Deutsche Bank:Wegschauen mit aller Macht

Deutsche Bank

Die Deutsche Bank hat sich nach sechs Monaten und ohne Abfindung von einem Manager getrennt, der früher bei der Bundeswehr-IT-Tochter arbeitete. Das wirft Fragen auf.

(Foto: dpa)
  • Die Deutsche Bank stellte einen Manager ein, der 2018 als Geschäftsführer der Bundeswehr-IT-Tochter BWI geschasst wurde, nachdem seine Verwicklung in die Berateraffäre der Bundeswehr herausgekommen war.
  • Die Bank störte die Vorgeschichte entweder nicht - oder aber man informierte sich nicht ausreichend.
  • Mittlerweile hat man sich wieder von ihm getrennt. Warum, ist unklar.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Wenn Banken neues Spitzenpersonal einstellen, muss dieses seinen Werdegang oft bis ins kleinste Detail offenlegen. Zuweilen befragt die Personalabteilung sogar noch irgendwelche Professoren, bei denen der jeweilige Manager vor 20 Jahren seine Abschlussarbeit geschrieben hat. Umso erstaunlicher ist, wie nachlässig die Deutsche Bank unlängst offenbar bei der Einstellung eines neuen Bereichsleiters vorging. Der Vorgang sorgte für Ärger in der Belegschaft der Bank, denn er warf die Frage auf, ob dort hochrangige Manager Bewerber einfach so durchwinken können: Hat das Geldhaus seine Einstellungsprozesse also wirklich im Griff?

Laut einer internen Mitteilung der Bank von Donnerstag, die der SZ vorliegt, verlässt der Manager die Bank zwar zum 31. März - dem Vernehmen nach zudem ohne Abfindung. Der Vorgang aber wird nach SZ-Informationen intern untersucht. Es geht um Ulrich M., der im September 2019 bei Deutschlands größter Bank als Leiter Informationstechnik für Privatkunden in Deutschland anfing - ein ebenso wichtiger wie gut bezahlter Posten. Dass der Manager bei seinem früheren Arbeitgeber eine eher unrühmliche Rolle gespielt hatte, störte zunächst nicht: Mitte 2018 war er als Geschäftsführer der Bundeswehr-IT-Tochter BWI geschasst worden, nachdem seine Verwicklung in die Berateraffäre der Bundeswehr herausgekommen war.

Strafrechtlich relevante Verstöße fanden Prüfer wohl nicht

Bereits im November 2018 hatte der Spiegel darüber berichtet, dass Ulrich M. bei der BWI möglicherweise vergaberechtswidrig Aufträge vergeben hatte. Die Bank hätte die Vorgänge also kennen können. Wie zudem aus nicht öffentlichen Prüfberichten hervorgeht, welche das Bundesverteidigungsministerium 2018 bei Wirtschaftsprüfern und Anwälten von Deloitte in Auftrag gegeben hatte, vergab M. zwei Aufträge an die McKinsey-Tochter Orphoz mit einem Volumen von insgesamt 5,5 Millionen Euro ohne die vorgeschriebene öffentliche Ausschreibung. Strafrechtlich relevante Verstöße fanden die Prüfer demnach zwar nicht, weil der BWI durch die Verträge kein Vermögensschaden entstanden sei. Doch schon der Verstoß gegen die Vergabegesetze rechtfertigte aus Sicht von Deloitte die Abberufung vom Geschäftsführerposten, heißt es in dem Gutachten, das der SZ vorliegt. Die Vergabe der Aufträge sei als "Pflichtverletzung der Geschäftsführung" zu qualifizieren. Neben dem Deloitte-Gutachten gab es noch ein entlastendes Gutachten, welches Ulrich M. als Geschäftsführer selbst in Auftrag gegeben hatte. Der Manager musste das BWI dennoch ohne Abfindung verlassen.

Die Bank aber störte die Vorgeschichte entweder nicht, oder aber man informierte sich nicht ausreichend: Aufgrund öffentlicher Informationen habe es keinen Grund gegeben, ihn nicht einzustellen, sagte ein Sprecher im Herbst 2019. Jetzt hieß es, die Personalabteilung habe die "zugänglichen Unterlagen - auch neueren Datums - noch einmal sorgfältig geprüft". Auf dieser Basis gebe es keinen Anlass, die Einstellung "neu zu bewerten".

Den Grund für die Trennung, wollte der Sprecher nicht nennen. Insider zweifeln an der Darstellung. So soll in einem internen Vermerk von Oktober die Rede davon gewesen sein, dass keine Presseberichterstattung vorläge, obwohl der Spiegel berichtet hatte. Auch soll ein Hinweis gefehlt haben, dass Ulrich M. freigestellt worden sei. Dem Vernehmen nach hat Zvezdana Seeger, im Vorstand der Privatkundenbank für IT zuständig, den Manager empfohlen, ebenso wie Katrin Suder, früher Staatssekretärin im Bundesverteidigungsministerium. Seeger und Ulrich M. hatten bei der Telekom-Tochter T-Systems zusammengearbeitet. Vizekonzernchef Karl von Rohr, bis Juli Personalvorstand, hatte keine Einwände gegen die Einstellung. Ob der Vorgang für Seeger und Rohr Folgen hat, ist aber noch offen. Weder Seeger noch Ulrich M. wollten sich auf Anfrage dazu äußern.

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