Deutsche Bank und Commerzbank:Eine mögliche Fusion unter staatlichem Zwang

FILE PHOTO: Banners of Deutsche Bank and Commerzbank are pictured in front of the German share price index, DAX in Frankfurt

Beide Banken schwächeln, Scholz scheint zu wollen, dass sie gemeinsam ein europäischer Champion werden.

(Foto: REUTERS)

Finanzminister Scholz scheint die Fusion von Commerzbank und Deutscher Bank als Rettungsinsel zu sehen, dabei ist sein Plan so gefährlich.

Kommentar von Meike Schreiber

Wer die Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank für eine prima Idee hält, sollte sich zu Gemüte führen, was die Bankenaufseher der Europäischen Zentralbank gerade via Financial Times haben ausrichten lassen: Man frage sich, hieß es dort ein wenig martialisch, ob die Manager der Deutschen Bank über ausreichend "rücksichtslose Brutalität" verfügten, um eine Fusion gut zu managen. Ginge die Integration schief, habe man am Ende schließlich noch mehr Probleme. Und überhaupt würden die Aufseher die Sache nur genehmigen, wenn ein guter Plan dahinter stecke. Die Manager würden dann aber "in Manndeckung" genommen.

"Manndeckung" also für die Vorstandschefs der beiden größten deutschen Banken, denen es in den Augen der Aufseher offensichtlich an Entscheidungskraft (oder Brutalität) fehlt. Größer kann das Misstrauen nicht sein gegen einen Prozess, den Bundesfinanzminister Olaf Scholz gerade als "faire Begleitung" einer "privatwirtschaftlichen Diskussion" verkauft - der in Wirklichkeit aber eine staatliche orchestrierte Zwangsfusion ist.

Unverhohlen macht Scholz seit Monaten Druck auf beide Banken, sich endlich für ein Zusammengehen zu entscheiden. Spätestens seit der Finanzminister die Gespräche bestätigt und sich Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing ein Mandat für informelle Treffen mit seinem Gegenüber Martin Zielke abgeholt hat, scheint die Sache nicht mehr zu stoppen. Ungeachtet der Skepsis des Managements, der Großaktionäre und der Bankaufseher. Man kann daher nur hoffen, dass sich Scholz und sein Staatssekretär Jörg Kukies die Sache gut überlegt haben. Bereits jetzt dürften die monatelangen Gerüchte viele Mitarbeiter mürbe gemacht und treue Kunden vergrault haben. Den Aktienkursen beider Banken hat es jedenfalls kaum geholfen.

Die Liste an Einwänden gegen das Vorhaben ist lang: Die Kosten einer solch komplexen Fusionen übersteigen oft das Sparpotenzial; die zusätzlichen Erträge werden meist überschätzt; und die Aktionäre müssten hier außerdem drei bis fünf Milliarden Euro nachschießen. Im Ergebnis entstünde eine riesige Bank, die im Ernstfall wohl nur mit Staatshilfe abzuwickeln wäre. Dabei ist die Deutsche Bank auch so schon eines der kompliziertesten Unternehmen der Welt. Mit hoch bezahlten, meist angelsächsischen Investmentbankern auf der einen Seite, eher biederen, meist deutschen Privatkundenbankern auf der anderen, und dazwischen noch den früheren Beamten der Postbank, die gerade erst integriert werden. Es gibt in der Deutschen Bank fast so viele Gefechtslinien wie Abteilungen. Man will sich nicht ausmalen, wie viel Zeit ins Land gehen würde, bis die Commerzbanker richtig angekommen wären.

Unglaubwürdige Drohkulisse hinter der Fusion

In Berlin scheint man die Fusion aber als eine Art Rettungsinsel zu sehen, auf die sich die Deutsche Bank flüchten könnte, sollte sie in einen Abwärtssog aus höheren Refinanzierungskosten und weiter sinkenden Erträgen geraten. Dass die Deutsche Bank in einer fragilen Situation ist, würde niemand abstreiten. Bloß, ist da eine Fusion die Lösung? Die Probleme, vor allem die mangelnde Profitabilität die und schwache Ertragskraft, sind damit ja nicht gelöst. Auch die Drohkulisse, eine der beiden Banken würde andernfalls von Ausländern geschluckt, ist unglaubwürdig. Keine ausländische Bank würde gegen den Willen der Bundesregierung zu so etwas auch nur ansetzen.

Es ist wünschenswert, dass Deutschland in Zeiten des weltweit wachsenden Nationalismus eigene starke Banken hat - aber nicht um jeden Preis. Für die Versorgung der Wirtschaft mit Geld ist die Fusion nicht nötig. Kredite und Bankdienstleistungen gibt es in Deutschland eher zu viel als zu wenig. Und noch sind Deutsche Bank und Commerzbank durchaus in der Lage Europas Unternehmen beim Export zu unterstützen, sie bei Übernahmen oder Börsengängen zu beraten und den Wall-Street-Häusern etwas entgegenzusetzen. Und in Europa gibt es zudem sogar mehrere Bankchampions wie die ING oder die BNP Paribas.

Berechtigt ist freilich die Frage, wie lange das noch gut geht. Statt sich aber in eine abenteuerliche Fusion zu stürzen, sollten deutsche Banken ihre Kräfte bündeln. Das klingt nicht so spannend wie die Geschichte vom Champion, wäre aber effektiver. Viele Geldhäuser versuchen nach wie vor, alles alleine zu machen, dabei könnten sie ihre EDV günstiger auf einer gemeinsamen Plattform betreiben. Bei den Kunden würde man weiter konkurrieren, in der Verwaltung sparen - ganz ohne "rücksichtslose Brutalität".

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