Deutsche Bahn:Stühlerücken in der Führungsspitze

Wirbel bei der Bahn: Die Vorstände Margret Suckale und Norbert Hansen verlassen das Unternehmen.

K. Ott, D. Kuhr und H. Schwarz

Eines steht fest: Niemand will die Atmosphäre vergiften. Auf keinen Fall. Wo doch gerade ein bisschen Ruhe eingekehrt ist. Und deshalb hört man auch kein einziges kritisches Wort über Rüdiger Grube, den neuen Bahnchef, der sich am Mittwoch erstmals dem Verkehrsausschuss des Bundestags vorgestellt hat. Im Gegenteil. Alle sind voll des Lobes.

Margret Suckale, Norbert Hansen, Collage SZ

Das Personalkarussell bei der Bahn dreht sich. Margret Suckale, bisher Personalvorstand der DB Mobility Logistics AG, wechselt zu BASF - und Norbert Hansen, Personalvorstand der DB AG, muss gehen.

(Foto: Collage: SZ)

"Das heutige Gespräch war geprägt von einer neuen Offenheit", sagte der verkehrspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Dirk Fischer, nach der Sitzung. Der SPD-Verkehrspolitiker Uwe Beckmeyer empfand das Treffen als "erfrischend klar" und freute sich über den "neuen Kommunikationsstil". Und FDP-Verkehrsexperte Horst Friedrich lobte, dass Grube sich "im Namen der Bahn für die schlechten Beziehungen zum Verkehrsausschuss in den letzten Jahren" entschuldigt habe.

Seit Montag ist Grube offiziell im Amt. Der 57-Jährige folgte auf Hartmut Mehdorn, der im Zuge der Datenaffäre zurückgetreten war. Nachdem er sich vor einem Monat bereits den Gewerkschaften vorgestellt und am Montag den Mitarbeitern, hat er jetzt mit seinem Auftritt im Verkehrsausschuss auch die letzte Prüfung abgelegt - und offenbar bestanden. "Dieser Einstand war gelungen", hieß es jedenfalls im Anschluss übereinstimmend.

Aufklärung hat "absolute Priorität"

Im Ausschuss hatte Grube erneut deutlich gemacht, dass die Aufklärung der Datenaffäre für ihn "absolute Priorität" habe. Doch es gibt noch etwas, womit er sich dringend beschäftigen muss, etwas, über das er offenbar noch nicht reden mochte: Kaum ist der ehemalige Daimler-Manager zwei Tage im Amt, muss er sich bereits neue Kollegen suchen.

So werden nach Angaben aus Aufsichtsratskreisen beide Personalchefs das Staatsunternehmen verlassen. Margret Suckale wechselt in den Vorstand des Chemiekonzerns BASF. Norbert Hansen hingegen wird ausgewechselt - seiner angegriffenen Gesundheit wegen und weil der Aufsichtsrat angeblich mit seiner Arbeit unzufrieden ist.

Suckales Wechsel zu BASF sei "eine glückliche Fügung", hieß es aus dem Aufsichtsrat. Sie war im Zuge der Datenaffäre in die Kritik geraten. Bislang gebe es allerdings allenfalls Hinweise, keine Beweise, dass sie tatsächlich in zweifelhaften Vorgänge verwickelt gewesen sei, heißt es aus dem Aufsichtsrat.

"Luft raus" bei Suckale

Diesen Vorgängen nachzugehen, sei nun nicht mehr so dringlich. "Bei Suckale ist die Luft raus." Derzeit ist Suckale noch Personalvorstand bei der für die Börsenpläne gegründeten Bahn-Gesellschaft DB Mobility Logistics AG. Darin sind der Personenverkehr, die Gütertransporte und das Logistikgeschäft organisiert.

Hansen dagegen ist zur Zeit Personalvorstand der Bahn-Dachgesellschaft DB AG. Bis vor einem Jahr war er noch Vorsitzender der Transnet, der größten der drei Bahngewerkschaften. Sein damaliger Wechsel in den Vorstand der Bahn hatte harsche Kritik ausgelöst und die Transnet in eine Identitätskrise gestürzt.

Etliche Gewerkschafter hatten ihrem langjährigen Spitzenfunktionär vorgeworfen, der Vorstandsposten sei quasi eine Belohnung dafür, dass Hansen die umstrittenen Börsenpläne des damaligen Bahnchefs Mehdorn unterstützt hatte. Über mögliche Kandidaten für die Nachfolge von Hansen und Suckale bei der Bahn ist noch nichts bekannt.

Grubes Aufräumarbeiten

Nach Angaben aus Aufsichtsratskreisen soll in absehbarer Zeit noch ein weiterer Bahnvorstand ausgewechselt werden. Ob das in Zusammenhang mit dem Datenskandal steht, ist offen. Zudem sollen wegen des Skandals mehrere Führungskräfte aus den Abteilungen Konzernsicherheit und Konzernrevision ihren Job verlieren.

Diese beiden Sparten hatten wiederholt nahezu die gesamte Belegschaft ausgespäht und jahrelang den E-Mail-Verkehr kontrolliert, um Kontakte von Mitarbeitern etwa zu Journalisten aufzuspüren. Hier werde Grube "aufräumen", heißt es aus Aufsichtsratskreisen. "Wir brauchen neue Leute, die auf die neue Unternehmenskultur eingeschworen sind."

Mehdorns Regiment wird zerschlagen

Sowohl Suckale, Hansen als auch die leitenden Mitarbeiter in der Konzernrevision und der Konzernsicherheit galten als Vertraute von Mehdorn. Dessen Regiment wird nun also nach und nach zerschlagen.

Bei der Bahn wollte man die Vorgänge nicht kommentieren. "Zu Personalspekulationen äußern wir uns grundsätzlich nicht", war alles, was ein Sprecher des Konzerns dazu sagte. Auch bei BASF wollte man "zu Gerüchten und Spekulationen" keine Stellung nehmen.

Suckale wäre die erste Frau im Vorstand von BASF. Zudem ist es bei dem Ludwigshafener Chemiekonzern bislang eher unüblich, sich ein Vorstandsmitglied von außen zu holen. Normalerweise rekrutiert das Unternehmen seine Manager aus dem eigenen Haus.

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