Deutsche Bank:Eine Frage der Risiken

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Bei der möglichen Bankenfusion von Deutsche Bank und Commerzbank geht es auch um die Reputation der Europäischen Zentralbank. Billigt die Aufsicht das Vorhaben, steht sie als Versagerin da, wenn es später zu einem Kollaps kommt.

Von Meike Schreiber, Markus Zydra, Frankfurt

In der Debatte um die Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank geht es im Kern auch darum, welche Rolle die riskanten Geschäftsbereiche der Deutschen Bank in einem neuen Institut spielen können. Im Mittelpunkt steht dabei das Investmentbanking des Instituts, und hier das Handelsgeschäft. Aus diesen Geschäften lagern noch viele Milliarden an Derivaten in der Bilanz der Bank, darunter schwer zu bewertende Vermögenswerte, für die es keinen Marktpreis gibt.

Wenn sich Bankenaufseher der EZB mit der Fusion befassen, werden sie daher auch prüfen, ob und wenn ja in welchem Umfang die fusionierte Bank die Kundeneinlagen der Commerzbank zur Refinanzierung des Handelsgeschäfts nutzen darf. Für die Verwendung der Spareinlagen der Postbank hatte die Deutschen Bank vor rund einem Jahr eine Genehmigung erhalten. Ein Grund: Die Bank handelt nach eigener Aussagen nicht mehr auf eigene Rechnung, sondern nur noch für Kunden, was etwas weniger riskant ist.

Die EZB-Bankenaufsicht hatte der Deutschen Bank zudem im Frühjahr 2018 eine neuartige Simulationsrechnung aufgetragen: Sie sollte berechnen, wie sich der Wert des Kapitalmarkt- und Derivategeschäfts entwickeln würde, wenn sie ganz plötzlich alle neuen Geschäfte einstellen würde. Diese Simulationsrechnung ist nach SZ-Informationen seit Herbst 2018 beendet. Die EZB sei im Kern mit dem Ergebnis zufrieden, hieß es in Finanzkreisen. Zu Beginn würde ein Rückzug aus dem Geschäft zwar Kapital und Liquidität erfordern, dann aber mindestens im gleichen Umfang Kapital und Liquidität freisetzen.

Aber auch ungeachtet dieses Szenarios wird die Bankenaufsicht die Kapitalanforderungen für das neue Institut wohl so weit hochschrauben, bis sie die Handelssparte für eine extreme Finanzkrise gewappnet sieht. Wie viel Eigenkapital das sein könnte, ist noch offen. Aber die Aktionäre der Deutschen Bank müssen sich demnächst entscheiden, ob sie noch mehr Geld in das Institut pumpen möchten. Der Aktienkurs ist in den vergangenen 15 Monaten ohnehin schon von 17 auf knapp acht Euro gefallen. Am Ende hat es damit auch die EZB in der Hand, ob der Deal durchkommt: Wenn sie mehr Kapital einfordert als die Investoren bereit sind zu geben, kommt die Fusion eben nicht zustande.

Für die Bankenaufsicht der EZB ist der Fusionsplan von Deutscher Bank und Commerzbank die wohl größte Herausforderung seit Gründung der Institution vor fünf Jahren. Die Aufseher müssen das Vorhaben intensiv prüfen, denn ihre Reputation steht auf dem Spiel: Genehmigen sie die Großbank und kommt es später zu einem Kollaps, steht die Bankenaufsicht als Versager da. Deshalb steht bei der Prüfung eine Frage im Vordergrund: Ist die neue Bank stabil genug, um schlechte Zeiten zu überleben? Könnte man sie im Falle einer Schieflage ohne Steuergeld abwickeln?

In Deutschland ist die Kritik an dem Fusionsplan groß. Gewerkschaften protestieren angesichts des drohenden Arbeitsplatzabbaus, aber auch Wissenschaftler haben Zweifel an dem Projekt. "Es gibt in der deutschen Geschichte keine Evidenz, dass Banken nach einer Fusion effizienter und profitabler geworden wären", sagte Sascha Steffen, Professor für Finance an der Frankfurt School am Mittwoch in einer Runde mit zwei anderen Kollegen. Die Akademiker monierten, Deutsche Bank und Commerzbank litten unter hohen Kosten und niedrigen Erträgen. Die Größenvorteile einer Fusion führten nicht unbedingt zu mehr Profitabilität. Darüber hinaus wäre das neue Institut über Jahre hinweg mit der Umsetzung der Fusion beschäftigt. Man könne sich in dieser Zeit zu wenig um Innovationen kümmern.

© SZ vom 11.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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