Süddeutsche Zeitung

Deutsche Bahn:Bahnfahren dürfte zehn Prozent billiger werden

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Von Markus Balser, Berlin

Bahnkunden können auf günstigere Tickets im Fernverkehr hoffen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung will die Deutsche Bahn in diesem Jahr auf eine Preiserhöhung verzichten. Bedingung ist den Angaben zufolge allerdings, dass die Bundesregierung Ende des Monats beschließt, den Mehrwertsteuersatz für Fernfahrten von 19 auf sieben Prozent zu reduzieren. Die Mehrwertsteuersenkung gilt als sehr wahrscheinlich. Für sie zeichnet sich in der großen Koalition ein breiter politischer Konsens ab. Die Bahn hatte bereits angekündigt, die Steuerersparnis voll an die Kunden weiterzugeben.

Bei einer Absenkung der Mehrwertsteuer und einem gleichzeitigen Verzicht auf Preiserhöhungen dürften die Tickets - je nach Start der Steuersenkung - wohl ab Januar oder Juli nächsten Jahres um etwa zehn Prozent günstiger werden. Hinter dem Plan für den niedrigeren Steuersatz steckt die Hoffnung, dass mehr Menschen vom Auto und Flugzeug auf die Bahn umsteigen - und so im Verkehrssektor die Treibhausemissionen sinken.

Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) steht in der Frage unter Druck. Der Klimaschutzplan der Regierung sieht vor, dass die Emissionen durch Mobilität bis 2030 um 40 bis 42 Prozent sinken. In den vergangenen Jahren waren die Werte meist gestiegen, statt zu fallen. Ein Termin Ende des Jahres könnte die gewünschten Steuereffekte jedoch schrumpfen lassen. Denn regelmäßig erhöht die Bahn im Dezember zum Fahrplanwechsel die Preise. Im vorigen Jahr waren es für mehrere Preisgruppen zwischen zwei und drei Prozent.

Laut Insidern will der Konzern nun im Fall neuer Steuersätze darauf verzichten, um den Steuereffekt nicht zu schmälern. Nach Berechnungen des Bundesverkehrsministeriums können Bahnfahrer mit der Steuersenkung jährlich bis zu 400 Millionen Euro sparen. Die ermäßigten Preise würden dann für Spartickets, den Flexpreis, die Bahncard 100 und auch für Platzreservierungen gelten. Ein 70 Euro teures Fernverkehrsticket wäre mit der Steuersenkung knapp sieben Euro günstiger als heute. Für die Bahn wäre dies ein gutes Geschäft. Der Konzern hat ausgerechnet, dass im Fall niedrigerer Preise wohl fünf Millionen Passagiere mehr in ihre Züge einsteigen. Damit wären auch mehr Umsatz und Gewinn verbunden. Die Bahn müsste aber wohl auch mehr Züge einsetzen.

Der Bahn-Nahverkehr, aber auch Bustickets, Taxifahrten oder Fahrpreise für Fähren werden schon jetzt mit dem geringeren Satz von nur sieben Prozent besteuert, womit vor allem Pendler entlastet werden sollen. Diese Regelung gilt aber nur innerhalb einer Gemeinde oder bis zu einer Strecke von 50 Kilometern für eine einfache Fahrt. Wer weiter reist, muss 19 Prozent Mehrwertsteuer zahlen. Dieser volle Satz gilt etwa für Linienbusse oder Flüge innerhalb Deutschlands.

Die Bahn kommt derzeit offenbar auch beim Ziel voran, ihre Finanzlücken zu schließen. Es geht um insgesamt rund fünf Milliarden Euro, die dem Konzern in diesem und den nächsten Jahren fehlen. In Finanzkreisen heißt es, drei Finanzinvestoren hätten Gebote für die Auslandstochter Arriva abgegeben und befänden sich nun im engeren Auswahlprozess. Der geplante Verkauf könnte dem Konzern 3,5 bis vier Milliarden Euro in seine Kassen spülen. Parallel treibt die Bahn einen möglichen Börsengang voran, falls ein Komplettverkauf doch nicht zustande kommt. Zudem will der Konzern weitere zwei Milliarden Euro über zwei sogenannte Hybrid-Anleihen eintreiben, die die kritische Schuldengrenze des Konzerns nicht gefährden sollen. Sie werden mit sehr langer Laufzeit ausgegeben.

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Quelle:
SZ vom 05.09.2019
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