Finanzwirtschaft:Deutsche Bank: Lücke der deutschen Wirtschaft

Deutsche Bank Frankf

In den Türmen der Deutschen Bank in Frankfurt gab es in den vergangenen Jahren so viele Schwierigkeiten, dass die Kunden tief verunsichert sind.

(Foto: AFP)

Eigentlich bräuchten die Unternehmen einen starken Partner. Für die Deutsche Bank aber ist der Weg zurück in diese Rolle noch lang.

Kommentar von Caspar Busse

Deutschland ist eine der erfolgreichsten Volkswirtschaften der Welt. 2016 wurden so viele Waren und Dienstleistungen exportiert wie nie zuvor. Trotz des Dieselskandals und der "America first"-Parolen hat "Made in Germany" nach wie vor einen guten Ruf. Deutsche Unternehmen sind im Ausland ungewöhnlich erfolgreich, über viele Branchen hinweg: Chemie, Automobilproduktion, Maschinenbau, Logistik, Versicherungen. Eine ganze Reihe von Mittelständlern sind in ihren Bereichen Weltmarktführer.

Und im Bankgewerbe? Hier klafft ein großes Loch. Deutsche Geldinstitute von Weltrang? Fehlanzeige. Die Deutsche Bank taumelt von einer Krise zur nächsten, ist nach dem Kursverlust von diesem Montag gerade mal 25 Milliarden Euro an der Börse wert, weit abgeschlagen hinter der Konkurrenz. Auch die Commerzbank und die Landesbanken sind mit sich selbst oder mit ihrer Abwicklung beschäftigt. Daneben gibt es viele, regional tätige Sparkassen und Genossenschaftsbanken.

Die Unternehmen wären froh über eine starke Bank

Dabei benötigt die deutsche Wirtschaft eine oder mehrere starke und international tätige Banken, gerade in diesen wirtschaftlich unruhigen Zeiten, die unter dem Schock des aufkommenden Protektionismus stehen. Die deutschen Unternehmen, die weltweit aktiv sind, brauchen international vernetzte Bankpartner. Sie sind auf jemanden angewiesen, der sie bei Finanzierungen, bei der Übernahme oder dem Verkauf von Unternehmen, bei Börsengängen, bei der Ausdehnung in neue Märkte unterstützt. Gerade jetzt wären viele Unternehmen wohl mehr denn je froh, wenn sie dabei nicht nur auf angelsächsische oder chinesische Kreditinstitute angewiesen wären. Sie wollen die Auswahl - und einen starken und verlässlichen Partner aus ihrem Heimatmarkt, der die deutschen Bedürfnisse und Eigenarten versteht und für Vertrauen steht.

Das wäre eine gute Rolle für die Deutsche Bank, schließlich ist sie 1870 als Finanzier der deutschen Unternehmen gegründet worden, damit ließe sich auch Geld verdienen. Doch leider ist das Institut aus Frankfurt weit davon entfernt. Seit Langem sind nun Bankchef John Cryan und seine Leute vor allem mit Aufräumarbeiten beschäftigt, komplizierte und sehr teure Rechtsstreitigkeiten mussten beigelegt werden.

Der weite Weg vom schnellen Geld zum langfristigen Geschäft

Immerhin: Der neuerliche Strategieschwenk, den Cryan an diesem Sonntag verkündete, weist nun in die richtige Richtung. Die Deutsche Bank will sich wieder auf Deutschland konzentrieren und stärkt sich mit einer erneuten Kapitalerhöhung von rund acht Milliarden Euro. Die Postbank wird nun doch in den Konzern integriert, der damit wieder zu einer klassischen Universalbank wird. Am Ende wird die Deutsche Bank allein in Deutschland etwa 20 Millionen Privatkunden haben. Zu Cryans Stellvertretern wurden vom Aufsichtsrat Marcus Schenck und Christian Sewing ernannt, die sich nun beide Hoffnung auf den späteren Vorstandsvorsitz machen können. Auch das soll ein Signal sein: weg von der Kurzfristmentalität, hin zum soliden Finanzierungsgeschäft.

Doch der Weg ist noch weit. In den vergangenen 20 Jahren hatten sich die Banker aus den beiden Glastürmen immer weiter von ihrem einstigen Kerngeschäft, der Finanzierung der deutschen Wirtschaft, entfernt und stattdessen auf vermeintlich lukrative Finanzgeschäfte gesetzt. Die Deutsche Bank wurde zur Zockerbude und muss sich das verlorene Vertrauen nun wieder mühsam zurückverdienen. Ob das so schnell geht? Und ob die jetzt verkündeten Maßnahmen reichen? Zweifel sind angebracht, die Geduld von Kunden und Investoren ist bereits arg strapaziert. Das Image der Bank ist durch die vielen Skandale nachhaltig beschädigt. Auch wenn diese größtenteils nun erledigt sein sollen, Vertrauen kommt nur sehr langsam zurück.

Seit bald fünf Jahren führt Paul Achleitner nun den Aufsichtsrat, in seiner Amtszeit ist die Bank strategisch nicht weit vorangekommen. Das Institut glich vielmehr einem Getriebenen, mal geht es in die eine Richtung, mal wurde dort repariert. Die Postbank etwa wurde einst als Bekenntnis zu Deutschland erworben, dann wurde lange geprüft, und die Bonner Tochter sollte verkauft werden. Nun hat sich trotz aller Bemühungen kein Käufer gefunden, deshalb wird die Bank jetzt vollständig in den Konzern integriert (was schon vor Jahren hätte erfolgen müssen). Das Hin und Her kostet nicht nur Milliarden, es ist auch viel wertvolle Zeit verstrichen. Langfristiges und nachhaltiges Management, wie es viele Mittelständler betreiben, sieht zumindest anders aus.

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