Deutsche Bank:DWS-Chefs kassieren Klatsche auf der Hauptversammlung

Deutsche Bank: Fahnen mit dem Logo der DWS Group beim Börsengang des Vermögensverwalters 2018 an der Fassade der Wertpapierbörse in Frankfurt.

Fahnen mit dem Logo der DWS Group beim Börsengang des Vermögensverwalters 2018 an der Fassade der Wertpapierbörse in Frankfurt.

(Foto: Arne Dedert/dpa)

Wenn etwas schief läuft bei großen Konzernen, stellen Fondsmanager der DWS oft unangenehme Fragen. Nach Greenwashing-Vorwürfen werden Management und Aufsichtsrat der Gesellschaft nun selbst abgestraft.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Ist der Greenwashing-Skandal der Deutsche-Bank-Tochter DWS allein ein Thema für Fondsanleger und Umwelt-NGOs - oder geht es dabei auch um Fragen deutscher Unternehmenskultur? Zumindest im Ausland scheint man die Dinge etwas grundsätzlicher zu sehen. Die britische Zeitung Telegraph fragte dieser Tage, wie es eigentlich um die Corporate Governance - also die gute Unternehmensführung - in Deutschland bestellt sei angesichts der jüngsten Razzia bei der DWS und dem anschließenden Rücktritt von Vorstandschef Asoka Wöhrmann. Von der größten deutschen Fondsgesellschaft spann die Zeitung kurzerhand den Bogen zum Zusammenbruch des Schummelkonzerns Wirecard oder dem Diesel-Skandal von Volkswagen.

Der Vergleich mag etwas sportlich sein, schließlich droht derzeit nicht gerade der Zusammenbruch der Deutsche-Bank-Tochter. Eine hohe Strafe aber ist durchaus möglich, und der Schaden für die Fondsgesellschaft ist jetzt schon immens: 50 Ermittler von Staatsanwaltschaft Frankfurt, BKA und Finanzaufsicht hatten vergangene Woche die Geschäftsräume der DWS durchsucht. Sie soll Aktienfonds als "nachhaltiger" verkauft haben als sie sind, so der Verdacht, und zwar so aggressiv, dass nun Prospekt- und Kapitalanlagebetrug im Raum stehen. Anlass für die Ermittlungen waren laut Staatsanwaltschaft Vorwürfe der früheren DWS-Nachhaltigkeitschefin. Der Amerikanerin war vergangenen März nach nur wenigen Monaten gekündigt worden, nachdem sie auf großen Nachholbedarf bei "grünen" Fonds hingewiesen hatte. Seit sie die Vorwürfe im Sommer 2021 zudem öffentlich gemacht hat, ermitteln mehrere US-Behörden und nun auch noch die deutschen Strafverfolger. Der Aktienkurs der DWS hatte bereits vergangenen Sommer massiv verloren - ein Einbruch, von dem er sich bislang nicht erholt hat.

Aber nicht nur aus strafrechtlicher Sicht und für den Fondsabsatz sind die Vorgänge unangenehm und gefährlich. Die Fondsgesellschaft hatte sich zuletzt selbst einen Ruf als kritische Aktionärin erarbeitet. Seit Jahren stellen Fondsmanager der DWS bissige Fragen auf Hauptversammlungen, beim Chemiekonzern Bayer zur Übernahme des US-Saatgutherstellers Monsanto oder bei Volkswagen zum Diesel-Skandal - nach Ansicht vieler Experten ein wichtiger Beitrag für eine bessere Unternehmensführung hierzulande, der nun vorerst unmöglich sein dürfte.

An der Führung prallen die kritischen Fragen ab

Denn nun steht die DWS-Führung selbst in der Kritik wie nie zuvor: Am Donnerstag mussten sich Aufsichtsratschef Karl von Rohr und der scheidende Vorstandschef Wöhrmann auf ihrer eigenen Hauptversammlung erklären- eigentlich eine Pro-Forma-Sache, schließlich hält die Deutsche Bank knapp 80 Prozent an der Tochter, dennoch aber ein Raum für kritische Anmerkungen und zu normalen Zeiten ein Ausweis dafür, dass es die DWS auch selbst ernst nimmt mit der sogenannten Aktionärsdemokratie. Nun aber wollten die Anteilseigner einiges wissen, welche Belastung aus dem Greenwashing-Verdacht auf die Firma zukommen könnte und ob der Aufsichtsrat frühzeitig reagiert habe.

An Wöhrmann und von Rohr prallten die kritischen Fragen gleichwohl ab. Von Rohr, im Hauptberuf Vizechef der Deutschen Bank, schien in allererster Linie Mitleid mit dem scheidenden Vorstandschef zu hegen, die "Vorwürfe, Anschuldigungen, Gerüchte und anonymen persönlichen Drohungen", die es gab, hätten Wöhrmann belastet. Dabei sei ja an alledem gar nichts dran: Der Aufsichtsrat habe eine unabhängige "Analyse" und "Plausibilitätsprüfung" veranlasst und keine Belege dafür gefunden, dass die DWS in den Wertpapierprospekten falsche Angaben gemacht habe. Abgesehen davon blicke man zurück auf ein Jahr der Rekorde: bei Gewinn, Aufwand-Ertrags-Relation, Nettomittelzuflüssen. Dass der Aktienkurs seit den Vorwürfen massiv verloren hat? Nun ja, das sei "frustrierend" gestand wiederum Wöhrmann ein. Aber gerechtfertigt? Nein.

Bei den Aktionären schienen die aufmunternden Worte nicht wirklich zu verfangen. Der Dachverband kritischer Aktionäre sowie die Fondsgesellschaft Union Investment, immerhin drittgrößter Aktionär und eine wichtige Stimme am Finanzplatz Frankfurt, verweigerten Aufsichtsrat und Vorstand sogar die Entlastung. Zwar wurden die Führungsorgane am Nachmittag immer noch von 82 Prozent des anwesenden Kapitals entlastet. Ergebnisse unter 90 Prozent gelten allerdings als enttäuschend, auch wenn in diesem Fall der treue Großaktionär offenbar nicht mitgestimmt hat. "Das war dann doch eine riesige Klatsche für die Führung", hieß es von einem Anteilseigner.

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