Deutsche Bank:Deutsche-Bank-Aktionäre lehnen neues Boni-System ab

Deutsche Bank CEO Cryan, supervisory board chairman Achleitner and co-CEO Fitschen arrive for the bank's annual general meeting in Frankfurt

Chef und Chefaufseher: John Cryan, jetzt alleiniger Vorstandsvorsitzender, und Paul Achleitner.

(Foto: REUTERS)

Wie geht es mit der Deutschen Bank weiter, was ist die Zukunftsstrategie? Auf der Hauptversammlung wüten viele Aktionäre gegen die Chefetage.

Von Andrea Rexer und Meike Schreiber, Frankfurt

Ach herrje! Aus Versehen unterschlägt Aufsichtsratschef Paul Achleitner in seiner Rede auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank Stefan Krause, als er sich bei den fünf Vorständen bedankt, die vergangenes Jahr ihr Amt aufgeben mussten. "Schieben sie es auf meine Nervosität und nicht auf irgendwelche dunklen Absichten", flachst der Chefkontrolleur. Wie so oft wählt er die fein dosierte Selbstironie.

In der Not hilft eben nur noch Humor. Was bleibt ihm auch anderes übrig. Schließlich steht Achleitner unter Druck wie nie. Während sich im Vorjahr die Wut der Aktionäre auf den inzwischen geschassten Anshu Jain und Co-Vorstandschef Jürgen Fitschen ergoss, machen die Aktionäre in diesem Jahr nun ihn, der den Aufsichtsrat seit 2012 führt, für den Niedergang der Bank verantwortlich. "Sie werfen mir vor allem vor, zu lange an einzelnen Vorständen festgehalten zu haben", fasst er die Kritik in seiner Rede zusammen und erntet Applaus. "Sie fragen, ob ich überhaupt der Richtige bin?". Noch einmal erntet er Applaus. Es lohne sich aber, für die Bank zu kämpfen fügt Achleitner dann an. "Ich würde auch wieder hierstehen, wenn dieses Jahr eine Wiederwahl anstünde". Hier jedoch bleibt der Applaus aus.

Ein neues Boni-System fällt durch

Ob es 2017 zur Wiederwahl kommt, ist tatsächlich ungewiss. Einflussreiche Großaktionäre haben durchblicken lassen, dass sie eine weitere Amtszeit kritisch sehen. Wie kaum eine andere Bank ist das Haus in Skandale verstrickt, die nach der Finanzkrise herauskamen. Die Investoren sind wütend, der Aktienkurs dümpelt um die 15 Euro. In den besten Jahren war das Papier mehr als 100 Euro wert. Und dann auch noch der Verzicht auf eine Dividende.

Am Abend wird klar: Um eine krachende Blamage wie im Vorjahr kommt das Management zwar herum, besonders gut fällt die Abstimmung jedoch nicht aus: Nur 87 Prozent des auf der Hauptversammlung vertretenen Kapitals sprechen dem Aufsichtsrat das Vertrauen aus. Vor einem Jahr hatten das Gremium noch 91 Prozent entlastet. Unterstützung gibt es für Cryan, der mit mehr als 98 Prozent entlastet wird. Seine Vorstandskollegen erhalten ähnliche Quoten.

Ein neues Vergütungssystem jedoch fällt durch: Nur 48 Prozent des anwesenden Kapitals billigt die Richtlinie, die vor allem die Boni regeln sollte. Der Chef des Investmentbanking, Jeff Urwin, hätte dann im Zweifel in einem guten Jahr mit 13,2 Millionen Euro mehr verdienen können als Bank-Chef John Cryan, der auf maximal 12,5 Millionen Euro kommen kann. Das Votum ist allerdings nicht bindend. Achleitner hat aber deutlich gemacht, dass die Bank die Meinung der Aktionäre bei der Ausgestaltung des Vergütungssystems berücksichtigen will.

Die vielen Privataktionäre in der Frankfurter Festhalle wirkten zuvor so, als hätten sie die Bank schon aufgegeben. Viele wären wohl gar nicht mehr gekommen, hätte sie nicht die Neugierde auf Cryan gelockt. Der Vorstandschef hat bisher die Öffentlichkeit eher gemieden. Er will Jobs streichen, Filialen schließen, die Postbank verkaufen und sich auf das Kerngeschäft, die Unternehmenskunden, konzentrieren.

Doch das reicht den Aktionären nicht. "Eine Sanierung alleine hilft dem Aktienkurs nicht groß weiter. Wenn irgendwann wieder Licht am Ende des Tunnels erkennbar wird, erwarten wir von Ihnen auch eigene strategische Impulse zur Weiterentwicklung der Bank", sagt etwa Ingo Speich von Union Investment. Aktionärsschützer Klaus Nieding wettert: "Warum nur in aller Welt soll ich mir unsere Aktie zu einem Ramschpreis von unter 15 Euro kaufen, vom Zweck der Eintrittskarte für die heutige unterhaltsame Veranstaltung zu kleinem Geld mal abgesehen?"

Die Aktionäre erwarten Antworten vom Vorstand, wie die Bank künftig Geld verdienen will. Deswegen betont Co-Chef Jürgen Fitschen, dass sich die Bank im Tagesgeschäft gut geschlagen habe. Für Fitschen, der der Bank nunmehr nur noch als Berater zur Verfügung steht, ist es die letzte Hauptversammlung. Von nun an ist Cryan alleiniger Chef. Er gehe nach drei Jahrzehnten im Dienste der Bank mit Wehmut. Sein Abgang ist auch Folge der Hauptversammlung 2015. Damals kam es zum Eklat: Die Aktionäre haben den Vorstand mit nur 60 Prozent entlastet, ein Misstrauensvotum. Zwei Wochen später musste Jain gehen, Fitschen durfte noch ein Jahr bleiben.

Cryan darf nun mit einem Vertrauensvorschuss rechnen. Der Brite ist kein Gewächs der Deutschen Bank, sondern kam erst 2013 zum Institut, zunächst als Aufsichtsrat, im Juli 2015 übernahm er den Vorstandsvorsitz. Gleich zu Beginn seiner auf Deutsch gehaltenen Rede stellt er klar, dass er sich "falsch verstanden" sieht, wenn man ihn ausschließlich als "Aufräumer" bezeichnet. Er wolle der Bank auch wieder Wachstum bringen.

Die Zukunft ist das eine, die Vergangenheit das andere Thema. 12,7 Milliarden Euro zahlte die Bank seit 2012 für Rechtsstreitigkeiten. Eine enorme Summe und noch immer ist kein Ende in Sicht. Kein Wunder, dass sich die Aktionäre dafür besonders interessieren. Auf Antrag einer Aktionärin stimmen sie über vier Sonderprüfungen ab. Geprüft werden soll etwa, warum die Bank in der Affäre um Zinsmanipulationen eine höhere Strafe zahlen musste.

Doch dafür gibt es später keine Mehrheit. Genau dieses Thema hatte in den vergangenen Wochen im Aufsichtsrat einen großen Streit ausgelöst. Georg Thoma, ausgerechnet jener Aufsichtsrat, den Paul Achleitner ins Gremium geholt hatte, stellte die hartnäckigsten Fragen, bis ihm Kollegen im Aufsichtsrat öffentlich "Übereifer" attestierten. Thoma legte sein Amt nieder, bei der Hauptversammlung lässt er sich entschuldigen. Achleitner äußert sich zum Vorfall kleinlaut: "Mir persönlich tut diese Entwicklung besonders leid."

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