Deutsche Bank ändert Boni-Modell:Bonus kann zurückgefordert werden

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Die Deutsche Bank verschärft ihre Vergütungsregeln: Aktienpakete für neue Führungskräfte können zurückgefordert werden. Den ungewöhnlichen Kulturwandel im Investmentbanking hat Ex-Chef Ackermann vorangetrieben. In der Branche sorgt die Neuregelung für Aufsehen.

Andrea Rexer, Frankfurt

Es ist nicht allzu lang her, da machte Anshu Jain damit Schlagzeilen, mehr zu verdienen als sein Chef. Und das will etwas heißen. Der Vorgesetzte hieß Josef Ackermann. Schließlich galt der Deutsche-Bank-Chef nicht gerade als Minderverdiener. 2011 erhielt der Schweizer 9,4 Millionen Euro. Anshu Jain aber, damals noch oberster Investmentbanker der Deutschen Bank war, lag mit 9,8 Millionen Euro für 2011 knapp vor Ackermann.

Noch unter Josef Ackermann, dem ehemaligen Vorstandvorsitzenden der Deutschen Bank, wurden die Boni-Regeln deutlich verschärft.  (Foto: dpa)

Es hat daher einiges an Symbolkraft, wenn ausgerechnet jener Banker, der über Jahre hinweg von dem üppigen Boni-System der Bank profitiert hat wie kein anderer, jetzt den Rotstift bei den Gehaltszetteln ansetzt. Seit Juni führt Anshu Jain gemeinsam mit Jürgen Fitschen die Deutsche Bank. Erst kürzlich riefen die beiden den "Kulturwandel" in der Branche aus. Sie bekannten sich dazu, dabei an "vorderster Front" stehen zu wollen. Das Gehaltssystem ist ihre erste, wichtige Baustelle: "Wir glauben fest daran, dass die gesamte Branche ihr Vergütungsmodell verändern muss", sagte Jain kürzlich.

Die ersten Grenzen waren bereits eingezogen, bevor das neue Führungsduo an die Macht kam. Wie ein Sprecher der Deutschen Bank bestätigt, wurden die Boni-Regeln zum Jahresanfang deutlich verschärft. "Es zeigt, dass wir intensiv am Thema Boni arbeiten", sagt ein Sprecher der Bank. Seit Januar können Aktien, mit denen die Bank neue Führungskräfte anlocken will, zurückgefordert werden - und zwar dann, wenn es dem Frankfurter Finanzinstitut schlecht geht oder wenn sich der Mitarbeiter etwas zuschulden hat kommen lassen. Zuvor war dieses "Starterpaket" ein Geschenk, das nicht mehr rückgängig gemacht werden konnte.

In der Regel bekamen die Mitarbeiter Deutsche-Bank-Aktien in der Höhe, in der sie bei ihrem vorigen Arbeitgeber Ansprüche erworben hatten. Verzögerte Anwartschaften auf Boni stellen Banker beim Jobwechsel vor Probleme, weil diese in der Regel verfallen. Als Entschädigung erhalten Banker zumeist Aktien des neuen Arbeitgebers.

Nur Neuzugänge betroffen

Die Veränderung bei der Deutschen Bank betrifft jedoch nur Neuzugänge; bisherige Verträge werden nicht verändert. In den Genuss eines solchen Aktienpakets kommt zudem nur ein Teil der Führungskräfte - nämlich jene, die als "Risikoträger" eingestuft werden.

In der Branche hat die Neuregelung für Aufsehen gesorgt. Sie gilt als unüblich. Die Deutsche Bank hofft, dass sie damit neue Standards setzt. Anshu Jain hat bereits vor einigen Wochen betont, er setze darauf, dass die Deutsche Bank mit ihrem Kulturwandel stilprägend sein wird. Am 11. und 12. September wollen Jain und Fitschen im Rahmen ihres "Investor Days" mehr zur neuen Strategie verraten. In Finanzkreisen wird erwartet, dass dann auch weitere Details zur Veränderung des Boni-Systems bekanntgegeben werden.

Mit der Veränderung ihres Boni-Modells versucht die Bank ihren Ruf zu verbessern. In den vergangenen Monaten war die Bank immer wieder im Zusammenhang mit Skandalen in die Schlagzeilen geraten: Die Behörden ermitteln, ob Bankmitarbeiter den Referenzzins Libor manipuliert haben, Ermittler in den USA durchleuchten die Geschäfte der Bank mit dem Iran.

Rund 17 Prozent der Geldinstitute, und damit fast jede fünfte Bank, haben weltweit im Jahr 2011 Bezüge - zum Beispiel Boni oder Gehälter - von ihren Angestellten zurückgefordert. Das ist das Ergebnis einer Studie, welche das Beratungsunternehmen Mercer vorgelegt hat.

Die Debatte um die Vergütung der Finanz-Manager läuft seit der Finanzkrise 2007 heiß. Viele Banken haben bereits ihre Systeme angepasst. Seit 2009 werden auf Druck der Regulierer in vielen Banken die Leistungsboni nicht mehr vollständig nach Jahresende ausgezahlt. Ein Teil davon wird nun auf die folgenden Jahre verteilt, um besser kontrollieren zu können, ob die mit einem Bonus belohnten Erfolge und Leistungen sich als nachhaltig für die Bank erwiesen haben oder ob ihr langfristig womöglich Schaden entstanden ist.

Die beiden neuen Vorstandschefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen (von links) machen den Wandel konkret: Die Boni sinken. (Foto: dpa)

Wirtschaftsethiker Ingo Pies von der Universität Halle begrüßt die Veränderungen. "Die Anreizsysteme der Banker waren exzessiv. Wir haben es damit übertrieben, sie zu mehr Risikofreude anzutreiben", erklärt der Wissenschaftler. Der Hintergrund, warum man Manager nicht zur Gänze für ihre Fehler haften lasse, sei, dass man Platz für Innovationen lassen wolle. Doch ohne Risiko einzugehen, sind Innovationen nicht möglich. Bei den Banken hingegen geht es nun darum, die Risikofreude wieder einzubremsen. Am besten gelinge das, indem man bei Aktionären ansetzt: "Die eigentliche Wurzel des Problems liegt bei den Aktionären. Wenn man ihnen wieder mehr Verantwortung gibt, werden sie mit den Managern vernünftigere Verträge ausarbeiten", glaubt Pies.

Solange die Banken niedrige Eigenkapitalanforderungen haben, haften die Eigentümer nicht - im Notfall muss der Staat einspringen, wie es in der Finanzkrise mehrfach passiert ist. Deswegen sei es so wichtig, die Eigenkapitalquoten der Banken anzuheben, erklärt der Wissenschaftler. Denn dann hätten die Aktionäre ein lebhaftes Interesse daran, dass die Manager nicht zu hohe Risiken eingehen.

Die Anhebung der Mindestkapitalquoten ist bereits in Vorbereitung. Vergangene Woche hat die Bundesregierung einen Gesetzesvorschlag dazu vorgelegt - obwohl die Richtlinie, auf deren Grundlage das Gesetz stehen soll, in Brüssel noch nicht verabschiedet wurde. Finanzminister Wolfgang Schäuble will damit erreichen, dass die Einigung in Brüssel schneller erfolgt.

© SZ vom 28.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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