Deutsche Bank:Das Gegenteil von Ruhe

Deutsche Bank - Christian Sewing

Im April löste Christian Sewing den Briten John Cryan als Vorstandschef der Deutschen Bank ab. Cryans Vertrag wäre erst 2020 abgelaufen, er war aber bei Investoren in Ungnade gefallen.

(Foto: Arne Dedert/dpa)

Im Vorstand des Instituts zeichnen sich in den kommenden Monaten weitere Wechsel ab. Zudem wird nun erneut die Wandlung in eine Holding geprüft.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Insgesamt vier Vorstandschefs hat die Deutschen Bank in den vergangenen zehn Jahren verschlissen - mehr als andere Dax-Konzerne. Kein Wunder: Das Geldhaus steckt in der Dauerkrise. Mit Christian Sewing, der die Bank seit April führt, scheint in der Führung nun aber so etwas wie Kontinuität eingekehrt.

Im Rest des Vorstandsgremiums jedoch geht das Stühlerücken womöglich weiter. Dort könnte es Finanzkreisen zufolge in den kommenden Monaten zu mehrere Veränderungen kommen und zwar an wichtigen Positionen. Auf der nächsten regulären Sitzung Ende Oktober muss der Aufsichtsrat zunächst entscheiden, ob der Vertrag von Vizevorstandschef Garth Ritchie, der zum Jahresende ausläuft, verlängert wird. Auf der Strategiesitzung des Aufsichtsrates an diesem Wochenende wird nach SZ-Informationen noch nicht darüber entschieden. Laut der Nachrichtenagentur Reuters soll auf der Tagung hingegen über eine Umwandlung des Konzerns in eine Holding gesprochen werden. Eine solche Struktur, über die im Konzern bereits seit Jahren nachgedacht wird, könnte Fusionen oder Abspaltungen erleichtern. Sie hat aber auch viele Nachteile, und wurde daher bislang nicht umgesetzt. Entscheidungen sind nicht geplant.

Dass die Zukunft von Garth Ritchie weiter offen ist, hatte in der Finanzbranche für Aufsehen gesorgt. Ritchie ist für das Investmentbanking zuständig, die ertragreichste aber auch problematischste Sparte der Bank. Normalerweise entscheidet der Aufsichtsrat mindestens sechs Monate vor Ablauf über die Verlängerung von Vorstandsverträgen. Was genau zu der Verzögerung führte, ist unklar. Dem Vernehmen nach läuft es auf eine Verlängerung hinaus, auch wenn zwischenzeitlich über das Gegenteil spekuliert wurde.

Die Bank prüft erneut die Wandlung des Konzerns in eine Holding

In jedem Fall steht die Personalie stellvertretend für die seit Jahren erratische Personalpolitik des Konzerns. Einerseits war der Investmentbankchef bereits im März auf dem Absprung. Aufsichtsratschef Paul Achleitner konnte ihn nur halten, indem er ihn zum stellvertretenden Vorstandschef beförderte - eigentlich ein Signal der Kontinuität, das für eine rechtzeitige Verlängerung gesprochen hätte. Bank-Insider fragen sich nun wiederum, welche Bedeutung Ritchie überhaupt für den Konzern hat. Das Institut ist vor allem im Anleihehandel stark; der Südafrikaner aber ist Experte für das Aktiengeschäft, welches teilweise eingedampft wird.

Außerdem fehlt der Deutschen Bank im Vorstand ein Investmentbanker, der sich persönlich um große Unternehmenskunden kümmert. Ritchies Co-Vorstand Marcus Schenck hatte im Frühjahr hingeworfen, weil er nicht mehr an die Zukunft der Sparte glaubte. Viele Unternehmen wünschen sich direkten Kontakt zum Vorstand. Das Vakuum ist umso erstaunlicher, weil Sewing und Achleitner immer betonen, wie wichtig die Betreuung gerade heimischer Konzerne ist. "Es ist absurd, dass die Deutsche Bank keinen richten Kundenbanker im Vorstand hat", heißt es bei einer US-Investmentbank. "Das erleichtert uns das Spiel."

Eine weitere wichtige Personalie betrifft die Fonds-Tochter DWS, deren Aktienkurs seit dem Börsengang im Frühjahr um ein Viertel gefallen ist. Vergangene Woche musste die DWS mit Aktienfondsmanager Tim Albrecht einen weiteren wichtigen Abgang vermelden. Werde die Lage nicht bald besser, müsse Sewing einen Nachfolger für DWS-Chef Nicolas Moreau finden, heißt es in Kreisen der Fondstochter. Ersetzen könnte ihn Asoka Wöhrmann, früher Chefanlagestratege und derzeit Manager im Privatkundengeschäft. "Es scheint auf ihn hinauszulaufen, es ist aber noch nicht in trockenen Tüchern", sagt ein Insider.

Zudem endet im Frühjahr der Vertrag von Asien-Vorstand Werner Steinmüller, der wahrscheinlich in den Ruhestand geht, ohne dass es einen Nachfolger geben wird. Nicht zuletzt wird der neue IT-Chef und Sewing-Vertraute Frank Kuhnke nach SZ-Informationen in den Vorstand aufrücken, als Ersatz für Kim Hammonds, die die Bank (bei vollen Bezügen) im Mai ein Jahr vor Ablauf ihres Vertrags verlassen hatte. Die Amerikanerin hatte die Bank auf einer internen Veranstaltung ein "dysfunktionales Unternehmen" genannt. Diese unbequeme Wahrheit auszusprechen, hatte sie den Job gekostet. Die Bank wollte sich nicht dazu äußern.

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