent des stimmberechtigten Kapitals - könnten allein sie für eine mehrheitliche Entlastung sorgen. Die Empfehlungen von Glass Lewis und ISS befolgen aber auch rund 20 Prozent der Aktionäre des Kreditinstitutes, weswegen die Sache knapp werden könnte.

Formal hat eine Nicht-Entlastung keine Folgen, sie ist aber eine deutliche Warnung an das Management - vor allem an Aufsichtsratschef Paul Achleitner sowie die beiden Vorstände der Bank, die für die Geldwäscheprobleme verantwortlich gemacht werden, etwa Investmentbanking-Vorstand Garth Ritchie sowie Sylvie Matherat. Die Französin ist in der obersten Führungsriege für die Einhaltung der Regeln zuständig. Die Deutsche Bank teilte mit, der Bericht von ISS spiegele "nicht die aktuelle Situation unserer Bank und ihrer Kontrollsysteme wider". Der größte Teil der genannten Fälle stamme aus der Zeit vor 2016.

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