Süddeutsche Zeitung

DWS:Deutsche Bank untersucht angeblich fragwürdige Zahlungen

Es geht um Geldflüsse zwischen DWS-Chef Asoka Wöhrmann und einem undurchsichtigen Geschäftsmann. Sie werfen unangenehme Fragen auf.

Von Meike Schreiber , Frankfurt

Auf den ersten Blick läuft es prima für Asoka Wöhrmann, den Vorstandschef der größten deutschen Vermögensverwaltung DWS. Die eigens börsennotierte Tochter der Deutschen Bank hat ihre Prognosen und die Erwartungen der Anleger übertroffen und wird am kommenden Donnerstag überzeugende Geschäftszahlen für 2021 präsentieren. Intern aber hat Wöhrmann ziemlich großen Ärger: Die Deutsche Bank untersucht offenbar seine Beziehungen zu einem opaken Geschäftsmann und eine womöglich unsaubere E-Mail-Kommunikation.

Einem Bericht der Financial Times zufolge geht es um auffällige Zahlungen zwischen Wöhrmann und einem Geschäftsmann namens Daniel Wruck. Insider bestätigten der SZ die Zahlungen. Nachdem die Bank zuvor bereits eine Geldwäsche-Verdachtsmeldung dazu abgegeben hatte, untersucht sie das Thema nun noch einmal genauer. Außerdem soll Wöhrmann seinen privaten Email-Account noch umfangreicher als bislang bekannt für bankgeschäftliche Fragen genutzt haben.

Dem Bericht zufolge überwies Wöhrmann im September 2017, als er noch Chef des Privatkundengeschäfts der Deutschen Bank war, zunächst 160 000 Euro an den Geschäftsmann Wruck - bevor dieser etwa ein Jahr später den identischen Betrag wieder zu Wöhrmann zurückschickte. Wruck sollte offenbar im Auftrag von Wöhrmann einen neuen Porsche Panamera kaufen, was Wruck der FT bestätigte. Compliance-Experten der Deutschen Bank formulierten zu den Überweisungen einen Geldwäscheverdacht und meldeten den Vorgang an die Behörden. Das bestätigten mit dem Vorgang vertraute Personen der SZ. Banken müssen verdächtige Zahlungen sofort melden, unabhängig davon, wen es betrifft.

Völlig unklar, was das Geschäft eigentlich sollte

Völlig unklar ist nur, was das Geschäft eigentlich sollte und warum es nicht zustande kam. In einer E-Mail an den Porsche-Händler schrieb Wruck damals laut FT, Wöhrmann sei ein Freund, er solle ihm denselben "Hammerpreis" geben wie ihm, was dann aber offenbar doch nicht klappte. Wieso das Geld dann erst so spät zurückfloss und warum der Kauf scheiterte: Dazu gaben die beiden Männer keine Erklärung ab.

Im April 2018 soll sich Wöhrmann dann selbst einen gebrauchten Porsche Panamera gekauft haben. Ein Sprecher der DWS wollte sich nicht dazu äußern. Die Deutsche Bank kommentierte den konkreten Fall ebenso wenig und teilte lediglich allgemein mit, Geldwäscheverdachtsmeldungen seien zwar Hinweise auf möglicherweise verdächtige Vorfälle. Es werde damit aber nicht festgestellt, dass es tatsächlich zu kriminellen Handlungen gekommen sei. "Wenn und soweit es Hinweise auf mögliches Fehlverhalten gibt, gehen wir dem nach", erklärte die Bank. Wruck ließ mitteilen, den Antworten an die FT sei nichts hinzuzufügen.

Drähte in die Chefetagen der Finanzindustrie

Nach SZ-Recherchen war Wruck nicht einfach nur irgendein ein persönlicher Bekannter von Wöhrmann, sondern zu dieser Zeit auch Geschäftspartner der Deutschen Bank. Laut dem Verhaltenskodex des Geldhauses sollten Mitarbeiter Interessenkonflikte durch private Geschäfte mit Kunden und Geschäftspartnern vermeiden, in jedem Fall aber offenlegen. Das gilt besonders für Führungskräfte mit Vorbildfunktion. Die Compliance-Abteilung der Bank wurde aber wohl erst später durch die Verdachtsmeldung auf die Transaktion aufmerksam.

Daniel Wruck ist ein gut vernetzter Geschäftsmann, der mit undurchsichtigen Deals von sich reden macht. Er ist Unternehmer und Investor, hat Drähte in die Chefetagen der Finanzindustrie und Kontakte in hohe politische Kreise in Deutschland sowie in Nahost. Ihm gehört eine Beratungsfirma, zugleich ist er Geschäftsführer eines Frankfurter Unternehmens, das laut Webseite Verfahren zur Reinigung von Industrieanlagen mit Trockeneisbestrahlung anbietet.

Im Frühjahr 2017, also kurz vor der Porsche-Zahlung, war Wruck maßgeblich daran beteiligt, Investoren für eine Fintech-Tochter von Auto1 - das Unternehmen hinter Wirkaufendeinauto.de - zu suchen. Er wurde fündig bei Deutscher Bank und Allianz. Wruck half nicht nur dabei, die Investoren zu versammeln, sondern beteiligte sich auch selbst an dem Fintech-Deal, der im Sommer 2018 unter dem Namen "Auto 1 Fintech" verkündet wurde.

Auf Seiten der Deutschen Bank war Wöhrmann damit betraut, das Vorhaben voranzutreiben. Die Sache scheiterte dennoch; 2020 stiegen Allianz, Deutsche Bank und Auto 1 wieder aus. Seither bietet das Fintech seine Dienstleistung ohne die prominenten Partner an. Für Wöhrmann ging es dabei zeitweise auch um einen interessanten Posten: Aus Papieren des Projekts, die der SZ vorliegen, geht hervor, dass Wöhrmann nach einer Übergangszeit "Chairman" von Auto 1 Fintech werden sollte, was Wöhrmann und die Deutsche Bank indes zuletzt bestritten.

Möglicher Verstoß gegen den Verhaltenskodex

Problematisch für Wöhrmann könnte nun auch sein, dass er in den Verhandlungen für Auto 1 Fintech laut FT seinen privaten Email-Account umfangreicher nutzte als bislang bekannt. Demnach soll er 50 bis 100 Emails an seinen privaten Account erhalten haben mit teils vertraulichem Anhang. Der SZ liegen drei Emails vor, die Wöhrmann von seinem privaten Account abgeschickt hatte. Auch das dürfte ein Verstoß gegen den Verhaltenskodex gewesen sein, wonach "Strafen wie Kündigung, Gehaltseinbußen oder eine abgesagte Beförderung" riskiert, wer sich bankinterne Daten an die private Emailadresse schickt. Als die SZ im Sommer 2021 danach fragte, hieß es im Umfeld von Wöhrmann, dies sei ein einmaliger, dem Urlaub geschuldeter Vorgang gewesen. Weder ein Sprecher von Wöhrmann noch die Deutsche Bank wollten sich am Dienstag dazu äußern.

Zwischen Wöhrmann und Wruck gibt es noch eine weitere Verbindung. Nachdem Konzernchef Christian Sewing Wöhrmann Ende 2018 zum Vorstandschef der DWS befördert hatte, investierte die DWS in den Jahren 2019 und 2020 insgesamt neun Millionen Euro in das Nachhaltigkeits-Start-up Arabesque. Auch daran ist Wruck beteiligt, beziehungsweise war in die Investorensuche eingebunden. Wöhrmann hatte das Investment intern stets gegen Kritik verteidigt, sagten Insider. Sein Vorgänger Nicolas Moreau sei noch gegen eine Beteiligung an Arabesque gewesen. Wöhrmann hatte im Sommer 2021 auf SZ-Anfrage noch bestätigt, dass er und Wruck sich zwar kennen, es zwischen ihnen aber nie Geschäftsbeziehungen gegeben habe, weder direkt noch indirekt.

Im Herbst hatte die SZ berichtet, dass Wruck auch der private Vermieter von Commerzbank-Chef Manfred Knof war. Knof hatte sich zeitweise dafür eingesetzt, dass die über eine Konzerntochter ebenfalls an Arabesque beteiligte Commerzbank noch mehr Geld in das Start-up steckt. Das Vorhaben wurde abgesagt. Stattdessen investierte die Commerzbank in das Start-up 360X - auch dort war Wruck eingebunden war in die Investorensuche. Ein Compliance-Problem sah die Commerzbank nicht darin. Die Wohnung sei Knof vom Vormieter vermittelt worden, hieß es. Er bezahle eine marktadäquate Miete. Und er soll mittlerweile auch schon wieder ausgezogen sein.

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