Deutsche Bank:Ein paar Opfer für die Zukunft

Deutsche Bank im Umbruch

Jürgen Fitschen (li.) und Anshu Jain auf einer außerordentlichen Hauptversammlung 2013: Fällt bald der Vorhang für die beiden Chefs der Deutschen Bank?

(Foto: Boris Roessler/dpa)
  • Vor der Hauptversammlung am Donnerstag stehen bei der Deutschen Bank Vorstand und Aufsichtsrat unter Druck. Mehrere einflussreiche Aktionäre trauen der Führung nicht mehr.
  • In der Nacht vor dem Treffen werden überraschende Änderungen im Vorstand bekannt. Die Zahl der Vorstände sinkt von acht auf sieben.

Analyse von Harald Freiberger und Meike Schreiber, Frankfurt

Mit überraschenden Änderungen im Vorstand reagiert die Deutsche Bank auf den wachsenden Druck der Aktionäre - die Co-Vorstandschefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen bleiben allerdings im Amt. Wie die Bank am Mittwochabend nach einer Aufsichtsratssitzung mitteilte, wird als Nachfolger von Privatkundenvorstand Rainer Neske künftig Christian Sewing die Sparte leiten. Seinen bisherigen Posten als Rechtsvorstand behält Sewing. Strategie- und Finanzvorstand Stefan Krause übernimmt die Verantwortung für den Zahlungsverkehr und die Handelsfinanzierung sowie die konzerninterne Bad-Bank. Seinen bisherigen Vorstandsposten für Strategie übernimmt zusätzlich Jain. Neuer Finanzvorstand wird wie bereits angekündigt Marcus Schenck.

Insgesamt sinkt die Zahl der Vorstandsmitglieder von acht auf sieben. Ausscheiden aus dem erweiterten Vorstand werden Alan Cloete, Chef der Region Asien-Pazifik und seit Monaten in der Kritik wegen seiner Rolle im Libor-Skandal, Großbritannien-Chef Colin Grassie sowie für Beobachter überraschend Neskes Vize Christian Ricken, der zuletzt als dessen Nachfolger gehandelt wurde.

Aufsichtsratschef Paul Achleitner will mit den Entscheidungen Handlungsstärke beweisen. Gleichwohl wird es das Führungsteam auf der Hauptversammlung am Donnerstag in Frankfurt schwer haben. Zuletzt war der Druck auf die Spitze der Bank vor der Hauptversammlung stark gewachsen. In den vergangenen Tagen ist eine Aktionärsgruppe nach der anderen vom Vorstand abgerückt.

Am bisher deutlichsten formulierte am Mittwoch Hans-Christoph Hirt von der britischen Aktionärsberatung Hermes Equity Ownership Services die Kritik: "Wir werden den Aufsichtsrat bitten, in den nächsten Monaten die Zusammensetzung des Vorstands zu überprüfen. Der Vorstand genießt nicht mehr unser Vertrauen", sagte er dem Handelsblatt. Worte wie Gift. Ihre Wirkung ist auch deshalb so gewaltig, weil Hirt nicht irgendein Hauptversammlungs-Krakeeler ist, sondern ein seriöser, einflussreicher Berater von Investoren. Gerade große professionelle Anleger wie Pensionsfonds und Versicherungen hören auf ihn. Die Quote der Anteilseigner, die Fitschen und Jain die Entlastung versagen, dürfte dadurch deutlich steigen.

Immer deutlicher stellt sich die Frage, ob die beiden noch zu halten sind. Vor der Sitzung des Aufsichtsrats am Mittwoch Abend war schon durchgesickert, dass ein weiterer Umbau des Topmanagements auf der Tagesordnung stehen würde. "Momentan ist die Stimmung so, dass Achleitner die Lage eigentlich nur retten kann, wenn er den großen Befreiungsschlag wählen würde", sagte ein Aufsichtsratsmitglied der Süddeutschen Zeitung vor der Sitzung. "Das Beste wäre, wenn wir jetzt junge, unbelastete Leute an die Spitze holen könnten."

Zugleich erhöhte sich vor der heutigen Hauptversammlung der Druck aus dem Kreis der Aktionäre. Wichtige Stimmrechtsberater wie der angelsächsische Institutional Shareholder Service (ISS), Glass Lewis sowie die deutsche Ivox raten den Anteilseignern, dem Vorstand - und teilweise auch dem Aufsichtsrat - die Entlastung zu verweigern. Nach SZ-Informationen wird auch eine große deutsche Fondsgesellschaft dem Vorstand das Vertrauen entziehen und mit Nein stimmen.

Wie groß wird der Anteil der Nein-Stimmen am Ende aber sein?

Während bei vielen anderen Dax-Unternehmen nennenswerte Anteile in der Hand von Großaktionären liegen, befinden sich bei der Deutschen Bank 94 Prozent der Aktien in Streubesitz. Dem Management spielt in die Hände, dass es für eine Entlastung gar nicht so viele Anteilseigner für sich gewinnen muss. Denn bei Hauptversammlungen in Deutschland sind in der Regel nur 30 bis 40 Prozent des stimmrechtsfähigen Kapitals anwesend. Wenn also insgesamt nur 15 bis 20 Prozent der Aktionäre für eine Entlastung votierten, würde dies formal ausreichen.

Dies ist gar nicht so unwahrscheinlich, denn drei der großen Aktionäre, die als Unterstützer von Jain und Fitschen gelten, halten zusammen rund 14 Prozent der Anteile. Konkret sind das die US-Fondsgesellschaft Blackrock, dessen Chef Larry Fink sogar mit Anshu Jain befreundet sein soll. Fink hatte den Vorstandschefs im März öffentlich den Rücken gestärkt. Außerdem dürfte die Paramount Services Holding aus Katar zu Jain und Fitschen stehen, ebenso die Deutsche Asset Management Americas, also die konzerneigene Vermögensverwaltung.

Die Mehrheit für die Entlastung des Vorstands scheint also gesichert. Aber bis auf 30 oder 40 Prozent kann die Quote der Ablehnung durchaus gehen, erwarten Experten. Direkte rechtliche Folgen ergeben sich daraus nicht, denn die Vorstände bestellt und entlässt der Aufsichtsrat. Aber: "Je höher die Quote der Ablehnung, umso größer wird der Rechtfertigungsdruck des Aufsichtsrats", sagt Aktienrechtsexperte Manuel Theisen, Professor für Betriebswirtschaft in München. Oft sei solch ein Votum der Aktionäre der erste Schritt zur Ablösung eines Vorstands.

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