Finanzindustrie:Banken von der traurigen Gestalt

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Die Commerzbank - ein Sanierungsfall.

(Foto: picture alliance/AP Photo)

Die Commerzbank baut Tausende Stellen ab, der Deutschen Bank geht es kaum besser. Am Zustand der beiden größten deutschen Geldinstitute lässt sich das Dilemma der Branche ablesen.

Kommentar von Meike Schreiber, Frankfurt

Es gab eine Zeit, in der die Commerzbank zwar nicht als Liebling ihrer Aktionäre galt, aber doch als begehrenswertes Objekt internationaler Konkurrenten. Wer das gelbe Institut mit seinen zwölf Millionen Kunden übernehmen könnte, hätte in Europas größter Volkswirtschaft ein Standbein für Wachstum, lautete das Narrativ.

Diese Zeit ist nicht einmal so lange her und mündete in den Fusionsgesprächen mit der Deutschen Bank. Die wurden allerdings vor allem deshalb geführt, weil Investmentbanker, Kommunikationsberater und einige Politiker das Märchen in die Welt setzten, die Commerzbank sei regelrecht umzingelt von Bietern aus dem Ausland. Die Deutsche Bank dürfe daher nicht zuschauen, wie sich die Konkurrenz in Stellung bringe, hieß es. Im April wurden die Gespräche abgebrochen, und seither ist deutlich geworden: Die Commerzbank ist kein attraktives Asset, sondern immer noch ein Sanierungsfall. Die Fusionsgespräche sind Geschichte, die Sanierung der Commerzbank bittere Realität.

Ein bisschen sparen, ein bisschen investieren: Die Maßnahmen werden wohl nicht reichen

Seit Ende vergangener Woche steht fest, dass unter dem Strich weitere 2300 von insgesamt 48 000 Arbeitsplätzen wegfallen, die polnische Tochter M-Bank verkauft werden muss, der halbwegs erfolgreiche Online-Ableger Comdirect in den Konzern integriert und ein Fünftel der rund 1000 Filialen geschlossen wird.

Das alles sind im Wesentlichen defensive Maßnahmen. Weil klar ist, dass sich die Erträge nicht steigern lassen werden, müssen auf Teufel komm raus die Kosten gesenkt werden. Angesichts gebuchter Restrukturierungskosten von etwa 850 Millionen Euro bleiben für die Modernisierung der Filialen und die Digitalisierung des Konzerns nach der Umsetzung des Sparprogramms kaum mehr als zusätzlich 750 Millionen Euro übrig - eine Summe, die US-Konkurrenten fast monatlich ausgeben, um ihre Banken flottzumachen.

Dem einstigen Fusionsgesprächspartner Deutsche Bank geht es nicht anders. Auch dort müssen sie wohl Filialen zumachen, weitere Arbeitsplätze streichen und ganze Geschäftsbereiche schließen, um Kosten zu senken, ohne große Hoffnung zu haben, dass irgendwann Zinsen und Erträge steigen und damit auch der Gewinn. Am Zustand der beiden größten deutschen Banken lässt sich somit das gesamte Dilemma des deutschen Finanzgewerbes ablesen. Die Kosten sind überall zu hoch, die Einnahmen zu gering. Commerzbank und Deutsche Bank sind international kaum wettbewerbsfähig, und ihre Aktionäre haben schon lange den Glauben daran aufgegeben, mit ihren Investments noch einmal Geld zu verdienen.

Daran wird sich in den nächsten Jahren nichts ändern. Die Gründe sind vielfältig. Die Regulatoren haben sich dazu entschieden, die Banken als die wesentlichen Verursacher der letzten Finanzkrise scharf zu regulieren, was die Kosten treibt. Daran wird sich nichts ändern, weil die Politik zu Recht nicht noch einmal einspringen möchte, um Banken zu retten.

Sparkassen und Volksbanken machen es der Commerzbank schwer, im Heimat-Geschäft Erfolg zu haben

Hinzu kommt der deutsche Sonderweg, das sogenannte Dreisäulensystem. Neben den paar privaten Banken, die es in diesem Land noch gibt, agieren Sparkassen und Volksbanken ohne den Erwartungsdruck des Kapitalmarktes und schaffen somit eine asymmetrische Wettbewerbssituation. Das ist den Sparkassen nicht vorzuwerfen, schließlich kämpfen auch sie mit den Kosten der Regulierung sowie hausgemachten Problemen, etwa hohen Vorstandsgehältern. Die Zementierung der Dreifaltigkeit des deutschen Bankenwesens aber verhindert auf lange Sicht, dass ein börsennotiertes Haus wie die Commerzbank dauerhaft im Heimatgeschäft Erfolg hat.

Wie Sparkassen und Volksbanken kommt auch den beiden Großbanken aus Frankfurt die Rolle zu, die Grundbedürfnisse der Bevölkerung (vor allem Sparen) und der Unternehmen (vor allem Investieren) zu befriedigen. Wenn es gut läuft, können sie damit gerade einmal ihre eigenen Kosten verdienen. Mehr nicht.

International ist damit kein Staat zu machen. Dabei wäre es kein Selbstzweck, sondern wichtig vor dem Hintergrund zunehmender Auseinandersetzungen mit autokratisch geführten Ländern wie China. Die Suche nach einer Erfolgsformel für die Commerzbank und auch die Deutsche Bank wird daher zwangsläufig in Europa stattfinden müssen.

Allein sind die beiden Institute inzwischen zu schwach. Nur noch im Bündnis mit starken europäischen Partnern können sie dauerhaft bestehen, die Bedürfnisse ihrer Kunden befriedigen und die Interessen des Standortes Deutschland schützen. Die bittere Wahrheit ist, dass sie in diesen Bündnissen bis auf Weiteres nur Juniorpartner sein werden.

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