Deutsche Bank:Wieder Ärger mit der US-Aufsicht

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Christian Sewing hatte vor einem Jahr mit einem Vergleich in einer anderen Sache juristische Altlasten in den USA ausgeräumt, dabei aber versprochen, mögliche Compliance-Probleme sofort zu melden. (Foto: Ralph Orlowski/REUTERS)

Das US-Justizministerium wirft der Deutschen Bank offenbar vor, Hinweise auf Fehlverhalten verschwiegen zu haben. Die Vorwürfe könnten auch für Konzernchef Christian Sewing unangenehm werden.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Die Vorwürfe, die die frühere Nachhaltigkeitschefin Desiree Fixler der Fondsgesellschaft DWS im März erhob, waren schwerwiegend: In einer E-Mail an DWS-Aufsichtsratschef Karl von Rohr und Deutsche-Bank-Nachhaltigkeitschef Jörg Eigendorf warnte sie, die Fondstochter des Konzerns könnte falsche Angaben zur Nachhaltigkeit gemacht haben. Und offenbar weil sie diese Dinge angesprochen habe, sei sie wenige Tage zuvor gefeuert worden. Sie regte an, das Verhalten von DWS-Chef Asoka Wöhrman zu untersuchen. Dieser Anregung folgte der Aufsichtsrat zwar und beauftragte die Wirtschaftsprüfer von PwC. Die Deutsche Bank meldete die Vorgänge aber offenbar nicht den Aufsehern.

Das könnte nun schwerwiegende Folgen haben. Wie das Wall Street Journal berichtet, hat das US-Justizministerium dem Frankfurter Geldhaus mitgeteilt, dass es in diesem Zusammenhang gegen einen früheren Vergleich in anderer Sache verstoßen haben könnte. Das Finanzinstitut habe die interne Beschwerde nicht wie versprochen an die Strafverfolger weitergeleitet. Ein Sprecher der Deutschen Bank lehnte eine Stellungnahme ab. Das US-Justizministerium wollte sich ebenfalls nicht äußern. Das Ministerium hatte von den Vorgängen dem Vernehmen nach erst aus dem Wall Street Journal erfahren, nachdem sich die frühere Nachhaltigkeitschefin Fixler an die Zeitung gewandt hatte. Daraufhin haben die US-Börsenaufsicht SEC, das Department of Justice (DOJ) und etwas später auch die deutsche Finanzaufsicht Bafin Untersuchungen gestartet, die derzeit weiter andauern. Es geht unter anderem um möglicherweise falsche Darstellung im Geschäftsbericht. Die DWS hatte Angaben zur Klassifizierung von Nachhaltigkeitsfonds gemacht, die intern von Führungskräften angezweifelt worden waren.

Dass die DWS-Mutter Deutsche Bank diese Vorgänge offenbar nicht gemeldet hatte, könnte nun auch zum Problem für Christian Sewing werden. Der Konzernchef hatte vor einem Jahr mit einem Vergleich in einer anderen Sache weitere juristische Altlasten in den USA ausgeräumt, dabei aber versprochen, mögliche Compliance-Probleme sofort bei den Aufsehern zu melden. Im Gegenzug wurde auf eine Anklage verzichtet. Auch DWS-Aufsichtsratschef und Privatkundenvorstand Karl von Rohr dürfte Fragen beantworten müssen. Wenige Tage, nachdem Fixler ihre Vorwürfe erhoben hatte, verlängerte der Aufsichtsrat den Vertrag von DWS-Chef Wöhrmann vorzeitig. Die Frage steht im Raum, ob sich die Aufsichtsräte ausreichend Zeit genommen haben, um die Dinge zu prüfen. Möglicherweise droht der Deutschen Bank nun erneut eine Strafe; alte Vergleiche könnten neu verhandelt werden. Am Aktienmarkt kam die Nachricht nicht gut an. Die Titel der Bank verloren 3,4 Prozent.

© SZ vom 10.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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