Deutsche Bank:Alles auf Anfang

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Wer bin ich und wenn ja wie viele? In der Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt ist man auf der Suche nach der rettenden Strategie.

(Foto: Arne Dedert/dpa)

Erst wurde sie gekauft, dann sollte sie weg, jetzt kommt sie wohl wieder zurück: Die Deutsche Bank grübelt, was sie mit ihrer Tochter Postbank machen soll, und sucht nach einer neuen Strategie.

Von Meike Schreiber

Vielleicht ist es ja ganz gut, dass die Deutsche Bank in Frankfurt in gleich zwei Türmen residiert. Das könnte einmal die Trennung vereinfachen. Aber das sind praktische Probleme, mit denen sich das größte Kreditinstitut des Landes wohl noch nicht befasst. Bisher wägen die Strategen intern erst einmal, ob sie die Postbank doch behalten - um dann in einem weiteren Schritt vielleicht sogar die ganze Bank aufzuspalten, in ein Kapitalmarktgeschäft einerseits sowie das Privat-und Firmenkundengeschäft andererseits. Insider jedenfalls bestätigten einen solchen Bericht des Manager Magazins. Es wäre die nächste spektakuläre Volte in einer an strategischen Wenden nicht gerade armen Historie: Einst etwa erklärte die Konzernführung die Vermögensverwaltung zum Kerngeschäft der Deutschen Bank, nur um sie später teilweise zum Verkauf zu stellen. Ähnlich lief es mit dem Massenkundengeschäft: Als der damalige Vorstandschef Josef Ackermann 2008 die Postbank übernahm, tat er dies mit dem Hinweis, er müsse die Deutsche Bank auf mehrere stabile Säulen stellen.

Anschließend passierte wenig bis nichts, in der Finanzkrise ging es ums Überleben. Ab 2010 wurde die Postbank dann Schritt für Schritt integriert. Ihr sichtbarstes Zeichen war das IT-Projekt "Magellan". Damit wollte die Bank Girokonten von Mutter und Tochter kostensparend auf einer Plattform verwalten. Doch kaum war "Magellan" fertig, drehte das Management abermals bei: Anfang 2015 verkündete Ackermann-Nachfolger Anshu Jain den Verkauf der Postbank. Die passte plötzlich nicht mehr zu DNA und sollte weg, weil die Deutsche Bank schrumpfen muss, um ihre Kapitalquoten zu verbessern.

Bisher hatte Vorstandschef Cryan die Trennung von der Postbank mitgetragen

Vor allem die Postbank wird inzwischen aber zum Dauerproblem. Es findet sich einfach niemand, der einen angemessenen Preis bezahlen will. Auch ein Börsengang ist auf absehbare Zeit kaum möglich. Die Deutsche Bank mag die Informationen zur Postbank nicht kommentieren und sagte mit Blick auf eine Aufspaltung, es handele sich um ein schon länger laufendes Projekt mit dem Ziel, die Deutsche Bank in sich und ihrer Struktur zu vereinfachen. Offiziell hat sich die Bank bis 2017 Zeit gegeben mit dem Verkauf der Tochter. Tatsächlich aber hat sich Jains Nachfolger John Cryan in der Öffentlichkeit stets zurückhaltend dazu geäußert. Jain fand allenfalls die Spareinlagen der Postbank-Kunden interessant, um das Investmentbanking zu refinanzieren. Cryan dagegen wirkte wenig überzeugt, die langweilige, aber ertragsstabile Tochter mit rund 14 Millionen Kunden loswerden zu müssen, nur um das Kapitalproblem zu lösen. Nach SZ-Informationen hatte ihm ein großer Investor zudem jüngst signalisiert, dass er eine Absage des Verkaufs bevorzugen würde.

Als Cryan noch im Aufsichtsrat der Bank saß, hatte er dem Verkauf indes zugestimmt und auch noch daran festgehalten, als er im Juli 2015 Vorstandschef wurde.

In jedem Fall lief die Abspaltung der Postbank zuletzt weiter. Zum 1. Juli 2016 wurde die IT vollständig vom Konzern entflochten, spätestens zum Jahresende wollte die Mutter den Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag kündigen, der sie mit der Tochter verbindet. Insgesamt wird die Entflechtung einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag kosten - Geld, das man sich vielleicht hätte sparen können.

Zudem muss Cryan die Kapitalbasis des Konzerns auf anderem Wege stärken, wenn er bei der Postbank nun tatsächlich die Kehrtwende vollzieht. Dass er erneut versucht, die Vermögensverwaltung zu verkaufen, gilt als eher unwahrscheinlich. Das Geschäft frisst wenig Eigenkapital, würde also nur bei einem hohen Buchgewinn eine Erleichterung bringen.

Zunehmend verzweifelt sucht die Bank nach einem Ausweg aus der Misere

Bislang setzte der Konzern daher neben dem Verkauf der Postbank darauf, dass die Bank wieder ausreichend Gewinne macht. Diese sollen nicht an die Aktionäre fließen, sondern das Eigenkapital stärken. Eine Kapitalerhöhung will Cryan unbedingt vermeiden, zumal sie bei dem niedrigen Aktienkurs auch nur schwer möglich wäre. Bloß: Mit den Gewinnen gestaltet es sich kaum einfacher als mit dem Postbank-Verkauf. Im traditionell starken ersten Quartal verdiente die Deutsche Bank netto gerade einmal 236 Millionen Euro. Nach dem Brexit-Votum der Briten dürften die Geschäfte nicht eben besser laufen, weil das Wirtschaftswachstum schwächelt und die Leitzinsen lange niedrig bleiben dürften. Ersteres führt zu mehr Ausfällen bei den Krediten, Letzteres erschwert die Bankgeschäfte ganz generell.

Die Bank ist daher dringend auf der Suche nach einem Ausweg aus der Misere. Wie ein Mitglied der Führungsriege der Süddeutschen Zeitung bestätigte, wird deshalb nun - zumindest als ein denkbares Szenario - noch eine Option geprüft: die Aufspaltung der Bank. Denkbar ist eine Trennung zwischen dem Kapitalmarktteil sowie dem Massen- und auch Firmenkundengeschäft. In einem ressortübergreifenden "Projekt Jade" grübeln Mitarbeiter darüber, wie so eine freiwillige Aufteilung des Instituts gelingen könne.

Tatsächlich hätte so eine Operation, die Cryans Vorgänger Anshu Jain und Jürgen Fitschen bereits 2015 geprüft und verworfen haben, aber auch viele Nachteile: Zwar könnte die Bank dann versuchen, das riskante Handelsgeschäft abzutrennen, für das sie sehr viel Eigenkapital vorhalten muss. Allerdings wäre so ein Geschäft ohne die stabilen Einlagen der Privatkunden nur noch zu refinanzieren, wenn es deutlich schrumpfte. Übrig bliebe damit als Kern das gesamte Privat- und Firmenkundengeschäft sowie die Vermögensverwaltung und das stabile Geschäft mit dem Zahlungsverkehr.

Dass Cryan im Handelsgeschäft nicht die Zukunft sieht, hatte er zuletzt bereits angedeutet. "Die Deutsche Bank ist von ihrer Gründung an eine Bank für Unternehmen gewesen. Das ist unser Kern", hatte er der Süddeutschen Zeitung im Frühjahr gesagt. Um große Konzerne ins Ausland zu begleiten, brauchten die deutschen Unternehmen eine internationale Bank, das dürfe man nicht allein ausländischen Instituten überlassen.

Am Mittwoch veröffentlicht die Bank ihre Zahlen zum zweiten Quartal; am Freitag folgen die Ergebnisse des europaweiten Banken-Stresstests. Wie es derzeit konkret bestellt ist um das Institut, wird also kommende Woche klarer.

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