Noch ist die Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank nicht beschlossen, ihre Verlierer aber stehen bereits fest: Es sind die Mitarbeiter in den Filialen. Ein Zusammenschluss würde Hunderte der zusammen rund 2500 Niederlassungen in Deutschland überflüssig machen. Mehrere zehntausend Stellen dürften wegfallen. Doch wer sind die Gewinner? Womöglich ausgerechnet die hochbezahlten Investmentbanker der Deutschen Bank - allen voran jene in den USA.
Als am Wochenende Gerüchte die Runde machten, auch in den USA könne es zu Einschnitten kommen, beeilte sich die Bank sofort, diesem Eindruck entgegenzutreten. "Wir können ihnen versichern, dass das US-Geschäft nicht Teil der Diskussionen mit der Commerzbank ist", schrieben die US-Chefs der Deutschen Bank in einer internen Mitteilung, aus der die Nachrichtenagentur Bloomberg zitiert. Man stehe "fest" hinter dem US-Geschäft. Das klingt nicht viel anders als die Worte von Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing. Der hatte zu Beginn der offiziellen Verhandlungen am 17. März betont, es sei weiterhin das Ziel, "eine globale Bank mit einem starken Kapitalmarktgeschäft zu sein".
Wer also glaubte, bei der Bankenfusion gehe es vor allem darum, einen nationalen Bankenchampion zu schaffen, könnte sich getäuscht sehen. Gut möglich, dass es eher darauf hinausläuft, die Investmentbank der Deutschen Bank weiter zu nähren, also ausgerechnet jene Sparte, die angesichts zahlreicher Skandale vom Aushängeschild zum großen Problemfall des Instituts mutiert ist. Das Kalkül der Fusionsbefürworter: Durch den Zusammenschluss mit der braven Commerzbank könnten die Refinanzierungskosten der neuen Superbank sinken - zum einen, weil sich die Bonitätsnote verbessert und die fusionierte Bank mehr aus stabilen Geschäftsfeldern einnimmt. Zum anderen, weil der Bund seinen Anteil von 15 Prozent an der Commerzbank auch bei einer Fusion behalten könnte. Je nach Umtauschverhältnis hielte der deutsche Staat an der Superbank zwar nur noch rund fünf Prozent. Dies würde aber womöglich ausreichen, um den Investoren zu signalisieren: Die deutschen Steuerzahler lassen die Großbank nicht fallen.
Das Geldhaus müsste Investoren dann also weniger Zinsen für ihre eigenen Anleihen zahlen, hoffen die Befürworter der Fusion. Das wiederum erhöht die Gewinnmargen im klassischen Kreditgeschäft, aber auch im Handel mit Wertpapieren. Zudem hätten die Investmentbanker für ihre Geschäfte dann Zugriff nicht nur auf die Spareinlagen der Postbank und der Deutschen Bank, sondern auch auf jene der Commerzbank-Kunden. Derzeit gibt es diese Spareinlagen quasi zum Nulltarif.
Das Gehaltsgefälle zwischen Deutscher Bank und Commerzbank könnte noch zum Problem werden
Bloß: Ob die Anleihezinsen der Superbank sinken, ist unsicher. Die eher mittelmäßige Bonitätsnote der Deutschen Bank könnte auch auf die Commerzbank übergreifen. Außerdem müsste die Finanzaufsicht der Superbank erlauben, die Spargroschen von Privatkunden zur Refinanzierung des Wertpapierhandels zu verwenden. Die Bafin müsste eine unlängst dazu erteilte Genehmigung wohl verlängern.
Hinzu kommt das Gehaltsgefälle zwischen Deutscher Bank und Commerzbank: Bei den "Blauen" verdienen 607 Mitarbeiter mehr als eine Million Euro. Allein Investmentbanking-Chef Garth Ritchie kassierte 2018 fast so viel wie der gesamte Commerzbank-Vorstand. "Die Vorstände der Commerzbank werden zu Recht gleiche Bezahlung fordern", sagt ein auf Banken spezialisierter Personalberater, der nicht genannt werden wollte. Das aber werde sich auch auf die unteren Ebenen übertragen. "Die Leute in der Filiale werden dafür geopfert", sagt der Berater.
Und der Bund? Berlin müsste als Anteilseigner künftig den Bürgern erklären, warum man die Gehaltsexzesse der Deutschen Bank mitträgt.