Deutsche Bank:Frankfurter Faktotum

Jetzt auch noch die Integration der Bonner Tochter Postbank: Der Digitalchef der Deutschen Bank bekommt neue und schwierige Aufgaben. Im Konzern wittern dahinter einige eine Entmachtung des Vorzeigemanagers.

Von Heinz-Roger Dohms, Meike Schreiber, Frankfurt

Markus Pertlwieser ist sicher nicht der wichtigste Deutsche-Bank-Manager, aber vermutlich der, den das Institut derzeit am liebsten öffentlich vorzeigt. Schließlich steht Pertlwieser als "Chief Digital Officer" (vulgo: Digitalchef) für all die Zukunftsthemen, die die unschöne Vergangenheit der Bank vergessen machen sollen. Also für Finanz-Apps. Oder für den "Multibank-Aggregator", mit dem die Kunden auch Konten einsehen können, die sie bei anderen Banken unterhalten.

Nun allerdings ranken sich ausgerechnet um Pertlwieser neue Querelen bei Deutschlands größtem Geldhaus. Einen großen Teil seiner Mitarbeiter hat der Manager nämlich jüngst an Privatkundenchef Asoka Wöhrmann verloren. Der soll nun dafür sorgen, dass die Kunden die neuen Digitalangebote auch wirklich nutzen. Zudem liegt die Hoheit über das Prestigeprojekt "Digitalfabrik" jetzt in anderen Händen. Pertlwieser darf seinen Titel und einige seiner Lieblingsprojekte zwar behalten - soll sich ansonsten aber um die Integration der Postbank kümmern. Ein Aufstieg? Oder das Gegenteil? Darüber gehen die Meinungen in den Frankfurter Doppeltürmen momentan weit auseinander.

Tatsächlich tut sich die Bank bei der Digitalisierung schwerer, als sie das öffentlich gerne darstellt. So geht die "Zinsmarkt" getaufte neue Einlagenplattform nicht nur verspätet, sondern zunächst auch in abgespeckter Form an den Start. Die Idee hinter dem Projekt ist es eigentlich, dass Deutsche-Bank-Kunden ihre Ersparnisse bei Partnerbanken anlegen können, die ihnen höhere Zinsen zahlen. Bislang hat das Großinstitut jedoch erst eine einzige Bank gefunden, die mitmacht. Im Herbst, sagt Pertlwieser, sollen weitere Institute hinzukommen.

Auch beim Thema Robo Advisor - einer neuen Form der Vermögensverwaltung, bei der nicht Menschen, sondern Algorithmen das Portfolio zusammenstellen - hat sich die Bank verzettelt. Als im vergangenen Jahr die ersten Robo-Start-ups auf den Markt kamen, konterte das Geldhaus mit einem "Anlage Finder". In Wirklichkeit hatte das Angebot mit einem richtigen Robo Advisor wenig gemein. Folge: Bis heute nutzen nur wenige Hundert Kunden den Service - ein Flop. Die erst 2015 gegründete Münchner Firma Scalable dürfte grob geschätzt auf die zehnfache Zahl an Nutzern kommen. Im August will die Deutsche Bank einen neuen Anlageroboter starten.

Doch sind die Misserfolge Pertlwieser anzukreiden? Oder haben sie damit zu tun, dass es von Managern wie ihm - also ausgewiesenen Digitalexperten - aus Sicht interner Kritiker zu wenige gibt bei Deutschlands größtem Geldhaus? Von Haus aus ist der 42-Jährige Wirtschaftsingenieur. Von 2001 bis 2008 arbeitete er für die US-Beraterfirma McKinsey. Dann wechselte er zur Deutschen Bank und gilt dort als Faktotum. So handelte er neben seinem Digitaljob noch den Interessenausgleich beim Filialabbau aus - und zwar eher geräuschlos, was ihm hoch angerechnet wird.

In Interviews war Pertlwieser zuletzt bemüht, die Digitalisierung als "Trial and Error"-Prozess zu beschreiben. Versuch und Irrtum. Dass auch einmal etwas schiefgeht, gehört dazu. Und tatsächlich hat die Bank auch einiges geschafft. Das sieht auch Privatkundenvorstand Christian Sewing so, der ihm vor ein paar Tagen in einem Rundschreiben den Rücken stärkte: "Markus hat die Digitalisierung von Beginn an mit seinem Team entschieden und erfolgreich vorangetrieben", schrieb er. Die neue Aufgabe, sie kann also kommen.

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