Deutsche Bank:Eine Bank im Spiegel der Zeit

Geldgeber im Kaiserreich, Profiteur im Nationalsozialismus: Das Geldverdienen verstand die Deutsche Bank von Anfang an. Später finanzierte sie Privatleute genauso wie große Konzerne. Jetzt verändert sie ihr Gesicht erneut.

Von Katharina Brunner und Christopher Eichfelder

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The headquarters of the Deutsche Bank are reflected in the polished floor, in Frankfurt

Quelle: REUTERS

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Deutsche Bank, Gründungshaus

Quelle: Deutsche Bank

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London, Shanghai, Yokohama: Am 10. März 1870 wurde die Deutsche Bank in Berlin gegründet, um den Außenhandel der deutschen Wirtschaft zu unterstützen. Schnell wuchs sie über die Landesgrenzen hinaus und investierte zum Beispiel in den US-amerikanischen Eisenbahnbau oder die Bagdadbahn. Außerdem stieg sie ins rumänische Erdölgeschäft ein.

Mit Finanzierungen unterstützte sie auch den Aufbau der Elektro-, Eisen- und Stahlindustrie in Deutschland und betreute Privatkunden. Allerdings war eher die starke globale Ausdehnung der Grund dafür, dass die Deutsche Bank im Selbstverständnis des damaligen Kaiserreichs schnell zu einer Art "Bank der Deutschen" wurde. (Zu sehen: Die ersten Geschäftsräume der Deutschen Bank in der Französischen Straße 21 in Berlin.)

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Quelle: AP

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Den Bau von Auschwitz mitfinanziert: Die Zeit unter den Nationalsozialisten war für die Deutsche Bank unrühmlich. Die Filiale im polnischen Kattowitz hatte Kredite an Baufirmen vergeben, die das Konzentrationslager und das angeschlossene IG-Farben-Werk errichteten. Doch die Kooperation mit dem NS-Staat begann viel früher: Schon ab 1933 entließ die Bank jüdische Angestellte, später half sie bei der Enteignung von Juden, indem sie deren Privatvermögen an den NS-Staat überwies. "Widerstandslos", "Instrument des NS-Staates", "das dunkelste Kapitel der Geschichte der Deutschen Bank": Die offizielle Chronik der Deutschen Bank lässt keinen Zweifel daran, dass sich die Bank von Anfang an dem Regime fügte - und für eigene Geschäfte nutzte.

Hermann Abs unterzeichnet das Schuldenabkommen in London, 1953

Quelle: AP

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London, 1953: Mit einer Unterschrift schmolzen die Schulden der Bundesrepublik Deutschland auf 60 Prozent der Forderungen. 300 Personen aus 65 Ländern verhandelten bei einer Schuldenkonferenz ein Jahr lang in der britischen Hauptstadt. Der Chefunterhändler auf deutscher Seite: Hermann Josef Abs, Vorstandssprecher der Deutschen Bank. Und er verhandelte erfolgreich: Von den 23 Milliarden D-Mark Auslandsschulden, die drei deutsche Staaten - die Weimarer Republik, das Dritte Reich und die Bundesrepublik - vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg angehäuft hatten, musste die BRD 14 Milliarden D-Mark begleichen. Für den Rest galt ein Zahlungsaufschub bis zu einem offiziellen Friedensvertrag. Der kam nie, seit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag nach der Wiedervereinigung gelten die Reparationsforderungen faktisch als erlassen. Heute gilt das Londoner Schuldenabkommen als ein Puzzleteil, der das Wirtschaftswunder in der Bundesrepublik ermöglichte. Maßgeblich dafür verantwortlich: der Chef der Deutschen Bank.

Argentinien-Anleihe, Deutsche Bank

Quelle: Lutz Kleinhans

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Alfred Herrhausen (Vierter von links) galt in den 80er Jahren als einer der mächtigsten Männer der deutschen Wirtschaft. Der Vorstandssprecher der Deutschen Bank sanierte Continental, ordnete die Stahlindustrie neu und war Berater von Bundeskanzler Helmut Kohl. Sein Ruf war gut, er galt als Banker mit menschlichem Antlitz. Bei einer Tagung des Internationalen Währungsfonds forderte er 1987 etwas Unerhörtes für einen Banker: den Schuldenerlass für arme Länder.

In die Geschichte ging er auch wegen seines Todes ein: Eine Bombe, befestigt an einem Kinderfahrrad und ferngezündet per Lichtschranke, tötete ihn am Morgen des 30. Novembers 1989. Er verblutete noch in seinem Dienst-Mercedes. Die linke Terrororganisation Rote Armee Fraktion (RAF) bekannte sich zu dem Anschlag, die Täter sind bis heute flüchtig.

KOHL UND BREUER AUF MITTELSTANDSKONGREß

Quelle: DPA

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Rolf-E. Breuer und Helmut Kohl: Nicht die erste Partnerschaft zwischen Deutscher Bank und Politik. Bereits in ihrer Anfangszeit bestanden gute Kontakte in die Schaltzentralen des Landes, die Bank war stark in deutsche und internationale Investitionen eingebunden. Spätere Konzerne wie Bayer oder BASF wurden schon früh zu Stammkunden der Bank, die auch die Zusammenschlüsse von Daimler-Benz und die Lufthansa-Fusion finanziell unterstützte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kaufte die Deutsche Bank vermehrt Aktien deutscher Unternehmen wie Karstadt, Daimler und Mannesmann. Bis in die 2000er-Jahre hielt sie Beteiligungen in Höhe von über 42 Milliarden D-Mark. Damit zählte die Bank zur sogenannten Deutschland AG, einem Netzwerk aus Banken, Versicherungen und Industrieunternehmen, die gegenseitig aneinander beteiligt waren. (Im Bild: Der ehemalige Vorstandssprecher der Deutschen Bank Rolf-E. Breuer und Kanzler Helmut Kohl auf dem Mittelstandskongress 1997)

Josef Ackermann

Quelle: picture alliance / dpa

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Er steht symbolisch für eine Zeitenwende bei der Deutschen Bank: Josef Ackermann. Im Jahr 1996 wurde der umstrittene Schweizer in den Vorstand gewählt, von 2006 bis 2012 war er Vorstandsvorsitzender der Bank. Ackermann entschied mit, als Ende der 1990er-Jahre sukzessive Industrie- und Finanzbeteiligungen zurückgefahren und stattdessen Risikoinvestments (etwa mit der Übernahme der Bank Bankers Trust ausgebaut wurden. Die starke Politikverflechtung blieb aber weiterhin bestehen. Unter anderem beriet er die Bundesregierung während der Schuldenkrise. Immer wieder polarisierte Ackermann - zum Beispiel mit seinem Victory-Zeichen zu Beginn des Mannesmann-Prozesses. Er sagte, Deutschland sei "das einzige Land, in dem diejenigen, die Erfolge haben und Werte schaffen, deswegen vor Gericht gestellt werden." Ackermann wurde am Ende freigesprochen.

Deutsche Bank 24

Quelle: picture-alliance / dpa

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Wechselhafte Jahrtausendwende: Ursprünglich baute die Deutsche Bank ab 1957 verstärkt ihr Privatkundengeschäft aus, jedoch wurde der Schwerpunkt immer weiter von den Privatkunden wegverlagert. Sinnbildlich dafür startete die Bank 1995 das Projekt Deutsche Bank 24, einen Privatkundenservice, der über das Internet und Telefon abgewickelt werden sollte. Im weiteren Verlauf wurde 1999 der Privatkundenbereich und die Filialen an die umbenannte Tochter Deutsche Bank 24AG übergeben, um sie nach einer Fusion mit der Dresdner Bank an die Börse zu bringen. Der Zusammenschluss scheiterte allerdings und die Deutsche Bank schwenkte in der Folge erneut um. 2008 übernahm sie stattdessen die Postbank und ihre mittlerweile 14 Millionen Privatkunden. Ein Kauf ohne Erfolgsgeschichte: Die Bank wird wieder verkauft. (Das Bild wurde beim Start der Deutsche Bank 24 aufgenommen.)

Deutsche Bank Earnings News Conference

Quelle: Bloomberg

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Sie sind die aktuellen Gesichter der Deutschen Bank: Jürgen Fitschen und Anshu Jain. Zum ersten Mal führt eine Doppelspitze die Deutsche Bank. Die beiden müssen sich um Altlasten kümmern: Jahrelang haben Mitarbeiter der Bank und anderer Kreditinstitutionen Zinssätze manipuliert, um mehr Geld zu verdienen. Strafzahlungen für diesen Libor-Skandal beliefen sich für die Deutsche Bank auf insgesamt drei Milliarden Dollar. In einem anderen Fall steht ab Ende April 2015 sogar Vorstandschef Fitschen selbst vor Gericht - wegen versuchten Prozessbetrugs im Kirch-Prozess.

Wie soll die Deutsche Bank der Zukunft aussehen? Wohl am ehesten wie eine Investmentbank. Der Konzern hat bereits beschlossen das Tochterunternehmen Postbank zu verkaufen, außerdem soll ein Drittel der eigenen Filialen geschlossen werden.

© SZ.de/kabr/chei/jasch
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