Deutsche Bank:DWS-Chef muss nach Razzia gehen

Deutsche Bank: Die Deutsche Bank tauscht bei ihrer Fondstochter DWS den Chef aus. Der derzeitige Vorstandsvorsitzende Asoka Wöhrmann wird sein Mandat niederlegen.

Die Deutsche Bank tauscht bei ihrer Fondstochter DWS den Chef aus. Der derzeitige Vorstandsvorsitzende Asoka Wöhrmann wird sein Mandat niederlegen.

(Foto: Friedrich Bungert)

Die Deutsche Bank trennt sich von Asoka Wöhrmann, dem Chef ihrer Vermögensverwaltung. Sein Nachfolger hat überraschend wenig Erfahrung im Fondsgeschäft.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Die Reaktion kam überraschend schnell, nachdem am Dienstagmorgen Ermittler die Frankfurter Geschäftsräume der Deutsche-Bank-Tochter DWS durchsucht hatten. Der Verdacht: Kapitalanlagebetrug. Die DWS soll ihre Fonds absichtlich "grüner" dargestellt haben als sie sind. Noch am frühen Mittwochmorgen, also keine 24 Stunden später, meldete die Deutsche Bank: DWS-Chef Asoka Wöhrmann legt sein Mandat nieder, bereits zum Ablauf der Hauptversammlung am 9. Juni. Sein Nachfolger: Stefan Hoops, der zuletzt das Geschäft mit Unternehmenskunden geleitet hat. Gründe für den Wechsel nannte die Bank nicht. Aber klar ist: Der DWS-Chef muss nun für die jüngsten Entwicklungen die Verantwortung übernehmen.

Hintergrund der Razzia waren "Greenwashing-Vorwürfe" der früheren Nachhaltigkeitschefin der DWS, Desiree Fixler, die sich im Sommer 2021 dem Wall Street Journal offenbart hatte. Daraufhin hatten mehrere US-Behörden und auch die deutsche Finanzaufsicht Ermittlungen aufgenommen. Was bis Dienstag aber nicht bekannt war: Auch die Frankfurter Staatsanwaltschaft und sogar das Bundeskriminalamt ermittelten seit Januar 2022 wegen des Verdachts des Kapitalanlagebetrugs. Der Verdacht richtet sich gegen bislang unbekannte Mitarbeiter und Verantwortliche der DWS.

Die Deutsche Bank hält mit 80 Prozent die Mehrheit an der börsennotierten DWS. Karl von Rohr, Vizechef der Deutschen Bank, führt den Aufsichtsrat. Ihr Vorstandschef, Asoka Wöhrmann, hatte noch im November 2020 gesagt, die DWS sei in Sachen Nachhaltigkeit deutlich besser als die Konkurrenz. Man habe einen "einzigartigen Ansatz zur Integration von Nachhaltigkeitsaspekten". Dieser gehe weit über bisherige Branchenstandards hinaus. Experten aus dem eigenen Hause sahen das offenbar anders. Interne E-Mails und Präsentationen ließen bezweifeln, dass die DWS beim Thema Nachhaltigkeit schon so weit war, wie Wöhrmann es vorgab. Die DWS und die Deutsche Bank hatten die Vorwürfe stets bestritten.

Seinen gut dotierten Vertrag dürfte Wöhrmann ausbezahlt bekommen

"Ich habe immer mit allem Herzblut zum Wohle der DWS gearbeitet. Dies gilt natürlich insbesondere seit meiner Rückkehr an die Spitze der Gesellschaft 2018", teilte Asoka Wöhrmann mit. Heute sei die DWS nach den drei erfolgreichsten Jahren in der Geschichte der Firma deutlich profitabler, stabil aufgestellt und habe auch in einem zuletzt schwierigen Umfeld ihre Marktposition weiter gut behauptet. "Gleichzeitig sind die Vorwürfe, die in den vergangenen Monaten gegen die DWS und mich persönlich erhoben wurden, eine Belastung für das Unternehmen und auch für meine Familie und mich persönlich geworden", sagte er. Er habe sich daher "entschieden", sein Mandat im Einvernehmen mit dem Unternehmen niederzulegen.

Klar ist also auch: Seinen gut dotierten Vertrag, der noch zwei Jahre läuft, dürfte Wöhrmann ausbezahlt bekommen. Aufsichtsratschef Karl von Rohr hatte seinen Vertrag noch im März 2021 vorzeitig verlängert, just als die frühere Nachhaltigkeitschefin den Greenwashing-Verdacht erhoben hatte. Die Vorwürfe hatte Rohr durch Experten von PwC untersuchen lassen, das Ergebnis damals: Da sei überhaupt nichts dran.

Mehr als ein Jahr später sieht es nun etwas anders aus, die Vorwürfe offenbaren sich als doch nicht so haltlos. Mit Stefan Hoops stehe ein "hervorragender Manager" für die Spitze der DWS bereit, teilte Rohr am Dienstag mit. Er habe in den vergangenen Jahren in verschiedenen Positionen sowohl seine Kapitalmarktexpertise als auch seine exzellenten Führungsqualitäten bewiesen.

Tatsächlich hat Hoops zwar wenig Erfahrung im Fondsgeschäft, er gilt aber als enger Vertrauter von Konzernchef Christian Sewing. Für Letzteren sind die Ereignisse bitter: Sewing hat zuletzt nicht nur die Nachhaltigkeit ins Zentrum seiner Strategie gestellt, er hat auch lange die schützende Hand über Wöhrmann gehalten, obwohl es zuletzt eine beträchtliche Liste an Vorwürfen gab. Zum Greenwashing-Verdacht hinzu kamen noch mutmaßlich unerlaubte Kommunikation bankinterner Vorgänge über private Mailkonten sowie der Umgang mit einem dubiosen Geschäftsmann. Wöhrmann hatte die Vorwürfe stets bestritten.

Die DWS allerdings ist auch entscheidend für den Erfolg der Konzernmutter Deutsche Bank, die die stabilen Erträge der Tochter braucht. Die DWS allerdings hatte sich zuletzt immer mehr zu einem internationalen Riesen mit geringen Margen gewandelt. Zwar fließen ihr immer mehr Anlegergelder zu, allerdings vor allem in preisgünstige Index- und Geldmarktfonds. Um in diesem margenarmen Geschäft gegen die internationalen Größen der Branche zu bestehen, müsste die DWS durch eine Übernahme wachsen. Entsprechende Pläne gibt es, aber mögliche Partner sind rar. Und die Deutsche Bank müsste womöglich einen Teil ihrer Kontrolle oder gar Anteile an ihrem Fondshaus abgeben - beides passt Konzernchef Sewing nicht, eben weil er die stabilen Erträge braucht. Am Dienstagmorgen gaben die Aktien der DWS um mehr als sechs Prozent nach.

Auch die Fondsbranche und Verbraucherschützer verfolgen die Vorgänge mit Interesse. "Greenwashing von Finanzprodukten ist schon länger ein Thema, aber die Durchsuchung und der Rücktritt von DWS-Chef Wöhrmann geben dem Thema eine neue Brisanz", sagte Magdalena Senn, Referentin für nachhaltige Finanzmärkte bei der Organisation Finanzwende. Die Vorwürfe auf Prospekt- beziehungsweise Kapitalanlagebetrug wögen schwer und zeigten: Greenwashing sei kein Kavaliersdelikt. Die Durchsuchung und der Rücktritt würden daher Signalwirkung für andere Vermögensverwalter entfalten. "Anbieter von als nachhaltig beworbenen Finanzprodukten werden nun genau prüfen, ob ihre eigenen Anlagekriterien halten, was sie versprechen", sagte Senn.

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