Deutsche Bank:Aufsichtsratschef bedauert hektischen Chefwechsel

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Der Aufsichtsratschef der Deutschen Bank, Paul Achleitner, auf der Hauptversammlung in Frankfurt/Main. (Foto: Kai Pfaffenbach/Reuters)
  • Die Deutsche Bank streicht Tausende Stellen, vor allem im Investmentbanking.
  • Auf der Hauptversammlung verteidigt Aufsichtsratschef Achleitner den Chefwechsel im April, bedauert aber Hektik und Indiskretionen.
  • Die Bank schrieb zuletzt drei Jahre in Folge rote Zahlen.

Der heftig kritisierte Deutsche-Bank-Aufsichtsratschef Paul Achleitner hat den überraschend schnellen Wechsel an der Spitze der Bank verteidigt. Gleichzeitig bedauerte er, dass die Entlassung von John Cryan als Vorstandschef und die Berufung von Christian Sewing als Nachfolger im April so eilig durchgezogen werden musste. "Wir mussten handeln - auch wenn es ursprünglich nicht unsere Absicht war, so schnell den Wechsel herbeizuführen", sagte Achleitner zur Eröffnung der Hauptversammlung am Donnerstag in Frankfurt laut vorab verbreitetem Redetext.

"Ich persönlich hatte gehofft, dass die Neuaufstellung an der Spitze unserer Bank konstruktiv zur heutigen Hauptversammlung stattfinden würde", erklärte er. Dass es anders kam, ist in den Augen Achleitners vor allem die Schuld derjenigen, die in der Woche nach Ostern alle mögliche Spekulationen über eine Nachfolge von John Cryan in die Welt gesetzt hatten. "Wem auch immer es genützt hat - unserer Bank und dem Ansehen der handelnden Personen, nicht zuletzt auch John Cryan und mir persönlich, hat es sehr geschadet", sagte Achleitner.

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Die Deutsche Bank wird an diesem Donnerstag erneut Kürzungen verkünden. Weitere 10 000 Stellen werden wohl gestrichen, das Investmentbanking soll stark verkleinert werden.

Von Meike Schreiber

Man habe "weiteren Schaden für die Bank" verhindern müssen. Der Wechsel sei aber zwingend notwendig gewesen, weil das Management die selbst gesteckten Ziele nicht erreicht und es zudem vermehrt Meinungsverschiedenheiten gegeben habe. Neben Cryan hatte unter anderem der Chef der Investmentsparte, Marcus Schenck, der auch einer von zwei Vizechefs der Deutschen Bank war, das Unternehmen verlassen. Mit Sewing wurde der andere Cryan-Stellvertreter an die Spitze berufen.

Sewing, der fast sein ganzes Berufsleben bei der Deutschen Bank verbracht hat, war in einer Krisensitzung des Aufsichtsrates am 8. April mit sofortiger Wirkung zum Nachfolger des seit Sommer 2015 amtierenden Cryan ernannt worden. Die Bank schrieb zuletzt drei Jahre in Folge rote Zahlen - allerdings auch deshalb, weil Cryan teure juristische Altlasten bereinigte. Kritiker hielten dem Briten aber vor, beim Konzernumbau zuletzt zu zögerlich agiert zu haben.

Die Deutsche Bank teilte am Donnerstag mit, dass die Zahl der Vollzeitstellen des Konzerns global von derzeit rund 97 000 in wenigen Monaten auf "deutlich unter 90 000" sinken soll. Alleine im Handel mit Aktien, wo zuletzt die Erträge eingebrochen waren, soll rund ein Viertel der Jobs wegfallen. Der Großteil des Stellenabbaus soll bereits im laufenden Jahr über die Bühne gehen.

Sewing schreckt vor einem radikalen Umbau nicht zurück: Insgesamt will er das Geschäft mit Firmen und das klassische Investmentbanking massiv zusammenstreichen, unter anderem Dienstleistungen für Hedgefonds. Unter dem Strich soll das Bilanzvolumen der Firmen- und Investmentbank um "mehr als 100 Milliarden Euro sinken". Das entspricht rund einem Zehntel des Bilanzvolumens von rund einer Billion Euro zum Ende des ersten Quartals.

Auch auf der Kostenseite will der neue starke Mann keine Kompromisse machen und konzernweit die Ausgaben schneller und entschiedener senken. Wie bereits angekündigt, sollen die bereinigten Kosten im laufenden Jahr 23 Milliarden Euro nicht überschreiten. Für 2019 plant der Vorstand einen weiteren Rückgang auf 22 Milliarden Euro. "Dabei sind derzeit keine größeren Verkäufe von Geschäftsteilen geplant."

Im ersten Quartal verdiente Deutschlands größtes Geldhaus unter dem Strich 120 Millionen Euro, nach 575 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. Die Erträge sanken im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fünf Prozent auf knapp 7,0 Milliarden Euro.

Fußball-Vergleiche vom Aufsichtsratschef

Aufsichtsratschef Achleitner bemühte sich aber auch um lockere Töne zum Auftakt der Hauptversammlung. "Als Münchner ist es mir ein besonderes Bedürfnis, Ihnen zum Pokal zu gratulieren", sagt er an die Eintracht-Frankfurt-Fans im Saal gerichtet. "Auch im Zusammenhang mit der Deutschen Bank werden des Öfteren Fußball-Analogien bemüht - Champions- versus Europa-League, Teams versus Einzelspieler, Spieler- versus Trainerwechsel", stellt er fest. "Ich habe Ihnen daher heute ein selbst gemachtes Foto vom Samstag mitgebracht - an dem ich mich orientieren möchte, denn der Kampfgeist der Frankfurter hat mich sehr beeindruckt." Auf dem gezeigten Foto ist ein Spruch von Eintracht-Fans zu lesen: "Totgesagte leben länger."

© SZ.de/Reuters/dpa/irm - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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