Deutsche Bank:Die Deutsche Bank muss ihren Hochmut loswerden

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Die Lage bei Deutschlands größter Bank ist desaströs. Sie muss sich jetzt auf das Geschäft in Deutschland konzentrieren. (Foto: Getty Images)

Jahrelang versuchte man in Frankfurt, eine weltweite Top-Bank zu werden. Daran ist momentan nicht mehr zu denken. Die Frage ist nur: Was ist so schlimm daran?

Kommentar von Andrea Rexer

In diesem einen Satz konzentriert sich das gesamte Drama der Deutschen Bank: "Ich würde mich schämen, wenn wir in der Krise Staatshilfe annehmen würden", sagte Josef Ackermann, der damalige Chef, im Jahr 2008. Kein anderer Satz spiegelt den Hochmut dieser Bank so klar - denn sie hielt sich für besser als all die anderen, die Staatshilfe annahmen. Kein anderer Satz hat das einst enge Verhältnis zwischen dem politischen Berlin und den Frankfurter Doppeltürmen so sehr belastet wie dieser, denn er brandmarkte die Staatshilfe als Makel und erschwerte die Akzeptanz.

Nun wird klar, dass auch kein anderer Satz den tiefen Fall der Bank so verdeutlicht wie dieser. Seit Tagen wird an den Finanzmärkten darüber spekuliert, ob die Regierung im Notfall die Deutsche Bank retten wird oder nicht. Acht Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise, zu einem Zeitpunkt also, zu dem sich andere Banken nach einer harten Restrukturierung wieder aufrappeln, ist die Deutsche Bank ganz unten angekommen. Durch die Spekulationen fiel die Aktie auf den historischen Tiefstand von gerade noch zehn Euro. Vor der Finanzkrise kosteten die Anteilsscheine noch mehr als 100 Euro, also zehn Mal so viel.

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Von Meike Schreiber

Man tut gut daran, nicht auf jede Zuckung der Finanzmärkte zu reagieren. Denn natürlich sind sie getrieben von den verschiedensten Interessen: Einige Investoren machen Kasse, indem sie auf fallende Kurse setzen; konkurrierenden Banken kommt es nicht ganz ungelegen, wenn ein großer Wettbewerber unter Druck gerät. Für Sparer gibt es erst recht keinen Anlass zur Sorge: Spareinlagen sind in Deutschland weit über die staatliche Garantie von 100 000 Euro hinaus durch die Einlagensicherung der Bankenverbände abgesichert.

Wie ernst ist die Lage wirklich?

Jene Gerüchte, auf denen die Spekulationen der notorisch nervösen Investoren beruhen, sind längst dementiert: Sowohl Deutsche-Bank-Chef John Cryan als auch Kanzlerin Angela Merkel haben bestritten, dass sie bei einem Treffen über Staatshilfen gesprochen hätten, wie berichtet worden war. Ob ein solches Treffen stattfand oder nicht, ist bei Lichte betrachtet völlig unerheblich. Denn im Ernstfall würde dieses Institut natürlich gerettet werden - auch wenn das so kurz vor den Bundestagswahlen höchst unpopulär wäre. Kürzlich hat der Internationale Währungsfonds dem Haus bescheinigt, die gefährlichste Bank der Welt zu sein, nicht weil sie fragwürdige Papiere hortet, sondern weil sie so stark innerhalb der Branche vernetzt ist.

Tatsache ist, dass für eine akute Notfallrettung im Moment der konkrete Anlass fehlt: Die Deutsche Bank ist zwar schwächer kapitalisiert als mancher Konkurrent, erfüllt aber die regulatorischen Vorgaben und kommt allen Zahlungsverpflichtungen nach. Dass sich der Aktienkurs nicht nennenswert erholt, zeigt aber, dass die Bank das Vertrauen der Öffentlichkeit gänzlich verloren hat. Das hat vor allem mit den zahlreichen Rechtsstreitigkeiten zu tun. Insbesondere die vom US-Justizministerium in Aussicht gestellte drakonische Strafe von 14 Milliarden Dollar für krumme Hypothekengeschäfte in den Jahren vor der Krise löst Unruhe aus. Es handelt sich um eine Summe, die so hoch gegriffen ist, dass sie die Deutsche Bank nicht zahlen könnte, aber aller Voraussicht nach auch nicht zahlen muss - schon allein weil die US-Behörden kein Interesse daran haben, die Finanzstabilität zu gefährden. Es rächt sich nun, dass die Führungsebene nach der Finanzkrise nur zögerlich mit den Behörden zusammenarbeitete und Verfehlungen herunterspielte, statt mit offenen Karten zu spielen. Die Versäumnisse der Bank beziehen sich jedoch nicht allein auf die Aufräumarbeiten nach der Krise. Viel schneller und konsequenter hätte sie den internen Umbau angehen müssen. Die vielen Rechtsstreitigkeiten sind auch ein Beleg dafür, dass die Strukturen zu komplex sind, um eine Bank verstehen und sinnvoll führen zu können. Und im Notfall können die Behörden auch nur Banken mit einfachem Aufbau ohne Verwerfungen an den Finanzmärkten abwickeln. Viel zu lange haben sich die Banker in den Frankfurter Doppeltürmen von ihren Träumen beflügeln lassen, zu den Top-Banken weltweit zu gehören. Die Aufgabe der gegenwärtigen Führungsmannschaft ist es nun, sich vom früheren Hochmut zu verabschieden. Im Zentrum des Interesses der Deutsche-Bank-Manager sollten die deutschen Privat- und Firmenkunden stehen, nicht hohe Gewinne aus Wertpapiergeschäften. Was wäre so schlimm, wenn die Deutsche Bank keinen globalen Anspruch mehr hätte, sondern schlicht und gut als Dienstleister deutsche Mittelständler und Konzerne im In- und Ausland begleitet?

© SZ vom 28.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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